Quelle: Helmut Mühlbacher
Ihr Lieben,heute Abend möchte ich Euch eine Geschichte von Gianni Rodari erzählen:
„Brif, Bruf, Braf“
In einem Hof spielten zwei Kinder ein lustiges Spiel. Sie dachten sich eine ganz besondere Sprache aus, in der sie miteinander reden konnten, ohne dass andere Leute eine Silbe davon verstanden. "Brif, braf", sagte der Erste.
"Braf, brof", antwortete der Zweite. Und dann lachten beide ganz toll.
Im oberen Stockwerk des Hauses saß ein alter Herr auf dem Balkon und las seine Zeitung. Im Haus gegenüber lehnte eine alte Frau zum Fenster hinaus, die weder gut noch schlecht war.
"Was sind das nur für dumme Kinder, die zwei da unten", sagte die Frau.
Aber der alte Herr war nicht ihrer Meinung:"Das finde ich nicht."
"Sagen Sie nur nicht, dass Sie verstanden hätten, was sie eben gesagt haben."
"Doch, ich habe alles verstanden.
Der Erste sagte: "Was für ein herrlicher Tag heute."
Und der Zweite antwortete: "Morgen wird's noch viel schöner."
Die alte Frau rümpfte die Nase, schwieg aber still, weil die Kinder unten im Hof wieder angefangen hatten, sich in ihrer Geheimsprache zu unterhalten.
"Maraschi, barabaschi, pfiffirimaschi", sagte der Erste;
"Bruf", antwortete der Zweite. Und wieder brach ihr tolles Gelächter los.
"Wollen Sie das auch verstanden haben?", rief die alte Frau erbost ihrem Nachbarn zu. "Sicher", antwortete der alte Herr lächelnd. " Der Erste hat gesagt: "Wie sind wir doch froh, dass wir auf der Welt sind!"
"Und der Zweite hat ihm geantwortet: "Die Welt ist ganz wunderbar!"
"Aber ist sie wirklich wunderbar, die Welt?" bohrte die alte Frau weiter.
"Brif, bruf, braf", antwortete der alte Herr.“
Ihr Lieben,
in meiner Kindheit hatte ich eine kleine Freundin, Franziska. Sie war sieben Jahr alt und ich acht Jahre. Stundenlang haben wir uns die Zeit damit vertrieben, in der sogenannten Räubersprache zu sprechen, die übrigens aus den Kalle-Blomquist-Büchern von Astrid Lindgren stammte und die von den Erwachsenen sehr schwierig zu verstehen war.
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Dabei wurde jeder Konsonant verdoppelt und ein „o“ dazwischengesetzt. Die einzelnen Wörter wurden dadurch sehr lang und ganze Sätze zu sprechen war für uns recht schwierig. „Ich gehe heute alleine zum Training!“ wird dann zu „Icochoh gogehohe hoheutote zozumom Totrorainoninongog!“Später haben wir uns einen Spaß damit gemacht, alle Namen, die wir kannten, von hinten nach vorne zu lesen. In meiner Schulklasse hatte ich einen Mitschüler, der hieß „Ludwig Sarlette“. Wir haben seinen Namen von hinten nach vorne gelesen und daher hieß er bei uns nur „Giwdul Ettelras“.
Später, als ich mit meinem Jugendfreund Hans-Christoph befreundet war, haben wir an Geburtstagen manchmal einen Sketch aufgeführt. In diesem Sketch wurde viel geredet und das Besondere war, dass an jeder Stelle, an der ein „a“ stand, nun ein „u“ ausgesprochen wurde.
Damit haben wir manche Geburtstagsgesellschaft zum Lachen gebracht.
Ein Satz wie der folgende: „Die Patentante lachte laut und brachte uns in ihrer Tasche zwei Hasen mit“, lautete dann „Die Putentunte luchte luut und bruchte uns in ihrer Tusche zwei Husen mit."
Ich habe mich schon oft gefragt, warum Kinder so gerne Geheimsprachen benutzen.
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Es gibt mehrere Gründe dafür:Kinder möchten gerne ihre kleinen eigenen Geheimnisse haben und mit ihrer Geheimsprache etwas vor den Erwachsenen verbergen.
Ich glaube, dass jeder Mensch, ob Kind oder Erwachsener, das Recht hat auf seine kleinen eigenen Geheimnisse und das sollten wir auch akzeptieren und vor allem respektieren.
Der zweite Grund ist, dass Kinder durch eine Geheimsprache den Kontakt zu einem Freund, einer Freundin besonders eng gestalten wollen.
Entscheidend dabei ist jedoch, dass unsere Kinder und Enkelkinder Kontakt zu anderen Kindern haben, denn wer Tag für Tag alleine vor dem Computer oder Fernseher sitzt, braucht keine Geheimsprache, weil er niemanden hat, mit dem er sie benutzen könnte.
Für unsere Kinder und Enkelkinder ist ebenso wie für uns der Kontakt zu realen Menschen ganz besonders wichtig. SchülerVS und Facebook sind wunderbare Netzwerke, aber sie dürfen in unserem Leben nicht an die Stelle der realen Begegnungen mit lebendigen Menschen treten.
Mein Großvater sagte immer einen guten Satz: „Jedes Ding zu seiner Zeit“.
So sollte es auch in unserem Leben und dem Leben unserer Kinder und Enkelkinder sein:
Eine Zeit für den Computer und ein soziales Netzwerk und eine Zeit für unsere Freunde, unsere Lieben im realen Leben.
Der dritte Grund, warum Kinder gerne Geheimsprachen benutzen, ist die den Kindern innewohnende Neugier, das Interesse an allem Neuen. Dieses Interesse am Neuen äußert sich auch in tiefer Freude und oft schallendem Gelächter.
Und diese Freude am Neuen, die sollten wir unseren Kindern und Enkelkindern erhalten. Wir können diese Neu-gier, dieses Interesse an Neuem als Eltern und Großeltern auch aktiv unterstützen, indem wir mit unseren Kindern und Enkelkindern etwas unternehmen, z.B. einen Zoo besuchen, ein Aquarium, eine Wanderung unternehmen – der Phantasie sind keine Grenzen gesetzt!
Das Tolle dabei ist, dass wir Erwachsenen, wenn wir bei diesen Unternehmungen nicht die Richtung vorgeben, sondern uns auf den Wissendrang und die Neugier unserer Kinder und Enkelkinder einlassen, selbst viel noch dazu lernen können. Da öffnen sich uns Welten, von denen wir glauben, sie seien uns bereits ganz entschwunden.
Ihr Lieben,
ich wünsche Euch nun ein fröhliches Wochenende und grüße Euch ganz herzlich aus Bremen mit einem fröhlichen Brif, bruf, braf!
Euer fröhlicher Werner
Quelle: Karin Heringshausen