BSOC-Seminar: in 3 Stunden »coffee@home« lernen

Von Kaffeewacht

Kaffeezubereitungsmethoden beim coffee@home-Seminar in der BSOC lernen

An einem Samstag in drei Stunden etwas mehr über die kleine braune Kaffeebohne lernen, viele Kaffees probieren und etwas über die Unterschiede sowie die richtige Zubereitung erfahren, das ist das Ziel des »Coffee@home-Seminars« der BSOC (Berlin School of Coffee).
Für ein Honorar von 59 Euro. In einem Kreis von drei Teilnehmern und einem SCAE geprüften Trainer.

Das hört sich nett an, aber was erfahre ich in einem solchen Seminar wirklich? Am besten man geht selbst hin und erzählt darüber …

0,5 Stunden Theorie:
Auf den Spuren der Kaffeebohne:
Von der Plantage in die Rösterei, Rösten, Mahlgrad und Zubereitung

2,5 Stunden Kaffee verkosten und Kaffee zubereiten:
Schritte an der Espressomaschine, French Press, Karlsbader-Kanne, Filterkaffeemaschinen, Handfilter, Mokka Express (Bialetti).

SCAE-geprüfter Trainer bei der BSOC

Der Trainer:
Jao Essa kommt aus Ghana. Er hat Unternehmensmanagement studiert und vier Jahre eine Coffeebar geleitet. Heute ist er einer von mehreren Trainern bei der BSOC und moderiert u.a. das dreistündige »Coffee@home-Seminar«. Gleich in der Einleitung weist er uns darauf hin, dass er pünktlich gehen muss. Ghana spielt an diesem Samstag gegen Serbien (Fußball-WM)… das können wir alle sehr gut verstehen und stellen uns auf ein straffes Lernprogramm ein.

TEIL 1: Theorie
Kaffee ist der Deutschen liebstes Getränk. Wobei man es im Osten Deutschlands noch mehr trinkt als im Westen. Frauen trinken es regelmäßiger als Männer. Beide Geschlechter genießen Kaffee am liebsten zu Hause (91 %). Und zwar: erstens zum Frühstück (82 %) und zweitens am Nachmittag (64 %).
Außer Haus wird Kaffee von 25 % bei der Arbeit genossen. Aber nur 4 % trinken Kaffee in Restaurants und nur ganze 2 % in Coffeeshops! (Quelle: Deutscher Kaffeeverband, lt. BSOC-Trainer)
Die letzte Zahl überrascht, wenn man an die gewachsene Zahl der Coffeeshop-Gründungen denkt. Der BSOC-Trainer Essa kommentiert: »Vermutlich bieten viele Coffeeshops nicht das Optimum an Kaffeegenuss. Da tun 3,00 Euro oder 3,20 Euro für einen Becher Kaffee schon weh, wenn er nicht schmeckt. Nur wenige Läden bieten einen wirklich guten Kaffee für das Geld.«

Der BSOC-Trainer Essa stellt uns weniger bekannte und bekannte Kaffeespezialitäten vor, wie Latte Macchiato, Cappuccino, Espresso, Eis-Latte, Cortado, (Espresso auf süßer Kondenzmilch – spanische Spezialität), Kaffeespezialitäten mit Saucen, Sirups und Toppings etc.
Essa leitet dann über auf die Zubereitung der Kaffees. Er weist darauf hin, dass einzeln geröstete und danach gemischte Blends (Kaffeemischungen verschiedener Herkunft) für den Halbautomaten besser geeignet sind. Bei Blends, die im Halbautomat zubereitet werden, werden hauptsächlich Säure, Körper, Bitternoten, Karamell-, Schokoladen- oder Nussaromen wahrgenommen. Einzelne Fruchtaromen eines sortenreinen Hochlandkaffees kann man mit der Zubereitung eines Halbautomaten weniger gut schmecken. Da bedient man sicher besser der French Press oder der Karlsbader Kaffeekanne, sagt Essa.

»Wie viele Kaffeearten gibt es eigentlich?«, fragt Essa in die Runde. Schweigen im Walde. Antwort: Ca. 100 verschiedene Coffea-Arten soll es geben. Viele (ca. 70 %) sind vom Aussterben bedroht. Und nur zwei Arten haben eine wirtschaftliche Bedeutung: Coffea Arabica, auch Arabica oder Hochlandkaffee genannt, repräsentiert ca. 2/3 des Weltmarktanteils. Coffea Robusta oder Robusta Kaffee deckt ca. 1/3 des Weltmarktanteils ab. Coffea Arabica hat weniger Säure (Chlorogensäure), weniger Koffein, mehr Aromastoffe, ist eine Hochlandpflanze (1.200 bis 2.200 m), ist länglich und hat eine s-förmige Einkerbung. Coffea Robusta hat dagegen mehr Chlorogensäuren, ist im Geschmack astringierend/holzig, hat mehr Koffein, weniger Aromastoffe und ist mehr eine Flachlandpflanze (300 bis 1.200 m).

