Am Mittwoch ging es los – ich habe Ehemann und Verleger Gerald Jambor in der Rehaklinik abgeholt und wir fuhren direkt weiter auf die Autobahn gen Leipzig. Ein Stau bei Münchberg, na schön, so was kann es ja immer mal geben. Das Wetter ist bescheiden, eisiger Winter mit Schneefall, und das Mitte März. Da werden Fahrer schon mal unvorsichtig – vor allem die LKW-Fahrer. Das führt dazu, dass auf der A9 bei Dittersdorf zwei LKW-Fahrer auf einer über 20 km langen Baustelle nichts besseres zu tun haben, als sich zu überholen, es ist zu eng, man kracht so zusammen, dass bei einem LKW das Führerhaus weggerissen wird, und wir anderen stehen im Total-Stau, weil logischerweise die gesamte Richtung verstopft ist. Dadurch kommen wir mit über 4 Stunden Verspätung in Leipzig an, und ja, ich bin sauer. Solche Unfälle sind vermeidbar!
Aber der Aufbau ist schnell geschehen. Da wir nicht verkaufen dürfen, habe ich nur je 1 Stück unserer Titel dabei, mit Ausnahme der »Chroniken«, weil wir hierfür ja auch einen Aufsteller haben und protzen wollen. So treffen wir kurz vor halb 9 abends im phänomenalen The Westin Leipzig ein. (Nebenbei: zum ersten Mal nehme ich ein Hotel in der Innenstadt, und schon ist hier der halbe Weg wegen Baustelle gesperrt, und wir müssen einen Umweg nehmen.)
Uns erwartet bester Service, ein schönes Zimmer im 20. Stockwerk, eine Bar, die großartige Cocktails kredenzt, dazu ein lecker Schmaus, und nicht zu vergessen das fantastische »Falco**« mit einem wunderbaren Gourmet-Angebot für Auge und Gaumen hoch oben auf der 27. Etage. Hier erholen wir uns wahrhaftig des Abends von der Messe. Ein kleiner Urlaub sollte ja auch mit dabei sein.
Donnerstag und Freitag erwarten uns auf der Messe eine Menge Gespräche, die den Grundstein für neue Projekte bilden sollen – und hoffentlich auch werden. Samstag und Sonntag gehört dann ganz den Besuchern und CosPlayern, unseren treuen Kunden und den an Ort und Stelle neu Gewonnenen. Wir bekommen viel Besuch (sogar Sekt wird mitgebracht …), und ja, unser »Mega-Klopper«, die luxuriöse Sammelausgabe der »Chroniken von Waldsee«, ist ein echter Hingucker und findet viel Interesse und Anklang.
Es ist eine interessante und anstrengende Messe, wie immer, und wir haben – wie erwartet – viel Spaß mit unseren Standkolleginnen und Kollegen, da wir alle auf »kleinem Raum« versammelt sind.
Aber.
Natürlich meldet die Messe wie jedes Jahr Besucherrekorde. Doch das stimmt nicht! Wir haben sehr viel weniger Publikum als in den vergangenen Jahren festgestellt, und das ist auch kein Wunder, fehlen doch sehr viele Aussteller. Die Halle 5 war gar nur zur Hälfte belegt, und selbst in unserer Halle 2, die am meisten besucht ist, findet sich viele freie Fläche, und die Gänge sind mehr als doppelt so breit wie sonst.
