Brit Marling führt uns in „The OA“ in geheimnisvoll-fremde Sphären

Die beiden Namen Zal Batmanglij und Brit Marling gehören bereits seit vielen Jahren zusammen. Rein geschäftlich, versteht sich. In 2011 haben sie gemeinsam Sound Of My Voice geschrieben, in 2013 The East. Batmanglij hat zugleich immer die Regie für diese Filme übernommen, Brit Marling die Hauptrolle gespielt. Die gemeinsame, kreative Kraft dieser beiden Filmverliebten wandert nun mit der Sci-Fi Serie The OA zu Netflix. Ganz einfach, weil sie schon immer ihr eigenes Ding gemacht haben, fernab von irgendwelchen Hollywood-Standards. Das merkt man auch in dieser acht Episoden starken Serie, die am 16. Dezember 2016 veröffentlicht wurde.

In der Serie wird die Geschichte von Prairie Johnson erzählt. Das blinde Mädchen war sieben Jahre lang spurlos verschwunden, ohne dass ihre Eltern Abel (Scott Wilson, der liebenswürdige Hershel in The Walking Dead) und Nancy (Alice Krige, die Borg-Königin in Star Trek: Der erste Kontakt) je die Hoffnung darauf hatten, ihre Tochter zurück zu bekommen. Dann kehrt sie aber doch wieder heim. Ihre Sehkraft ist vollkommen wieder hergestellt und sie trägt merkwürdige Male am Rücken. Für eine kleine Gruppe von Menschen ist Prairie ein wahres Wunder, während andere glauben, hinter ihrer Heilung steckt ein gefährliches Geheimnis. Prairie will sich aber weder ihren Eltern, noch dem FBI anvertrauen. Sie spricht mit ihrem kleinen Zirkel von an Wunder glaubenden Menschen.

Selten ist man emotional so schnell an einer Serie festgewachsen wie bei The OA. Vor allem da die Netflix-Produktion recht schnell das Wiedersehen der lang vermissten Tochter mit ihren Eltern ausspielt und alle Darsteller wunderbar in ihren Rollen aufgehen. Die Trauer der vergangenen sieben Jahre trifft auf die Freude des Zusammenfindens. Wenn man das schauspielerisch zu spüren bekommt, dann ist es schon um einen geschehen.

The OA

Brit Marling in The OA

In einer anderen Richtung der emotionalen Skala schafft es The OA aber auch hart und blutig zu sein. Nicht oft, aber wenn, dann richtig. Prairie trifft in einem Moment auf einen nicht sehr freundlich gesonnenen Hund, der sie auch sogleich attackiert. Die Bilder regen zum Weggucken an. Aber wer den Blick auf der Szene behält, wird den absonderlichen Ablauf zu sehen bekommen, mit dem dieser Angriff von statten geht. Mit solcherlei Momenten kreiert die Serie eine Atmosphäre, die höchste Schock-Aufmerksamkeit aufkommen lässt.

Hinzu gesellt sich wunderbare Kameraarbeit durch Lol Crawley. Er zeigt die Handlung teilweise spirituell angehaucht, leicht verträumt, dann aber doch wieder – wie die Handlung selbst – in realer Härte. Auch wenn kaum merklich, sollten seine Kamerafahrten beachtet werden. Wenn wir aus der Ferne auf ein Haus zugleiten, wirkt das absolut sinnlich, schön, harmonisch, als würden wir selbst gerade auf das Ziel zuschweben. So sorgt er hier nun also dafür, dass wir nicht nur von der Handlung immer weiter in die Geschichte hinein gezogen werden, sondern uns auch Folge für Folge an neuen Bilder erfreuen können, die uns ebenso sehr an der Story teilhaben lassen.

Einfach wie genial ist derweil Crawleys Kamera, wenn wir Prairie noch als blindes Kind und Mädchen erleben. Dann bleibt er ganz dicht an der Schauspielerin dran, so dass das Bild nichts von ihrem Umfeld einfangen kann. Hierdurch bekommen natürlich auch wir nichts weiter zu sehen als ihr Gesicht und werden damit fast schon Teil ihrer Blindheit.

Brit Marling spielt Prairie dabei absolut einfühlsam. Aber so wirkt sie in jeder ihrer Rollen. In Another Earth taucht auf einmal eine zweite Erde am Himmel auf und eigentlich sollte alles in heller Aufregung sein. Aber Brit Marling spielt eine Studentin, die sich vor diesem Sci-Fi Spektakel mit einem alten Komponisten anfreundet. Auch hier (Brit Marling hat das Drehbuch zum Film mitgeschrieben) geschehen große Dinge lediglich als Randerscheinung. Marling hat ein Faible für noch viel größere Dinge, die sich dann aber eher im Inneren eines Menschen abspielen, ganz gleich was im Drumherum geschieht.

The OA

Jason Isaacs bei der Arbeit in The OA

Keine starke Heldin ohne einen ebenso starken Antagonisten. In diesem Fall übernimmt diesen Part Jason Isaacs, vermutlich erst spät durch seine Rolle als Lucious Malfoy in den Harry Potter-Filmen zu Bekanntheit gekommen. Hier ist er Dr. Hunter Hap, ein charmanter Gentleman, der allerdings eine unmenschliche Arschloch-Ader in sich stecken hat. Seine Forschungen verlangen es, dass er auf Menschenjagd geht, was die Serie sehr deutlich in seinem Namen widerspiegelt: “Hunter” = der Jäger, “to hap” = etwas einfangen.

Wer sonst könnte einen so finster zwielichtigen Schurken spielen, als ein Mann, der seine Stimme in regelmäßigen Abständen für Animationsfilme (Lex Luthor in Justice League: Gods and Monsters, Ra’s Al Ghul in Batman: Under the Red Hood, Sinestro in Green Lantern: Emerald Knights) und Videospielen (Satan höchstpersönlich in Castlevania: Lords of Shadow 1+2) in ebensolchen Rollen zum Einsatz bringt?

Man muss sich wage halten darüber, was wirklich in The OA vor sich geht. Das würde den Spaß nehmen, Folge für Folge mehr zu erfahren und am Ende jeder der Episoden zu denken, man wüsste worum es geht, nur um mit der nächsten Folge eines besseren belehrt zu werden. Es ist ein bisschen Science Fiction, aber auch ein kleiner religiöser Touch. Es ist auch ein Stück Fantasy, ebenso wie die hauseigene Serie Stranger Things. Auch der Film Raum mit Brie Larson und Jacob Tremblay findet sich irgendwo in The OA wieder. Und dieser Mix wird dann mit einem imposanten Finale beendet, mit dem man auch gleich noch ein real-weltliches Problem anspricht.

The OA gibt uns ein starkes Drehbuch, bei dem man zum ersten Mal merkt, wie ein Konzept wirklich nicht im Kino funktioniert hätte. Die Serie gibt uns wunderschöne Kameraarbeit und Darsteller und Darstellerinnen, die wirklich in der Handlung aufgehen und sie mitleben. Das bekommen wir in jeder einzelnen Folge zu spüren.


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