Bei der hohen Kunst des Röstens geht es um das Erreichen einer Ausgewogenheit von Säure und Bitterness. Hierbei werden Lagenkaffees, (Kaffee von einem bestimmten Hang), Estatekaffees, (Terroirkaffee von einer Plantage), Single Origin Kaffees (sortenreine Kaffees aus einer Region) oder Blends (Kaffeemischungen verschiedener Provinienzen) geröstet.

Im Vergleich des tradionellen zum industriellen Rösten scheint das Erstere für die Qualität klar überlegen zu sein.
Traditionelle Röstung: langsam, schonend (180 °C bis 220 °C/bis zu 20 Minuten); kleine Chargen können geröstet werden; individuelle Mischungen sind möglich; hochwertige Rohkaffees werden verarbeitet.
Industrielle Röstung: schnelle und sehr heiße Röstung (2 bis 7 Minuten/300 °C bis 400 °C) bedeutet: ein komplexes oder auch reiches Aromenspektrum kann kaum entstehen; spezifische Aromen können nicht herausgearbeitet werden; Chlorogensäuren werden weniger abgebaut; das Röstergebnis kann ungleichmäßiger sein.

Tipps für die Zubereitung:
• Der optimale Mahlgrad, je nach Kaffeerösttiefe (hell, mittel, dunkel) und Zubereitungsmethode (IBRIK, Cafétiere, Siebträger, Filter, Karlbader, Bialetti etc.) wird am besten mit einer stufenlosen Mühle erreicht.
• Kaffee sollte on demand zubereitet werden: nur so viel mahlen, wie man im Moment konsumieren möchte.
• Kaffee nicht im Kühlschrank lagern, da er wasseraufnehmend und duftneutralisierend ist.
• Kaffee sollte man in kleinen Mengen kaufen und schnell aufbrauchen.

TEIL 2: Praxis

Cuppingutensilien zur Verkostung der Kaffeesorte: »Mexico Maragogype«

Mit Hilfe eines »Cupping Bewertungsbogen« beurteilen wir die Verkostung verschiedener Kaffeesorten. Dabei lernen wir einen »Mexico Maragogype Hochlandkaffee« kennen, der in einer Kaffeetasse mit 8g bei einem mittleren Mahlgrad mit ca. 92 °C heißem Wasser aufgebrüht wird. Es riecht leicht erdig, mild, schokoladig. Nach 3 Minuten durchbrechen wir mit einem suppenähnlichen »Cuppinglöffel« die gebildete Kruste.
Dabei stecken wir unsere Nasen tief in die Tasse. Fruchtige, blumige Aromen steigen uns in die Nase. Fast tee-artig, kommt uns das Aroma vor. Verboten klingt unsere Schlürftechnik, die mit der Zeit immer lauter und länger wird.
Beim Geschmackseindruck Säure (Fruchtsäuren) nehmen wir eine feine, zurückhaltende Säure wahr. Angenehm.
Schokoladig, fruchtig-beerig, weich sind die Aromen die uns über die Zunge, über den Gaumen, in die Nase steigen. Sehr harmonisch. Ein vollmundiges Gefühl entsteht im Mundraum, lang anhaltend. Lecker.

Karlsbader (Bayreuther) Kaffeekanne (links) versus Press-Stempelkanne oder French Press (rechts)

Im Vergleich Karlsbader Kaffeekanne zu Press-Stempelkanne (French Press) vergleichen wir den selben Kaffee: einen »Indien Malabar Monsooned« Hochlandkaffee. Hier überrascht nicht nur uns das Ergebnis, auch der Trainer wirkt etwas verblüfft. Während wir bei der Karlsbader Aufbereitung intensive Schokoladendüfte wahrnehmen, riechen wir bei der French Press fruchtige Noten (schwarze Johannisbeere). Beim Schmecken hat die Karlsbader Methode mehr Säureintensität als bei der French Press Methode. Im Karlsbader Geschmackserlebnis sind die Aromen kräftig, schokoladig, mit leichten Bitternoten, bei der French Press Zubereitung ergeben sich vorrangig fruchtige Noten. Insgesamt ist der Harmonieeindruck bei der French-Press-Methode flacher.
Das war für alle unerwartetet. Der selbe Kaffee, die gleiche Menge Kaffee, der gleiche Mahlgrad, das selbe Wasser. Nur die Aufbrüh-Methode ist verschieden. Porzellan versus Glas und Metall. Langsames Aufgießen versus schnelles Aufgießen. Bei gleicher Ziehzeit.

