Nun ist es ja so, dass es “böse Zungen” gibt, die die Veröffentlichung dieser Biographie absolut nicht nachvollziehen können. Besonders in Natascha Kampuschs Heimatstadt Wien scheint die junge Frau bei Manchen eine Art “rotes Tuch” zu sein. Weil ich mir jedoch selbst ein Urteil darüber bilden wollte, entschied ich für mich, das Buch auf jeden Fall zu lesen.
Eindrucksvoll schildert die junge Frau die Qualen, die sie während der 8 Jahre ihrer Gefangenschaft durchleben musste. Dabei ging es nicht nur um körperliche Gewalt, ihr Peiniger Wolfgang Priklopil übte die gesamte Zeit auch erheblichen psychischen Druck auf sie aus. Ich selbst hatte vorher keinerlei Vorstellung davon, wie grausam es für Natascha Kampusch gewesen sein muss. Oft habe ich das Buch zwischendurch zur Seite gelegt und über das Gelesene nachgedacht. Eine Horrorvorstellung für mich, wenn ich daran denke, auch nur einen Tag in diesem Verlies eingesperrt zu sein. Zur Enge hinzu bestrafte der Täter sein Opfer immer wieder, in dem er ihr Nahrung vorenthielt, sie demütigte oder ihr schwere Mißhandlungen zufügte. Sogar der eigene Name wurde Natascha K. genommen. Was sie in der ganzen Zeit durchleben musste, war fernab der menschlichen Würde und ich ziehe meinen Hut vor dieser starken Frau.
Sicherlich habe auch ich mich vorher immer wieder gefragt, warum sie es nicht eher schaffte, sich zu befreien. Gelegenheiten – so dachte ich – gab es ja schließlich mehr als genug. Die Biographie jedoch liefert die Antwort auf diese Frage, denn auch diesbezüglich wurde sie von Priklopil psychisch unter Druck gesetzt und sie musste dabei sogar um das Leben Dritter fürchten. Geschockt hat mich, dass die Justiz bereits kurz nach dem Verschwinden der damals 10jährigen ganz offensichtlich versagt hat. Trotz diverser Zeugenaussagen in Bezug auf den weißen Lieferwagen hielt es die Polizei nicht für notwendig, das Haus des Täters zu durchsuchen. Hier hätte Natascha Kampusch viel Leid erspart werden können.
Fazit:
Natascha Kampusch als “Medienstar” zu beschimpfen halte ich persönlich für mehr als unangebracht. Wir alle – die ein solches Martyrium nicht erlebt haben – können uns keinerlei Urteil darüber bilden, was die junge Frau durchleben musste. Wir sollten uns eher die Frage stellen, wie wir selbst mit dieser Situation umgehen würden… Seit ihrer Flucht vor 4 Jahren ist Natascha K. nie zur Ruhe gekommen, ständig wurde sie von den Medien verfolgt und musste sich unangenehmen Fragen unterziehen. Ich als Bloggerin kann es durchaus nachvollziehen, dass sie sich die Last mit diesem Buch von der Seele geschrieben hat. Endlich hat die Fragerei ein Ende und Alle, die sich für das Durchlebte interessieren, können zum Buch greifen. Mit “Mediengeilheit” hat das meiner Ansicht nach überhaupt nichts zu tun.