Woran liegt es? Am »neuen« Konzept der Messe, das ja nun schon zwei Jahre alt ist. Obwohl immer wieder versichert wird, wie wichtig die Halle 2 mit der Phantastik sei, wird alles dazu getan, um die Leute zu vergraulen. Das fängt damit an, dass wir nicht mehr verkaufen dürfen, und es geht damit weiter, dass die CosPlayer, die wegen der Medienaufmerksamkeit angeblich »sehr geschätzt« sind, ans hintere Ende der Halle verbannt werden, wo sie »auf einen Haufen gedrängt« dann TV-wirksam in Szene gesetzt werden können. Aber bitteschön den »normalen« (seriösen?) Ablauf der Messe nicht stören sollen. Wir haben sehr viel weniger Kostüme als in den Jahren davor gesehen (und davon waren die meisten an mehreren Tagen anwesend), und vor allem das Alter der Träger war weit heruntergesetzt. Und das liegt sicher nicht daran, dass die CosPlayer »herausgewachsen« sind. Die Händler sind gleich daneben an die Wand gequetscht worden und müssen horrende Standmieten zahlen. Desgleichen die Comic-Künstler – ja, Comics will man schon gleich gar nicht mehr haben! -, die für ihre Signierstunden sage und schreibe 40 Euro pro Tisch und Veranstaltung bezahlen müssen. Außerdem dürfen sie nicht einfach zeichnen und signieren, was sie möchten oder gewünscht wird, alles muss völlig p.c. und vor allem züchtig sein. (Mal abgesehen davon, dass im Animekino 8jährige gebannt den großformatigen Sexszenen zusahen.)
Es ärgert mich auch, dass ich kurz vor der Messe noch einmal eine Mail mit drastischen Worten erhalten habe, in der deutlich darauf hingewiesen wurde, dass ich mich gefälligst an alle Bedingungen zu halten habe, andernfalls drohen enorme Strafen. Und eine Bitte von mir wurde – zur Hälfte – »ausnahmsweise erlaubt«. Das ist ein Ton, den ich mir verbitte, denn ich bin diejenige, die den Stand bezahlt und damit der Messe ihr Überleben garantiert.
Will man Klein-Frankfurt werden? Ich weiß es nicht. Die Fantasy-Leseinsel ist wegen des vakanten Platzangebots so groß geworden, dass die meisten Leute nur dasitzen und sich erholen, ohne zuzuhören, weil sie sowieso nur die Hälfte mitbekommen. (Leider war auch die Qualität der Lesungen großteils schlecht.) Frustrierend ist das insofern, da man für diese Lesung als Verlag ja auch noch bezahlen muss. (Damit hat vor 4 Jahren eigentlich alles angefangen – es wird groß mit »Leipzig liest« geworben, aber bitteschön nur gegen ordentlich Geriebenes.)
Gewiss, vor sieben, acht Jahren war die Messe klein, und man rang um Aufmerksamkeit, vor allem der Verlage. Doch nun, da es endlich so richtig angelaufen scheint, vergrault man die Aussteller und setzt lieber auf Zugpferde. Kleinverlagen werden Steine in den Weg geschmissen, wo es nur geht – Starterpaket hin oder her, das ist doch alles nur Augenwischerei.
Das alles wäre noch gut zu verkraften, wenn das Publikum noch so engagiert wäre wie wir es vor 8 Jahren und bis eigentlich 2011 (2012 waren wir wegen des »neuen Konzeptes« aus Protest nicht dabei) erlebt haben. Diesmal beobachteten wir nicht nur sehr viel weniger Besucher, sondern das Verhalten hat sich auch geändert. Die meisten verhielten sich wie bei einem Besuch im Museum oder im Zoo: Anschauen, weitergehen. Erst am Wochenende gingen dann auch mal Prospekte weg, und es wurden Bücher angesehen und Fragen gestellt.
Die Verlage geben sich Mühe, Publikum anzuziehen, mit Bestsellerautoren, Ehrungen (zB von Wolfgang Hohlbein) und Preisverleihungen wie dem Seraph. Bei den Bestsellerautoren waren die Warteschlangen zum Signieren stets lang.
Aber sind wir wirklich noch auf dem richtigen Weg?