Schlussendlich bereiten wir einen Espresso in einer Siebträgermaschine (Dalla Corte) zu. In einer dazu korrespondierenden Mühle mahlen wir einen »Französischen Espresso«. Es handelt sich um einen »Blend« (Mischung) bestehend aus einem äthiopischen »Sidamo« und drei lateinamerikanischen Provenienzen: Guatemala, Kolumbien und Costa Rica. Bei einem niedrigem Mahlgrad fließt ein sehr feines Mahlgut in den Siebträger. Mit ca. 15 kg tampen wir das Mahlgut fest, so dass sich eine dichte glatte und vor allem ebene Oberfläche erscheint. Den Siebträger unter dem Brühkopf eingehängt, drücken wir sofort den Knopf zur Extraktion. Bei 95 °C und ca. 9 bar Druck ergießt sich langsam eine leicht zäh fließende Flüssigkeit (wie Honig) aus dem Siebträger in die vorgewärmte geduldig wartende Espressotasse. Nach ca. 25 sec. wird der Fluss gestoppt. Nach dem letzten Tropfen ziehen wir gespannt die Tasse von dem Gitter, unter dem sich die Tropfschale für das Brauchwasser befindet.
Wieder erreicht uns eine Überraschung. Von der dichten hellbraunen, schön gemaserten Crema steigen uns Fruchtnoten in die Nase. Nicht schokoladig, nicht nussig, nicht würzig riecht es, sondern nach süßen Fruchtnoten!? In einem Espresso?
Der BSOC-Trainer klärt uns auf. Es gibt einen neuen Trend aus Skandinavien und aus den USA. Heller geröstete Blends mit milderen Kaffeesorten sind angesagt. Hier werden eher die Fruchtnoten betont, anstatt die Zuckerbräunungs-Aromen (Schokolade, Karamell, Nuss), die bei klassisch gerösteten Espressomischungen erwartet werden. Nach dem Schlürfen nehmen wir dann auch intensive Säure wahr. In den Aromen schmecken wir eine intensive Süße. Im Mund einen ölig-samtigen Eindruck. Vollmundig im Abgang. Interessant, aber für mich gewöhnungsbedürftig.

Weiter geht es zum Milch schäumen.

Milch aufschäumen üben mit Wasser und Spülmittel

Wir lernen erste Handgriffe für das so genannte Latte Art kennen. Der Trainer zeigt uns den Unterschied beim Milchschäumen für die Zubereitung eines »Latte Macchiato« (mehr Schaumanteil = mehr Luft einblasen, bis max. 50 °C aufschäumen) und eines »Caffè Latte« (dickerer, dichterer Schaum erforderlich, bis max. 55 °C aufschäumen) kennen.
Dann heißt es »hands on the pot«. Wir füllen kaltes Wasser in unsere Pitcher (Milchkannen) und geben ein paar Tropfen Spülmittel hinein. Dann geht es an die »Pflanze«. Das ist der heiße Stab, aus dem sehr heißer Dampf kommt. Bis ca. 37 °C (Körpertemperatur) ziehen wir den sich bildenden Schaum nach oben. Dabei halten wir die Spitze der »Pflanze« kurz unter die Oberfläche, während wir ein zischendes Geräusch hören. Das Volumen im Pitcher hat sich nahezu verdoppelt… jetzt gilt es, den Schaum feinporig zu verdichten. Die Pflanze tauchen wir jetzt tiefer in den Pitcher. Das Gemisch fängt kurz danach an zu rollen. Bei ca. 50/55 °C ist Schluss. Unser Wasser-Spülmittelgemisch ist jetzt weiß wie aufgeschäumte feinporige Milch.

Schlussgespräch über technische Anforderungen:
Zum Abschluss sprechen wir über die Anforderungen für eine Siebträgermaschine und eine Mühle. Für den Hausgebrauch. Folgende Basiskriterien wurden herausgearbeitet:
Siebträgermaschine/Halbautomat:
• Kesselgröße 1,5 bis 2,0 l
• Zweikreismaschine mit Wärmetauscher
• ggf. Festwasseranschluss
• Filter vorschalten
Mühle:
• stufenlose Mühle (mit Kegelmahlwerk)

Mein Fazit:
Was ich mitnehme nach diesem Seminar: Es geht beim Kaffeegenuss um das optimale Zusammenspiel von sehr gutem Kaffee, passender Maschinegröße, stufenloser Mühle und erfahrenen Mensch. Es geht aber auch um Details, und dafür braucht es Training, Nähe, Verstehen. Für jeden Einsteiger, der mehr über Kaffee erfahren möchte, lohnt sich ein solches Basisseminar. Viel Spaß.


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