Der in Berlin lebende israelische Journalist Eldad Beck nimmt den Leser mit auf seinem Lebensweg, in der Begegnung von latentem bis zu offenem Antisemitismus. Es ist ein ganz subjektiver Blick, der beginnt mit Wortfetzen, die er als Kind in Israel mitbekommt, als die israelischen Sportler bei der Olympiade in München 1972 in großer Zahl zu Opfern von Attentätern werden. Später als Erwachsener recherchiert er dahingehend und gibt uns seinen Blick der Ereignisse und Schlussfolgerungen kund. Wir gehen mit ihm weiter und sehen aus seiner Perspektive die Wiedervereinigung Deutschlands. Uns, die Leser, nimmt er mit in die deutsch-jüdische Vergangenheit, durch Interviews und Recherchen.
Immer wieder musste ich selbst beim Lesen innehalten, wegen meiner eigenen Erinnerungen, so trat ich, mal ganz unbewusst, dann auch wieder ganz bewusst in einen inneren Dialog mit dem Autor ein. Denn mal möchte man ausrufen, halt, so hab ich das nicht erlebt, dann wieder schwingt man mit dem Autor mit.
Es ist ein Gang durch die Geschichte Deutschlands, gesehen von einem Juden: mal watet er mit dem Leser in dunkelbraunem, mal in hellbraunem Morast; dann wieder nur in einem widerlichen Morast der Geschichte, wenn er mit dem Enkel des Auschwitzkommandanten Rudolf Höß, Auschwitz besucht. Es sind Begegnungen mit der Wiedervereinigung, der Fußballweltmeisterschaft, dem so genannten ‚Sommermärchen’. Es ist eine Auseinandersetzung mit einem Herrn Möllemann oder dem Schriftsteller Martin Walser. Es sind Begegnungen mit Überlebenden des Holocausts und es ist eine sehr kritische Sicht auf die deutsche Medienlandschaft. Diesen Weg durch die Geschichte Deutschlands, die nicht chronologisch ist, kann mühelos gegangen werden, weil die Sprache, die der Autor benutzt, leicht und ohne erhobenen Zeigefinger ist. Es sind keinerlei ‚Schuldzuweisungen’ zu spüren, auch nicht zwischen den Zeilen und so nimmt der Leser gern die Brille des israelischen Journalisten auf und schaut noch einmal zurück, mit diesem manchmal ganz anderen Blickwinkel. Zeitweise hat man aber auch das Gefühl, die gleiche Brille zu tragen.
Das alles liest sich leicht, die Unterbrechungen liegen meistens im Innehalten des Leser, der die Fakten seiner eigenen Erinnerung hervorruft und die damit entwickelten Gefühle. Ich finde immer dann ein Buch gut, wenn es mich zum Denken anregt und mich bewegt, beides tut dieses Buch, denn Eldad Beck gibt hier auch ganz viel von sich selbst preis und so fühlt man sich auch im Dissens mit ihm verbunden.
Negativ anmerken möchte ich, dass mir manchmal eine gewisse Tiefe fehlt, damit meine ich, dass manche Ereignisse doch differenzierter zu betrachten sind, doch während ich das anmerke, wird mir bewusst, dass das den Rahmen diese Buches sprengen würde. Denn ich habe keine wissenschaftliche Aufbereitung von geschichtlichen Ereignissen in Deutschland vor mir, sondern wirklich den umherschweifenden Blick eines Mannes, der journalistisch tätig ist. Aber das größte Minus an diesem Buch ist, das es nicht in Deutsch erschienen ist. Im letzten Jahr erschien es auf Hebräisch und nun seit Oktober dieses Jahres auf Englisch. Da es uns Deutsche betrifft und wir das diskutieren sollten, vor allen Dingen, weil die Ereignisse rechtpopulistischer Bewegungen und deren Auswirkungen, bis hin zu kriminellen Handlungen, die uns (fast) täglich gemeldet werden. Weil Antisemitismus allem Anschein wieder ‚salonfähig’ geworden ist und auch ein Teil der hier lebenden Muslime diesen Judenhass hier herein tragen und sich so wahrlich ungute Allianzen finden.
So ist es (fast) fahrlässig, dieses Buch nicht ins Deutsche zu übersetzen, geht es doch gerade uns an. Doch jedem, der es sich zutraut, lege ich die Englische Übersetzung ans Herz, vielleicht können dann viel größere Kreise darüber diskutieren.