Originaltitel: Britt-Marie var här
Autor: Fredrik Backman
Genre: Belletristik
Verlag: Fischer Krüger
Format: Hardcover, 384 Seiten
ISBN:978-3810524119
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Inhalt:
Die Leute sagen, Britt-Marie wäre eine Meckerziege, was sie nur mit einem Schulterzucken quittiert. Sie möchte nur, dass alles ordentlich und richtig ist, mehr nicht. Ihr Leben lang hat sie darauf gewartet, dass ihr Leben endlich anfängt und nun, nun hat sie nach vierzig Jahren ihren Mann verlassen und sucht einen Job. Der scheinbare Anfang erweist sich als viel schwieriger als erwartet, doch in Borg kommt sie in einer Stadt an, die sich mit Schwierigkeiten auskennt.
Meine Meinung:
Nach dem Buch „Ein Mann Namens Ove“, was mir wirklich sehr gefallen hat und „Oma lässt grüßen und sagt, es tut ihr leid“, was einen ziemlichen Kaugummianfang hatte, danach aber doch überzeugen konnte, ging ich mit gemischten Gefühlen an die Geschichte.
Alles beginnt mit Britt-Marie, die beim Arbeitsamt vorstellig wird und einen Job sucht. Nichts unbedingt etwas außergewöhnliches und doch haftet der Situation was tragisches an. Ihr ganzes Leben hat sie ihrem Mann gewidmet und dessen Kinder, der Haushalt und die Erziehung, das war ihr Bereich, doch am Arbeitsmarkt bedeutet es so viel wie „nie gearbeitet“. Im Buch mag es ein wenig amüsant sein, wenn man sich aber überlegt, dass es keine Fiktion ist, dass es Frauen gibt, die sehr wohl jahrelang gearbeitet haben, nur eben nicht unbedingt in einem klassischen Beruf und dann am Arbeitsmarkt so behandelt werden, dann verschwindet das Lächeln schnell von den Lippen. Allerdings, wenn Britt-Marie sich etwas in den Kopf setzt, dann funktioniert es auch und so ruft sie einfach jeden Tag bei ihrer Betreuerin an und wie sie abgewimmelt wird, kommt sie eben vorbei, die Hauptsache ist: „gibt mir endlich eine Arbeit!“
In Borg gibt es ein Jugendzentrum ohne Hausmeister, weil es sowieso bald geschlossen und abgerissen werden soll, durch einen Fehler wird die Stelle allerdings trotzdem ausgeschrieben, auf 3 Monate befristet, niemand will den Job, doch für Britt-Marie bedeutet es Unabhängigkeit und so macht sie sich in einen Ort auf, der vor allem von der Finanzkrise gesteuert wird. Viel gibt es dort nicht mehr, nur eine Pizzeria und die Leidenschaft zum Fußball.
Die Bewohner sind, wie es sich für ein Dorf gehört, ziemlich skurrile Persönlichkeiten. Da gibt es zum Beispiel Jemand – ziemlich oft bin ich in den Sätzen zu Beginn gestolpert, aber hat man es irgendwann drauf, dann kann man auch mit einen solchen Namen die Sätze mühelos lesen. Jemand ist schon eine ziemliche Nummer für sich, in einem Dorf ist es so, dass Neuankömmlinge erst einmal prüfend beäugt werden und man sich auf Distanz hält, nicht so jemand, die stürzt sich gleich auf Britt-Marie, weil ein Neuankömmling auch frischen Wind verspricht. Es kommt in der Geschichte zwar nicht so heraus, aber zwischen ihnen, ja, man kann es schon Freundschaft nennen, wenn auch nicht auf den ersten Blick erkennbar.
Während Britt-Marie sich in ihrem Hausmeisterposten einrichtet und erst einmal gründlich putzt, entdecken auch die Jugendlichen den Neuzugang und weil der Posten in einem Jugendzentrum ist, ist es einfach unweigerlich, dass sich beide Parteien näher kommen. Die Kinder, wisst ihr, jeder von ihnen ist etwas ganz besonderes, man nimmt sie wahr, kann sie deutlich vor Augen sehen und obwohl Britt-Marie manchmal eher widerwillig handelt, merkt man auch bei ihr, dass sie etwas für die Jugendlichen empfindet – es muss einfach nur wachsen. Wie es der Klappentext schon erwähnt, kommt es dazu, dass Britt-Marie Fußballtrainierin wird, was meines Erachtens aber eher eine Nebenrolle spielt, viel mehr dringt für mich die Botschaft durch, dass es für jeden einen Platz gibt auf der Welt, wenn er auch zu Beginn nicht unbedingt offensichtlich ist.
Britt-Marie ist mit ihrer Art unglaublich komisch, obwohl sie es gar nicht beabsichtigt und sie sich eher schämt, wenn jemand lacht, weil sie der Überzeugung ist, nicht witzig zu sein und die Menschen nicht mit ihr lachen, sondern über sie. Jahrelang wollte sie nicht auffallen, hat sich angepasst, alles gemacht, um eine gute Ehefrau und Mutter zu sein, an sich hat sie dabei nicht gedacht, weshalb es ihr jetzt auch so unglaublich schwer fällt, sich selbst als wichtigsten Menschen wahrzunehmen.
Fredrik Backman gelingt es in all seinen Büchern, Humor und Tragik so zu vermischen, dass man ein Buch vor sich hat, was Leichtigkeit ausstrahlt, aber ganz viel Tiefe mit sich bringt. Für mich hat sich der Autor in meine persönliche Elite gespielt, was bedeutet, dass ich seine Bücher liebe und schätze. Sein Humor ist trocken und sarkastisch, doch hinter all den Witz, wohnt eine unglaubliche Wärme und obwohl ich Britt-Marie am Anfang auch für eine Meckerziege hielt, bleibt sie jetzt als wunderbarer Mensch in meinen Gedanken, der mehr ist, als man auf den ersten Blick wahrnimmt.