Heute gibt es eine Rezension zu einem wundervollen Buch, in das ich mich so unglaublich verliebt habe. Es geht um den Debutroman von Gavin Extence - Das unerhörte Leben des Alex Woods oder warum das Universum keinen Plan hat.
Zum ersten Mal begegnete mir das Buch auf der diesjährigen Leipziger Buchmesse. Ich blieb sofort am Cover hängen, weil ich es so unglaublich schön fand. Es hat mich direkt in seinen Bann gezogen. Danach hab ich es gleich auf meiner Wunschliste notiert. Zu meinem Glück wurde es mir dann vom Limes Verlag durch Blogg dein Buch zugeschickt, wo ich mich beworben hatte. Ihr glaubt gar nicht, wie sehr ich mich gefreut habe ♥
Der Klappentext verrät erstmal nicht all zu viel, was ich ziemlich gut finde, so blickt man nämlich gar nicht richtig durch, worum es eigentlich geht und das macht es so extrem spannend und neugierig auf mehr.
"Alex Woods ist zehn Jahre alt, und er weiß, dass er nicht den konventionellsten Start ins Leben hatte. Er weiß auch, dass man sich mit einer hellseherisch begabten Mutter bei den Mitschülern nicht beliebt macht. Und Alex weiß, dass die unwahrscheinlichsten Ereignisse eintreten können – er trägt Narben, die das beweisen.
Was Alex noch nicht weiß, ist, dass er in dem übellaunigen und zurückgezogen lebenden Mr. Peterson einen ungleichen Freund finden wird. Einen Freund, der ihm sagt, dass man nur ein einziges Leben hat und dass man immer die bestmöglichen Entscheidungen treffen sollte.
Darum ist Alex, als er sieben Jahre später mit 113 Gramm Marihuana und einer Urne voller Asche an der Grenze in Dover gestoppt wird, einigermaßen sicher, dass er das Richtige getan hat …"
Um etwas genauer auf den Inhalt einzugehen, gebe ich euch jetzt eine genauere Zusammenfassung.
Worum gehts?Das Buch beginnt damit, dass der 17jährige Alex Woods im Auto in Dover aufgegriffen wird. Neben ihm steht eine Urne und im Handschuhfach befindet sich Bargeld und Marihuana. Zunächst weiß man als Leser eigentlich gar nicht genau, was los ist. Bis Alex beginnt, die Geschichte rückblickend zu erzählen. Das Buch beginnt nämlich mit dem Ende der Geschichte. Es ist eine Art Autobiografie über den Protagonisten Alex Woods, der diese selbst erzählt. Alex kommt aus einem kleinen Dorf in England und wurde, als er 10 Jahre alt war, von einem Meteoriten am Kopf getroffen. Klingt komisch, ist aber so. Nachdem er einige Wochen im Koma lag, erwacht er im Krankenhaus und bekommt letztendlich sogar den Gesteinsbocken, der ihn getroffen hat, zu Gesicht. Seitdem interessiert er sich total für Astronomie. Nach einigen Monaten stellt sich heraus, dass Alex Epilepsie hat, begründet durch diesen Unfall. Dadurch muss er viel Zeit zuhause verbringen und findet Zugang in die Welt der Bücher, die er allesamt regelrecht verschlingt. Er ist für sein Alter sehr klug und hinterfragt die Welt auf seine ganz eigene, logische Weise. Sein Leben ist ungewöhnlich, dazu hat er eine Mutter, die Kartenlegerin und Wahrsagerin ist und ein Geschäft für allerlei okkulte Dinge betreibt. All das Zusammen macht ihm das Leben in der Schule schwer, in die er irgendwann zurück kehren muss. Alex ist anders - und das lassen ihn seine Klassenkameraden in der Mittelstufe deutlich spüren. Durch einen unglücklichen Zufall, begründet durch eine Hetzjagd seiner Klassenkameraden, landet er auf dem Grundstück des alten Mr. Peterson. Mr. Peterson lebt alleine, seine Frau ist verstorben und er selbst ist ein Veteran, der im Vietnamkrieg gedient hat. Dadurch wurde er Pazifist, was Alex allerdings anfangs nicht weiß. In den darauf folgenden Wochen muss Alex bei Mr. Peterson seine Strafe abarbeiten, für das, was im Rahmen dieses unglücklichen Umstandes passiert ist. Doch diese Strafarbeit nimmt nie ein Ende, denn die beiden lernen sich zu schätzen und es entwickelt sich eine einzigartige Freundschaft.
