Buchbesprechnung: Manfred G. Schmidt - Demokratietheorien. Eine Einführung

Von Oeffingerfreidenker
Von Stefan Sasse
Die politische Theorie ist ein Feld der Politikwissenschaften, das neben den Internationalen Beziehungen wie kein zweites das Prädikat „trocken“ verdient. Ein großes Maß an abstraktem Denken in Systemen ist notwendig, um sich dieses Feld zu erschließen. Entsprechend groß ist das Bedürfnis nach einem Einstiegswerk, mit dem Politikstudenten und interessierte Laien einen Einblick in die Welt der Theorie bekommen, ohne gleich völlig überfordert zu werden. Manfred G. Schmidt versucht dies im vorliegenden Fall für das Feld der Demokratietheorien zu bewerkstelligen. Dies ist ein lobenswerter Versuch, doch wie nimmt sich das fertige Produkt in der Praxis aus?
Gleich zu Beginn: es kann Entwarnung gegeben werden. Obgleich Schmidt dem fremdwortlastigen Jargon der Politikwissenschaften nicht vollständig entsagen mag, liest sich das Buch doch angenehm leicht. Es ist nicht notwendig, jeden Satz zweimal zu lesen, nur um zu verstehen, welche Aussage eigentlich gemeint ist. Leider sind viel zu viele Autoren akademischer Werke offensichtlich immer noch der Meinung, die Qualität eines Werkes steige mit der Unverständlichkeit; Schmidt gehört glücklicherweise nicht ihnen. Manfred G. Schmidt teilt sein Buch „Demokratietheorien. Eine Einführung“ in drei große Kapitel auf. Im ersten Kapitel bespricht er dabei „Vorläufer moderner Demokratietheorien“ wie Aristoteles, Montesquieu, Rosseau, Hamilton, de Tocqueville, Mill und Marx. Die Theorien dieses Kapitels werden allesamt recht knapp und locker geschrieben abgehandelt. Schmidt ist sich nicht zu fein, sie mit einem Schulterzucken zu verwerfen; sie sind hinter dem heutigen Forschungsstand hoffnungslos zurückgeblieben und hauptsächlich von historischem Interesse. Im zweiten Kapitel skizziert er dann „Moderne Theorien der Demokratie“: Max Weber kommt hier ebenso zu seinem Recht wie Joseph Schumpeter oder Anthony Downs. Ebenfalls besprochen werden die pluralistische Demokratietheorie, die Theorie der sozialen Demokratie, die beteiligungszentrierte Demokratie und die kritischen und komplexen Demokratietheorien. Hier wird Schmidt bereits theoretischer, präziser, der Stil wird akademischer. Letztlich jedoch sind die ersten beiden Kapitel hauptsächlich Vorlauf für das dritte Kapitel, „Vergleichende Demokratieforschung: empirisch-analytische Demokratietheorien“, sie bieten gewissermaßen das Rüstzeug, mit dem dieses Kapitel verstanden werden kann, das das Buch erst zu dem Standardwerk für Einsteiger werden lässt, das es ist. Verschiedene Vergleiche werden hier angestellt und die dazu notwendigen wissenschaftlichen Werkzeuge erläutert, vom theoretisch argumentierenden Geist bis hin zu Grundkenntnissen in Statistik (die leider eher vorausgesetzt als erläutert werden). Das Buch ist, in seiner nunmehr fünften Auflage, auf dem aktuellen Stand, dicht an der wissenschaftlichen Diskussion und bei alledem immer noch verständlich und komprimiert geschrieben.
Als Standardwerk für Einsteiger in die Welt der Demokratietheorien eignet sich Schmidts Buch daher wie kein Zweites. Zwar wurde bereits oft Kritik an der oft schnippischen Art geäußert, mit der Schmidt besonders im ersten Kapitel über veraltete Theorien hinweggeht. Wer sich jedoch für diese Theorien interessiert – mit denen heute tatsächlich nicht mehr gearbeitet wird -, dem steht eine Fülle an Literatur zu diesem Thema zur Verfügung. Mit seinen 608 Seiten ist das Buch auch so keine Klolektüre, und die Kriterien eines Einstiegswerks erfüllt es allemal.
Diese Rezension erschien im Auftrag des Roten Dorn.