Die Briten sind nicht zu beneiden. British Gas, der Marktführer bei Strom- und Gasversorgung in Großbritannien, kündigt jetzt eine beachtliche Erhöhung seiner Preise an. Die Elektrizität soll um 10,4% und Gas um 8,2% steigen. In einigen Regionen sollen es sogar 11,2% mehr werden. Bereits im November vergangenen Jahres erhöhte British Gas seine Preise um 6%.
Die britischen Konsumenten sind empört über den respektlosen Griff in ihren Geldbeutel. Für sie ist das Ganze eine gnadenlose Abzocke. Der für Haushaltsenergie zuständige Vorstandsvorsitzender Ian Peters gibt sich aber gelassen und gibt den Protestierern den Rat: “Der beste Weg um die Rechnung niedrig zu halten, ist weniger zu verbrauchen” und die Erklärung dazu: “Die Höhe des Betrages, den man bezahlt hängt nicht vom Preis ab, sondern wie viel Gas und Elektrizität man nutzt”. Reichlich zynisch für Familien, die nach Kürzungen im Sozialbereich ohnehin nur noch ein geringes Budget für das Überleben haben.
British Gas erklärt die Preissteigerungen folgendermaßen: Die Preise für Haushaltsenergie steigen aus 3 Gründen: Höhere Kosten beim Einkauf der Energie auf dem Globalen Markt, höhere Durchleitungsgebühren für die Gas- und Elektrizitätsnetzwerke und die erhöhten Kosten von Regierungsprogrammen. Auf 85%-Anteil der Preissteigerungen habe man keinen Einfluss, sie seien von außen bedingt. Und dann zählt das Energie-Unternehmen seine Wohltaten auf: 2012 habe man 234 Millionen £ als Hilfe für ältere Menschen, Behinderte und bedürftige Haushalte ausgegeben. Es hätte einen Rabatt für bedürftige Haushalte im Rahmen des Programms “Warmes Haus / Warm home” gegeben. In kommenden Winter würden wieder über 500.000 ältere und bedürftige Menschen von einem zusätzlichen Rabat profitieren.
Das beruhigt die Kunden nicht. Auf Twitter gibt es ein richtiges Schimpfgewitter wie: “eine gierige Preiserhöhung für den Winter, lasst uns nicht vergessen, dass British Gas nicht britisch ist, es wurde von den Tories an die Franzosen verkauft” oder “die Preiserhöhung gibt es vielleicht, weil die Profite fallen; aber sieh an, die sind doch gestiegen”. Und so geht es weiter. Der durchschnittliche Haushalt wird im kommenden Jahr mit Kosten von £1.465 (ca. 1.750 Euro) rechnen müssen. Es gibt 6 große Energieversorger in Großbritannien, die aber alle ebenfalls Preissteigerungen beschlossen oder angekündigt haben. Nicht nur der Normalverbraucher, sondern auch die Wirtschaft stöhnt über die Preiserhöhungen. Der Vorsitzender des Bundes kleiner Unternehmen (FSB): “Die heutige Preiserhöhung durch British Gas in dreifacher Höhe der Inflationsrate ist eine Schande. Es wird viele Haushalte hart treffen, in einer Zeit in der sie sich das nicht leisten können. Mehr als 40% der kleinen Unternehmen werden von Britisch Gas versorgt und die Erhöhung der Energiepreise verteuern für uns die Produktionskosten noch mehr”.
Der britischen Regierung fällt dazu nicht viel ein. Ministerpräsident Cameron empfiehlt, den Stromversorger zu wechseln, denn offiziell ist der britische Energiemarkt liberalisiert. Die Labour-Partei in der Opposition tritt für ein Einfrieren der Energiepreise ein. Es wird ungemütlich kalt werden in vielen Haushalten diesen Winter. Vielleicht gibt das aber in der Tat ganz im Sinne des British Gas-Sprechers Peters einen Anschub zu einer effizienteren Nutzung der Energie. Der Gebäudepark Großbritanniens ist miserabel gedämmt und auf Energieverschwendung ausgelegt. 2004 sollen noch 30,23% des landesweiten Energieverbrauchs auf Heizung, Heißwasser, Beleuchtung Kochen und Haushaltsgeräte entfallen sein. 1970 hatten nur 31% der Haushalte eine Zentralheizung. 2003 waren es bereits 92% der Haushalte mit der Folge, dass die durchschnittliche Temperatur in den Wohnräumen von 12,1° auf 18,2° C stieg. Damit wurde eine in Gang gesetzte, aber lang noch nicht ausreichende Wärmedämmung der Häuser durch den Mehrverbrauch wieder ausgeglichen.
Informationsquelle
David Cameron urges people to switch from British Gas after energy giant announces inflation-busting price hike for 7.8 million customers – The Independent
Energy efficiency in British housing – Wikipedia