[Buch] Panikherz (2016)

Ich wünschte, ich könnte eine klassische Rezension über dieses Buch schreiben. Aber eigentlich schreibe ich ja nie klassische Rezensionen. Ich schreibe immer “Ich…”. Aber dieses Buch ist zu voll… da bleibt in mir nur ein Gedankenstrom zurück, den ich kurz anreißen möchte.

Fangen wir beim Kleinen an. Benjamin von Stuckrad-Barre hat Ahnung von Musik, ich habe das nicht. Mein Verhältnis zur Musik (in einem tragischen Moment musste ich erkennen, dass sie für mich tatsächlich nur im Hintergrund stattfindet und keinerlei Verknüpfungen zu Ereignissen, Personen oder Gefühlen aufbaut) würde er wohl bemitleiden. Das ist okay. Ich finde das selbst nicht so toll. Aber er hat dieses faszinierende Musikwissen und gehört daher auf den ersten Blick für mich zu den coolen Leuten, die ich gerne beobachte. Mit seinem Musikwissen geht ein großes Fantum einher. Nicht dieses hysterische, kreischende Mädchenfantum, das mich so abschreckt, weshalb ich nie diesem Hobby verfallen bin. Sondern ein ehrliches, echtes Fantum. Er liebt seine Helden, weil sie ihm etwas geben. Udo Lindenberg Songs sagen ihm etwas. Sie bewegen etwas in ihm. Und dann hat er das Glück so viele seiner Helden zu treffen. Udo. Zu allererst und immer auch zuletzt Udo. Überhaupt trifft er so viele Menschen, die einem Mythos entsprungen zu sein scheinen. Ganz zufällig mit Courtney Love auf dem Hollywood Boulevard über die neuste Kurt Cubain Dokumentation reden. Dem Mythos so nah verdampft er irgendwie. Aber das wusste er damals noch nicht. Damals als er mit den Drogen anfing und besonders die Vorfreude liebte. Mit zwielichtigen Gestalten in Hinterhöfen stehen oder auf der Toilette heimliche Geschäfte mit einem Augenzwinkern abwickeln. Wer findet das nicht cool? Aber irgendwie ja doch nur im Film… und er macht es echt. Lässt sich von dem Reiz mitziehen und landet ganz unten. Obwohl er so viel Talent hat. Setzt sich einfach hin, schreibt ein großartiges Buch und hat damit auch noch Erfolg. Weil er sich rotzfrech reinlabert in diese Welt. Tausende hätten gerne sein Glück! Ich hätte gerne sein Glück und Können! Und dann wirft er sein Talent so für die Säue wegen eines Lifestyles, den er cool findet, der ihn aber zerstört. Und am Ende finanziere ich, sein Leser, diesen Untergang, der so weit weg von den Dingen ist wie ich die Welt sehe, dass ich es als unmöglich empfinde darüber zu lesen. Aber dieser Voyeurismus… irgendwie mag man es dann ja doch, dass es einem, der im Schatten des Mythos vieler berühmter Menschen lebt, so schlecht geht. Es ist ein Irrsinn wie er sich durch die Welt gemogelt hat. Und trotzdem wird sein Rausch verständlich, sagen wir nachvollziehbar. Und da stehe ich wieder und weiß nicht, was ich von dem Buch, dem Autor, dieser Lebenseinstellung halten soll. Es geht hin und her. Ich schwanke. Vielleicht weil auch er so schwankt. Und was bleibt am Ende? Eine Autobiographie, die im letzten Drittel schwächelt. Aber das muss so sein, schließlich muss der Rausch wieder relativiert werden. Eine Autobiographie, die den Zeitgeist einer Generation einfängt, gleichzeitig aber ein individuelles Schicksal (teils sehr angestrengt) seziert. Eine Autobiographie, die nicht durchgehend durch die Hauptfigur lebt, sondern häufig auch durch die Figuren, die der Biograph beobachtet… Es bleibt eine Geschichte, die noch nicht zu Ende erzählt ist und die Frage, ob diese Selbstdarstellung tatsächlich Mehrwert für den Leser hat oder ob es nur unsere Schaulust befriedigt.

Panikherz

Panikherz von Benjamin Stuckrad-Barre

ISBN: 978-3-462-31575-2
Erschienen am: 10.03.2016

Verlag: Kiwi

Umfang: 576 Seiten



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