Nochmals: Nichts Unehrerbietiges kann damit gemeint sein. Nichts, was danach aussähe, als wollten wir die Grenze verwischen, die uns Geschöpfe von Gott scheidet. Aber wir dürfen uns zu dem bekennen, was er selbst als Sehnsucht in uns gelegt. Dürfen dessen froh werden, was seine übergroße Güte uns schenkt. Christus spricht: „Mein Fleisch ist wahrhaft eine Speise und mein Blut wahrhaft ein Trank … Wer mein Fleisch ißt, und mein Blut trinkt, der bleibt in mir, und ich in ihm.“ „Gleichwie der Vater mir gegeben, das Leben in mit selbst zu haben, so wird, wer mich ißt, das Leben haben durch mich.“ Sein Fleisch essen … sein Blut trinken … ihn essen … den lebendigen Gottmenschen hereinnehmen in uns, was er ist und hat - ist das nicht mehr, als wir aus Eigenem zu wünschen vermöchten? Und doch ganz, was unser Innerstes wünschen muß?
Und so klaren Ausdruck findet dieses Geheimnis in der Gestalt des Brotes und Weines.
Brot ist Nahrung. Ehrliche, die wirklich nährt. Kernhafte, daß man ihrer nie überdrüssig wird. Das Brot ist wahrhaftig. und gut ist es: nimm das Wort in seinem tiefen, warmen Sinn. In der Gestalt des Brotes aber wird Gott lebendige Nahrung für uns Menschen. Der heilige Ignatius von Antiochien schreibt den Gläubigen von Ephesus: „Wir brechen ein Brot; das sei uns Heiltum der Unsterblichkeit.“ Eine Speise ist´s, die unser ganzes Sein nährt mit dem lebendigen Gott und macht, daß wir in ihm sind, und er in uns.
Wein ist Trank. Ja, daß ich es recht sage: Nicht nur Trank, der den Durst löscht; der ist Wasser. der Wein will mehr. „Froh macht er des Menschen Herz“, sagt die Schrift. Sinn des Weines ist nicht nur, den Durst zu löschen, sondern Trank der Freude zu sein, Fülle, Überschwang.
„Wie schön ist mein Becher voll der Trunkenheit“, sagt der Psalm. Verstehst du, was das heißt? und daß hier Trunkenheit ganz anderes bedeutet, als Unmaß. Funkelnde Schönheit ist der Wein, Duft und Kraft, die alles weit macht und verklärt.Und in der Gestalt des Weines gibt Jesus uns sein göttliches Blut. Nicht als brav-vernünftiges Getränk, sondern als Übermaß göttlicher Köstlichkeit. „Sangius Christi, inebria me - Blut Christi, berausche mich“, betete Ignatius von Loyola, der Mann mit dem ritterlich heißen Herzen. Und die heilige Agnes spricht vom Blute Christi als von einem Geheimnis der Liebe und unaussprechlicher Schönheit: „Honig und Milch hab´ ich aus seinem Mund gesogen, und sein Blut hat Miene Wangen lieblich gemacht“, heißt´s in den Gebeten ihres Festes.
Brot ist uns Christus geworden und Wein. Speise und Trank. Essen dürfen wir ihn und trinken. Brot ist Treue und standhafte Festigkeit. Wein ist Kühnheit, Freude über alles Erdenmaß, Duft und Schönheit, weite und Gewähren ohne grenzen. Rausch des Lebens und Besitzend und Spendens …
(Von heiligen Zeichen; Romano Guardini 1927)