Gestern beim Fotografen, ich brauchte ein biometrisches Passbild für meinen abgelaufenen Perso. Zwei junge Frauen sind vor mir dran, die eine, schwarzhäutig, Kopftuch, auf einem Höckerchen sitzend, berät die Fotografandin, ohne Kopftuch, meditarraner Typ, bei der Auswahl des Fotos. Die kann sich nicht entscheiden: Mit Lächeln, ohne Lächeln, von links, von rechts? Zwei Freundinnen, sie sprechen makelloses Deutsch und lassen sich einige Bücher aus meiner schweren Fahrradtasche schenken, Liebesmale scharlachrot, Kolonien der Liebe, sowas. Ich bin vor kurzem umgezogen und trenne mich jetzt, etwas spät, von Büchern, die ich kein zweites Mal lesen werde.
Dem jungen Fotografen biete ich ebenfalls Bücher an: Ob ich etwas über Krieg hätte, fragt er. Milchkaffeehaut, ein schönes Profil, Libyer oder Syrer? Ich nutze mein halbmigrantisches Aussehen und meinen Status als alter Dame und frage ihn, woher er denn ursprünglich stamme. Türkiye, spricht ansonsten ebenfalls perfektes Deutsch. In der Türkei ist, zumindest nach außen, Frieden: Wieso er sich für Krieg interessiere? Die Welt sei verdorben, unrettbar verloren, die Menschen dächten zuviel und würden mit ihrem Denken nur Böses aushecken. Der bloße Gedanke, dass Frankfurt mit einer fußballgroßen Atombombe ausradiert werden könne, lasse ihn jede Hoffnung verlieren. Wie gesagt: Er ist jung und schön und hat das Leben mit allen Verlockungen noch vor sich. Ich erinnere ihn an das Gute, das unausweichlich auch auf ihn zukommen werde. Das sei für Gott nur ein Vorwand, die Welt nicht auszulöschen, seufzt er. Er nimmt dann doch einen Frankfurt-Krimi, die Fotos werden nicht besonders und ich lasse mir von einer optimistischer erscheinenden Fotografin nochmal welche machen: Werden mich ja lange begleiten. Die Oxfam-Ehrenamtlerin verweigert die Annahme der Hälfte meiner mühsam herangekarrten Bücher: Nicht gut genug. Bücher loswerden ist schwieriger als gedacht, jedenfalls schwieriger als welche zu kaufen oder sich schenken zu lassen.