Brüderle (FDP): spitzer Spitzenkandidat

An und für sich handelt es sich bei der “Brüderle-Debatte” nicht nur um den alltäglichen Sexismus, sondern vielmehr um die Frage, welchen Spitzenkandidaten die FDP dem Wahlvolk anbietet.

Während die neoliberalen Medien dem Spitzenkandidaten der SPD, Pierre Steinbrück, ein gestörtes Verhältnis zu Frauen berechtigt/unberechtigt (?) attestieren, will man angesichts der mehr als “flotten Sprüche” Brüderles gegenüber einer 40 Jahre jüngeren Journalistin die politische Dimension mit verbaler Macht unterdrücken. Thematisiert wird im Wesentlichen der Sexismus in der Männerwelt, nicht die Frage, ob Brüderle angesichts solcher erkennbaren “Grundhaltungen gegenüber Frauen” ein Missgriff ist.

In der jüngsten Spiegel-Ausgabe (Nr. 5, Seite 32 f.) musste sogleich die Spiegel-Journalistin Christine Hoffmann 2 Seiten beschreiben, um Brüderle zu entlasten. Mit roter Schrift hervorgehoben wurde der Text: “Ich habe keine Lust, in einem moralpolizeilich gesicherten Umfeld zu arbeiten.”

Da werden in den (neoliberalen) Mainstream-Medien Ablenkungen verbreitet, die von der “politischen Dimension” ablenken sollen.

Der “Spitzenkandidat” der FDP, der normalerweise jemand sein sollte, der aufgrund seiner charakterlichen und fachlichen Eignung “persönliche Autorität” haben und ausstrahlen sollte, erweist sich als arroganter Politiker gegenüber Frauen, der noch nicht einmal eine Entschuldigung über die Lippen bringt.

Und eine Entschuldigung wäre jetzt angebracht, nachdem die Journalistin in aller Klarheit zum Ausdruck brachte, dass ihr seine anzüglichen Äußerungen nicht gefallen haben und sie sich gedemütigt fühlte. Wer das, auch nach einem Jahr, zur Kenntnis nehmen muss, der sollte sich jetzt wenigstens etwas “anständiger” verhalten und eine Entschuldigung über die Lippen bringen.

Aber davon ist der spitze Spitzenkandidat der FDP und die Führungsriege der FDP offenbar weit entfernt, augenscheinlich auch nach Beratung durch die Spitzengremien der FDP, in persona unter Anderem Christian Lindner (FDP/NRW) sowie Wolfgang Kubicki (FDP/Schleswig-Holstein).

Diese Verhaltensweise zeugt von einer pikanten, im Kern frauenfeindlichen Sichtweise der FDP-Führungsgremien. Die Journalistin bzw. Frauen ganz allgemein ist/sind es anscheinend in den Augen dieser Spitzengremien (noch) nicht “wert”, dass  Entschuldigungen und damit das Eingeständnis des Fehlverhaltens öffentlich ausgesprochen werden. Entschuldigungen im politischen Umfeld der Spitzen-Funktionäre müssen geradezu von der Öffentlichkeit abgerungen werden, wie in den Fällen/Affären Wulff (CDU) und beispielsweise zu Guttenberg (CSU).

Es ist die “politische Dimension” der mangelnden Eignung des spitzen Spitzenkandidaten, die nicht öffentlich diskutiert werden soll.

An und für sich müssten sich doch FRAUEN jetzt fragen, ob die FDP überhaupt noch wählbar ist, wenn die “Führungsgremien” der Partei sich weigern, von Brüderle eine Entschuldigung zu fordern, vielmehr sich sogar mehrheitlich vor Brüderle stellen, von wenigen Ausnahmen abgesehen.

Es ist in Wahrheit insofern nicht nur der spitze Brüderle, der zur Debatte steht, sondern das Selbstverständnis der FDP, einen erkennbaren “Fehlgriff” nicht aus der Welt zu schaffen.

Nur nichts zugegeben und einräumen, scheint die Parteilinie für den Wahlkampf zu sein.

