Wenn es zwischen den Staaten um Klimaschutz geht, mussten wir schon zu viel von Stillständen und Rückschlägen berichten. In der multipolaren Welt wartet man wechselseitig lauernd ab, um keinem Gegner im wirtschaftlichen Rennen Vorteilsmomente in der globalen Hackordnung zu verschaffen. Inmitten der scheinbar immer zerklüfteter erscheinenden Konstellationen hat nun U.S.-Präsident Obama ein Klimaschutz-Konzept vorgelegt – Zeit für HOPE? Nachdem ich mir die routiniert, aber leidenschaftslos vorgetragene Rede an der Georg Washington Universität bereits am 25. Juni im Stream zu Gemüte gezogen hatte, bin ich nun heute dazu gekommen, das Konzept zu sichten. Zunächst sticht mir die gelungene Infografik positiv ins Auge, die mit einem klassischen Konzept-Dokument hinterlegt ist. Nun zu den Inhalten:
Die Schreiber für das Weiße Haus beginnen mit einer Herleitung nach dem anerkannten Stand des Wissens bezüglich der Klimaforschung. Auch Zusammenhänge zu den bereits häufiger gewordenen extremen Wetterereignissen werden hergestellt. Derzeit lassen sich über 50 Grad Celsius in mehreren Bundesstaaten messen, und auch unsere soeben überstandene Hochwassersituation ist ein klarer Hinweis auf bereits vorhandene, sicht- und spürbare Klimafolgen. Der Handlungsbedarf zum Klimaproblem wird von Obama richtig benannt – eigentlich selbstverständlich für verantwortungsbewusste Haltungen. In den USA hatte der Sturm „Sandy“ den Klimaschutz wieder auf die Agenda gepustet. In Deutschland spricht man hingegen auch nach dem Hochwasser nicht mehr über die Klima-Erwärmung. Stattdessen stochert man ausschließlich über Preisargumente in der Wunde Existenzangst. Diese Diskussion sollte uns dazu bringen, die Preise zu optimieren und die Kosten mit Augenmaß zu verteilen. In keinem Fall aber darf das Ziel eines klimaneutralen Energiesystems abgeschwächt werden.
Mit Verordnungen aus dem gelähmten Parlament
Zurück in die USA und zu den Maßnahmen, durch die Präsident Obama nun Fortschritte erzielen will. Obama will die Maßnahmen über Verordnungen durchsetzten. Damit umgeht er das Patt der beiden Parteien im Senat und im Repräsentantenhaus. Ernsthafte Reformen wie ein Emissionshandel würden dort leicht durch Klimaskeptiker und Parteispiele blockiert werden. Folgende Ansätze sind geplant:
Strengere Grenzwerte für Kraftwerke: Die EPA muss neue CO2-Emissions-Standards für neue und existierende Kraftwerke erarbeiten, was größtenteils Kohlekraftwerke betrifft.
Ausbau „sauberer Energien“: Obama will die erneuerbare Elektrizität bis 2020 verdoppeln. Dafür muss das Militär bis 2025 drei GW Erneuerbare installieren. Ebenfalls müssen bis 2025 100 MW erneuerbare Energien an öffentlichen Häusern installiert sein. Ebenfalls unterzeichnete er eine Anweisung zur Beschleunigung des Netzausbaus und der Netzmodernisierung.
Im 2014 Budget plant Obama staatliche Bürgschaften in der Höhe von sechs Milliarden Euro für “emissionsfreie Technologien”, wozu in der US-Regierung auch Kernkraft und Clean Coal gezählt werden.
Mobilität: Derzeit werden nach einer für Amerikaner bereits starken Effizienzsteigerung neue „Fuel Standards“ erarbeitet, die ab 2018 gelten sollen.
Vermeidung von Energieverschwendung: Obama will die Energieproduktivität in dem Zeitraum von 2010 bis 2030 verdoppeln. Dazu soll die Energieeffizienz in Industrie- und Gewerbe bis 2020 um 20% steigen. Dafür stellt er in zwei Departments Anreize in Höhe von 250.000.000 Dollar zur Verfügung.
Reduzierung weiter Treibhausgase: Das Umwelt- und das Landwirtschafts-Department erarbeiten eine Methan-Strategie. Im Rechtsrahmen des „Clean Air Act“ sollen Investments in klimafreundlichere Chemikalien unterstützt werden.
Die öffentliche Hand soll vorbildlich vorangehen. Bis 2020 sollen 20% des Stroms in öffentlichen Institutionen aus erneuerbaren Quellen kommen.
Steuersubventionen für fossile Brennstoffe streichen: Ab 2014 sollen Steuersubventionen für fossile Brennstoffe komplett gestrichen werden, was eine der Stärken in diesem Konzept ist. Damit wird die Wettbewerbsfähigkeit der Erneuerbaren gesteigert.
Über diese Maßnahmen hinaus will man die Welt in globale Verhandlungen führen, was bisher nicht gelungen war. Ebenfalls wird eine Reihe von Schritten zur Klimafolgen-Anpassung beschrieben.
Es ist ein „Besser-als-gar-nichts“-Schritt, den Präsident Obama vorgelegt hat. Mir erscheint es „das (für die USA) politisch Mögliche“ zu sein, aber nicht das Nötige, um eine „Energiewende“ zu erreichen. In den Staaten ist dies ein überaus schwieriges Thema, weshalb es einen schon freut, dass überhaupt ein Plan vorgelegt wurde. Auch in China kann man Fortschritte verzeichnen. Der Plan scheint mir nicht der große „erste Schritt“ zu sein, mit dem eine Einigung auf globaler Ebene möglich ist. Auf diese Einigung zu warten, dürfte ohnehin müßig sein. Besser ist es, umgehend loszulegen – genau an dem Ort, wo man ist und mit exakt den Möglichkeiten, die man hat. Leicht kann man vorwerfen, dass geostrategische Interessen vor globale Interessen gestellt werden. Aber ist es nicht das Gleiche, wenn in einem Dorf das Windrad vor der eigenen Tür abgelehnt wird und zugleich die Energiewende befürwortet wird? Es ist keine Zeit, die Verantwortung anderen zuzuschieben. Und genau dies passiert auf der internationalen politischen Bühne. Das Gegenteil kann im November bei der 13. Klimakonferenz in Polen bewiesen werden. Beeinflussen wir unsere Politiker dahingehend, dass dies gelingt!
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