Schreibstil
Ich finde den Schreibstil des Buches wirklich unheimlich toll. Es ist voller Ironie und Sarkasmus, Witz und Charme, die sich vor allem in Alex Woods wiederspiegeln. Er legt die Dinge oft auf eine unheimliche komische Art und Weise dar, sodass man im ersten Moment den Ernst der Lage übersieht. Gavin Extence gelingt es hier, den moralischen Zeigefinger so zu erheben, dass er genau in die Wunde trifft und trotzdem zunächst überhaupt nicht den Anschein einer Standpauke erweckt. So deutet er auf die üblichen Oberflächligkeiten hin, die nicht nur in einem Dorf Gang und Gebe sind. jeder weiß von jedem drei Dinge und meint diese Person zu kennen, dabei blickt niemand hinter die Fassade und jeder bekommt nur seinen Stempel aufgedrückt. Alex Woods ist ein intelligenter Junge, der unglaublich liebenswürdig ist. Als Leser schließt man ihn sofort ins Herz. Er ist der, der immer von den anderen in seiner Klasse die Hucke vollkriegt. Man möchte sich vor ihn stellen und ihn beschützen. Anhand dieses Charakters zeigt Gavin Extence, wie schwer es Menschen in unserer Gesellschaft haben, die anders sind und nicht der Norm entsprechen. Alex hat soviel Charme und schleicht sich durch seine intelligente, unschuldige und arglose Art sofort in jedes Leserherz. Als kleiner Junge versucht er, sich die Dinge mit seiner eigenen Logik zu erklären, wofür man ihn einfach nur in die Wange knuffeln will. Das Buch ist wirklich so lustig, dass man stellenweise einfach lauthals loslachen will. Das äußert sich in so kleinen Sachen, wie den folgenden Sätzen.
"Er (Mr. Peterson) war in einem besonderen Briefklub. [...] Mr. Petersons Briefklub hieß "Amnesty International."
"[...] er legte Musik auf. Es war, so erklärte er mir, ein Schuh-Bart-Quintett."
Diese Unbedarfheit des kleinen Alex hinterlassen immer wieder ein dickes Schmunzeln. Andererseits ist der Hintergrund des Buches nicht witzig, sondern ernst und tiefgründig. Am besten wird es durch folgendes Zitat beschrieben, dass eigentlich aus einem im Buch vorkommenden Kurt Vonnegut Werk stammt. Ich denke, das Gavin Extence es absichtlich eingebaut hat, um sein eigenes Buch zu beschreiben.
"Je lustiger der Scherz, je unbeschwerter der Ansatz, desto ernster ist der Hintergrund. [...] Gelächter, Geringschätzung, Absurdität - diese Dinge sind oft in tiefer Verzweiflung verwurzelt."
Außerdem wird es nie langweilig, da so viele Erzählstile im Buch enthalten sind. Mal ist es der Rückblick von Alex, dann sind es Dialoge, eMails oder handgeschriebene Briefe. Das Buch ist auch unglaublich toll illustriert und enthält sogar ein Lesebändchen ♥
Meine Meinung
Ich muss wirklich sagen, dass dieses Buch eines der ungewöhnlichsten und einzigartigsten Bücher ist, die ich bisher gelesen habe. Es hat so viele Facetten und thematisiert so verschiedene Dinge, die im Buch alle wie Zahnräder ineinander greifen. Es zeigt, wie grausam Kinder sein können, wie schwer es ist, anders zu sein. Es verdeutlicht den Wert von Freundschaft und dass es dafür keine Beschränkungen gibt. Gavin Extence versteckt sehr viel Moral in seinem Werk. Es geht darum, das Richtige zu tun. Egal was andere sagen. Für sich selbst zu tun, was man moralisch vertreten kann. Es geht darum, eigene Entscheidungen zu treffen und sein Leben so zu leben, wie man es möchte. Er zeigt, dass wahre Freundschaft nicht dadurch bestimmt wird, dem Anderen vorzuschreiben, was das Beste für ihn ist, sondern ihn selbst entscheiden zu lassen und diese Wahl zu aktzeptieren und zu unterstützen. Es läuft darauf hinaus, mutig zu sein und sich auch mal zu erheben und über Grenzen hinweg zu setzen. Außerdem bringt er das Ganze auch noch in einen Kontext mit Wissenschaft, genauer gesagt mit Astronomie, Physik und Neurologie, was nochmal einen ganz anderen, sehr spannenden Aspekt im Buch darstellt. Das ganze Werk ist so vielfältig und abwechslungsreich, dass einmal Lesen eigentlich nicht ausreicht, um es komplett zu entdecken. Gavin Extence erweckt Emotionen, ohne dabei schmalzig zu werden. Er entlockt dem Leser die ein oder andere Träne, ohne auf die Tränendrüse zu drücken.
Was soll ich noch sagen? Ich liebe dieses Buch und danke Gavin Extence für dieses unglaubliche Werk. Ihr müsst es unbedingt lesen, ich schwöre.
Das Buch bekommt von mir daher absolut verdiente 5 Erdbeeren.
Liebe Grüße
Erdbeerliese