Und die neoliberalen Medien, voran ARD mit “Jauch” und DER SPIEGEL, “verwässern” die Diskussion, während gleichzeitig der Kanzlerkandidat der SPD Tag für Tag “persönlich” angegriffen wird, damit die “Glaubhaftigkeit” der Kehrtwende in vielen Politikfeldern in der Öffentlichkeit zerstört wird.

Ganz anders bei dem spitzen Brüderle, da soll die “politische Dimension” der Missgriffe des ausgesuchten Kandidaten für die Bundestagswahl nach Kräften unterdrückt werden.

Da sollte sich Frau/Mann gründlich überlegen, ob das Selbstverständnis der FDP, das sich jetzt mit dem spitzen Brüderle zeigt, überhaupt noch wählbar ist.

Bereits die “spätrömische Dekadenz” des Bundesaußenministers Westerwelle (FDP) wurde vor einigen Monaten von Heiner Geißler trefflich plakatiert, als er mit humorvollem historischen Ausflug auf Kaiser Caligula hinwies, der sein Lieblingspferd zum Konsul ernannte, um die Senatoren von Rom zu karikieren. Geißler endete sinngemäß mit der Feststellung: “…und jetzt haben wir einen Esel als Außenminister.” Damit hatte er klargestellt, dass die “spätrömische Dekadenz” sich in den gesellschaftlichen Eliten ausgebreitet hatte, nicht bei den Normalbürgern, wie es Westerwelle fälschlicherweise insistierte.

Treffender konnte man damals den Zustand der FDP nicht beschreiben, geändert hat sich bis heute wenig. Die Partei ohne Inhalte, deren neoliberale Ideologien und Glaubenssätze durch die jüngsten Euro- und die nachfolgende Schuldenkrisen widerlegt wurden, sucht noch nicht einmal auch nur ansatzweise nach einer längst überfälligen Erneuerung. Nichts dazugelernt.

In Niedersachsen überlebte sie parlamentarisch nur, weil ein paar schlaue Rechenkünstler die FDP “künstlich” erhalten wollten, damit die CDU selbst in der Regierungsverantwortung bleiben konnte. Das haben die Wähler in Niedersachsen trotz reichlicher Unterstützung durch die ARD-Medien und anderer Mainstream-Medien knapp verhindert. Ein Lichtblick.

Auch vor diesem Hintergrund erscheint es den Mainstream-Medien jetzt wichtig, das “politischen Nachdenken” bezogen auf die “persönliche Eignung” des Spitzenkandidaten der FDP und seiner Mitstreiter bzw. der FDP selbst nach Kräften zu unterdrücken, während gleichzeitig der Spitzenkandidat der SPD “persönlich” und “politisch” angegriffen wird, allerdings ohne auf die Abkehr von den neoliberalen Irrtümern der Vergangenheit hinzuweisen, die offenbar die SPD inzwischen teilweise erkannt hatte und zur Bundestagswahl hin darauf programmatisch reagiert.

Es geht bei dieser Debatte bei den Unterstützern der CDU/FDP auch darum, die Politik des WEITER SO WIE BISHER, die Umverteilung von unten nach oben, fortzusetzen.

Da gilt es bis zur Bundestagswahl, von den wirklichen wichtigen Themen abzulenken und albernen Debatten über “Sexismus” zu führen, obwohl hier eine glaubhafte Entschuldigung ausreichen würde. Aber das lehnt der spitze Brüderle geradezu ab.

Überfällig ist und bleibt eine Entschuldigung des spitzen Brüderle, das gebietet der (Mindest-) Anstand.

Die Wähler entscheiden darüber, ober sie solchen “Kandidaten” ihre und die Zukunft ihrer Kinder anvertrauen wollen.

Wer sich die FDP-Politiker in den Führungsgremien der Bundespartei vor Augen führt, der dürfte Schwierigkeiten haben, Politiker mit “persönlicher Autorität” zu finden.

Der FDP sollte Gelegenheit gegeben werden, sich außerhalb des Bundestages zu erneuern, damit der Lernprozess innerhalb der Partei eine Chance hat.

Mit solchen spitzen Spitzenkandidaten lässt sich kein Staat machen!

Die Stern-Journalistin sollte auf die bisher ausgebliebene Entschuldigung öffentlich verzichten; selbst wenn sie noch ausgesprochen werden würde, wäre sie mangels Charakter nicht überzeugend.

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