Oliver Plaschka wetterte am Samstag im Anschluss an seine Lesung, dass Fantasy keine Jugendliteratur sei, und da hat er absolut recht. Und mir völlig aus der Seele gesprochen. Seit Anfang der 80er bemühe ich mich, in den Kopf der Leute zu bekommen, dass die Formel nicht Fantasy = Jugendliteratur heißt. Sondern dass sie sich eigentlich von Anbeginn an Erwachsene gerichtet hat. Wie oft muss ich mir also noch anhören »Das ist doch nur was für Kinder«? Ich bin es müde, ich bin es leid, und Oliver Plaschka hat mein Empfinden in Worte gekleidet. Vor allem, wenn bei einer Preisverleihung wie dem Seraph ca. vier von fünf Preisen an Jugendbücher gehen, kann was nicht stimmen. Das ist nicht in Ordnung, und es zertrümmert alles gründlich, was ich in den vergangenen Jahrzehnten versucht habe aufzubauen. Nun kann ich nur noch ein »siehste!« ernten.
Doch ein kleines Highlight gab es trotzdem. Wir blieben bis Montag, um am Sonntag noch einmal gemütlich zu essen und uns gründlich auszuschlafen. Nachdem es in den Messetagen meist sonnig, aber eisig kalt war, erwartete uns dann am Montag nasser Schneefall. Was nicht so schlimm war, denn wir hatten zwar den Zoobesuch geplant, aber nur das Aquarium und das Gondwanaland, da mehr aus bekannten Gründen sowieso nicht zu schaffen war. Ich hatte extra einen Elektroscooter bestellt; glücklicherweise haben wir nach unserer Ankunft im Zoo dort angerufen, denn ohne uns vorher je zu informieren, geschweige denn aktuell Bescheid zu geben, wurden wir beschieden »bei dem Wetter machen wir das nicht, das könnte ja einen Kurzschluss geben«. Ok?! Die gesparten 30 Euro haben wir dann in ein gutes asiatisches Menu im Zoorestaurant investiert. Die netten Zoohelfer hatten allerdings einen Rollstuhl für uns, der kostenlos zur Verfügung gestellt wird. So fuhren wir also durch diese tolle Halle unter tropischen Temperaturen, während es draußen saute. An dieser Stelle muss gesagt werden: Das »Gondwanaland« ist unglaublich toll gemacht, und das Zoo-Personal ist spitze! Jederzeit freundlich, hilfsbereit, zuvorkommend. Da man sich wie durch »die Wildnis« bewegt, muss man ein flinkes Auge haben um die Tiere auch zu »erwischen«. Aber man sieht immer ein paar – beispielsweise auf der Bootsfahrt haben wir einen Ozelot beobachtet, der gerade eine Ente gefangen hatte. Dann gibt es auch noch den »Treetop-Walk«; am liebsten hätte ich da gleich Urlaub gemacht!
Fazit: Vorwiegend waren diese Tage auch als Urlaub eingeplant, die wir sehr genossen haben. Die Messe war trotz allem erfolgreich für uns, aber verglichen mit den Vorjahren wäre da sehr viel mehr drin gewesen. Ob ich nächstes Jahr noch einmal wiederkomme? Ich habe bis September Zeit, mich zu entscheiden, aber momentan stehen die Zeichen eher dagegen, denn der aktuelle Stil der Messe gefällt mir nicht. Es ist vielleicht sinnvoller, dieses Werbebudget anderweitig zu verwenden. Mal abgesehen davon, dass ich mir nach 25 Messejahren gestatte, auch mal ein wenig »müde« zu werden.
Sonnenaufgang Zimmerfenster 20. Stock
Leipzig erstrahlt
Donnerstag früh – es geht los!
Der Hingucker
Freitag Morgen
Samstag: garantiert elfenfreier Inhalt! Da können wir leicht strahlen.
Da strahlt auch der Künstler: Timo Kümmel
Wir sind stolz an diesem Messesonntag.
Und nun der Zoo Leipzig – Gondwanaland. Eine lässige junge Dame so früh am Morgen.
Ein Boot nur für uns Zwei! Im tropischen Dunst …
Wir fahren in die Geschichte Gondwanas…
… durcheilen die Jahrmillionen …
… und begegnen in der Gegenwart wie auf Bestellung einem lebenden Fossil: dem jungen Komodowaran.
Durch das tropische Gondwana – mit Ausschnitt auf den Treetop-Walk.
Und zuletzt die entzückende Schabrackentapirmami mit ihrem fröhlichen Kind.