"Brüder - Feinde": Ivan versus Fritz, mady by estonia

Estland, anno 1944: Es knallt mächtig. Warum? Die DVD oder die Blu-Ray verraten es euch jetzt. ©Ascot Elite

In Estland kann man per SMS über die nächste Regierung abstimmen. Auch via Internet kann man dort seine Stimme abgeben. In dieser Hinsicht ist der kleine Baltikum-Staat fortschrittlich, womöglich sogar das fortschrittlichste Land dieses Planeten. Wie es sonst um die Republik bestellt ist, vermag ich nicht zu sagen. Erst recht nicht in kultureller Hinsicht, daher fällt es auch schwer, „Brüder – Feinde“ so richtig einzuordnen. Estland hat damit jetzt, so viel ist sicher, einen eigenen Kassenschlager, einen eigenen Kriegsfilm und einen teuersten Film aller Zeiten. So viel zu den nackten Fakten.
Das Werk an sich soll die Kriegs-Gräuel so schonungslos und authentisch darstellen, wie nie zuvor. Sagt zumindest die BluRay-Hülle. Na ja. Mit solchen Aussagen sollte man auch im Werbe-Deutsch eher vorsichtig sein, und von einem epischen Kriegsdrama (Variety) ist der Streifen auch etwas entfernt.
Nichtsdestotrotz sieht man „Brüder – Feinde“ die monetären Mittel deutlich an. Es macht Boom, Boom, Boom, es wird der ganz große Bombast herausgekramt. Der Film beginnt im Schützengraben, es gibt Gewehr-Salven en masse, Schießereien, Tote, Explosionen. Der Film erzählt anfangs die Geschichte von fürs deutsche Reich in den Krieg ziehenden Esten, die ihre estnischen Freunde auf der gegnerischen russischen Seite bekämpfen (müssen). Ivan versus Fritz, mady by estonia.

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Regisseur Elmo Nüganen hat ein Konzept. Erst begleitet er die „Hitler“-Esten, die sich gar nicht so recht darüber freuen, als es heißt, dass auch sie jetzt zur arischen Rasse gehören. Dabei legt er sein Augenmerk auf den jungen Karl, der irgendwas zu sagen hat in dieser Truppe. Nach gut der Hälfte des Films, wenn auch der letzte Depp durch ein paar eingestreute, ziemlich plakative und oberflächliche Gespräche verstanden hat, dass die Esten nicht freiwillig für Deutschland in den Krieg ziehen, widmet er der Filmemacher plötzlich der anderen Seite. Nicht nur die Deutschen waren damals Schweine, denn nun verfolgt er auch einer Kompanie von „Ivan“-Esten auf Schritt und Tritt. Und auch hier gibt’s wieder die eindeutige Aussage: Auch hier wollte keiner, jeder musste ans Gewehr. Als Alternative hätten die Rotarmisten die Soldaten sonst ins Lager gesteckt.

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Eine Aussage, die nicht zwischen gut und böse unterscheidet, sondern beide Seiten und den Kriegs-(Un-)Sinn verteufelt. Eigentlich recht gelungen. Und trotzdem fesselt Nüganen nie so wirklich emotional. Karl auf der deutschen, Juri – die zweite Hauptfigur – auf der russischen Kämpfer-Seite stellt er zwar in den Vordergrund. Aber mit seinen Figuren weiß der Film nicht so recht etwas anzufangen. Namen der Mit-Soldaten oder deren Hintergründe erzählt er nicht, da gibt’s keine große, pathosgetriefte Geschichte oder tiefergehenden Hintergründe zur Besetzung Estlands.Es gibt nur unzählige Schießereien, unterbrochen von 0815-Beziehungen und 0815-Dialogen unter den Figuren. Äußerlich sieht „Brüder – Feinde“ zwar tadellos aus, aber inhaltlich ist das eine oberflächliche Angelegenheit, die nichts zu erzählen hat und lieber auf den Krieg als Schaufenster setzt, statt eine spannende Story zu erzählen.
Sicher: Das ist auch ein Ansatz. Für gute Unterhaltung reicht das dennoch nicht. Denn so ordentlich gemacht die Sequenzen aus dem Kriegsgraben auch gemacht sind: Man hat sich langsam einfach satt gesehen. Aber nun gut. Jetzt hat auch der nördlichste Staat aus dem Baltikum seinen Beitrag zum Weltkriegs-Genre geleistet. Wieder einer mehr. Wer will als nächstes?  

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BEWERTUNG: 4,0/10Titel: Brüder - Feinde
FSK: ab 16Laufzeit: ca 100 MinutenErscheinungsjahr: Estland 2015, auf DVD & BluRay seit 06.10.2015 erhältlichGenre: (Anti-)KriegsfilmRegisseur: Elmo Nüganen
Darsteller: u.a. Kaspar Velberg, Krisjan Üksküla, Maiken Schmidt
  

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