Zusammengeklappt, einfach so… !!!
Wenn etwas aus scheinbar heiterem Himmel passiert ist man zunächst irritiert und sucht nach Einordnung. Doch häufig passiert nichts einfach aus heiterem Himmel. Diese Erkenntniss reift in einem nach der Lektüre von Saskia Fischers Debutroman Ostergewitter.
Die junge Mutter und Doktorandin Aleit erleidet an Ostern beim Besuch der Mutter/Eltern einen epileptischen Anfall und bricht zusammen. Das an sich wäre zunächst nicht mehr als eine gesundheitliche Unpässlichkeit, wäre da nicht die Gedankenwelt Aleits, die als Ich-Erzählerin auftritt. Auf der Suche nach Einordnung ihrer plötzlichen gesundheitlichen Probleme begibt sie sich tief in ihre Jugend und die Geschichte ihrer Familie. Geboren im erzgebirgischen Schlema wächst sie zunächst im real existierenden Bergbaugebiet der DDR auf. Kühle und emotionale Leere schienen die Kinderjahre der Protagonistin geprägt zu haben. Daneben hatte die Mutter nicht nur eine gewisse Distanz zur Tochter, sondern ist bisweilen auch Handgreiflich geworden. Viel schwerwiegender wirken allerdings die Tätlichkeiten des Stiefvaters, zu dem sich Aleit in Anbetracht der distanzierten Mutter hingezogen fühlte. Dieser hat wohl das Kind zumindest mit eindeutigen Handlungen sexuell belästigt.
Diese traumatischen Kindheitserlebnisse brechen scheinbar am Osterwochenende beim Besuch von Mutter und Stiefvater durch. Nichtzuletzt als Aleits Stiefvater mit ihrer kleine Tochter allein in einem Raum verschwindet. Die Folge ist nicht nur der sofortige Abbruch des Besuchs sondern auch die Verschärfung der persönlichen Krise.
Die Darstellung dieser Umstände, die sich vorrangig in einem Krankenhaus abspielen erfolgt in Kapiteln, welche nach Wochentagen unterteillt sind. So verbringt Aleit dann eine Woche vor allem mit sich selbst und ihren Gedanken, Zweifeln und Gefühlen. Währenddessen versucht die Familie, vor allem Aleits Mutter, die Vorwürfe abzustreiten, klein zureden und ihr die Erinnerungs- und Zurechnungsfähigkeit ob ihrer Krankheit abzusprechen. Langsam spitzt sich somit auch Aleits Gesundheitszustand zusammen mit der Familiengeschichte zu. Doch genau am Höhepunkt muss sie sich einerseits fragen lassen welche ihrer Kindheitserinnerungen der Wahrheit entsprechen und andererseits gibt es für ihre Epilepsie zwar eindeutige Zeichen aber medizinisch keine belegbare, nachvollziehbare Ursache…
In ihrem offensichtlich persönlichem Roman zeigt Saskia Fischer die Fähigkeit eine Geschichte durchaus komplex und mit einer gewissen Abstraktion zu erzählen. Natürlich ist ein solcher Inhalt nicht gerade als Spannungs- oder gar Unterhaltungslektüre geeignet. Vielmehr ist es ein bedeutungsschwerer regelrecht anstrengender Roman, der vom Leser volle Aufmerksamkeit verlangt. Alles in allem macht dies das Buch zu einem sehr gelungenen Debut und einer empfehlenswerten Lektüre