Ein Gastartikel von Sophia Lierenfeld. Passend zu den etwaigen weihnachtlichen “Unruhen” mit der Familie in den letzten Wochen.
Weihnachten, das ist Familienzeit. Alle sitzen bei einem leckeren Festmahl beisammen, es wird gemeinsam gesungen und die Kinder packen mit leuchtenden Augen ihre Geschenke aus. Besinnlich ist es, wir verbringen den Tag mit denen, die wir am meisten lieben. Harmonie und der Duft nach Lebkuchen liegen in der Luft… theoretisch. Tatsächlich kommen in den Weihnachtsfeiertagen ein Drittel mehr Menschen wegen Herzinfarkten ins Krankenhaus als an jedem anderen Tag im Jahr. Weihnachtsstress, so heißt es, ist die Ursache. Vom Schmücken des Christbaums, bis hin zum Geschenke kaufen, Jahresfinanzabschluss und Hausputz… Ganz besonders anstrengend aber ist oft die liebe Familie selbst.
Jede Familie ist ein System.
Mit eigenen Regeln, eigenen Verhaltensmustern, eigenen Werten, eigenen Glaubenssätzen und einer eigenen Rollenverteilung. Wir sind in diesen Systemen aufgewachsen, haben darin gelernt, wie die Welt funktioniert, was Familie bedeutet, wie Beziehungen laufen müssen. Ganz besonders haben unsere Eltern uns bereits im Kleinkindalter vermittelt, was für Menschen wir sind. Hat man uns viel Liebe und Vertrauen entgegengebracht, so fühlen wir uns wertvoll, stark, liebens-wert. Wurden wir für Probleme verantwortlich gemacht und mit viel Druck erzogen, so haben wir eher das Gefühl, von der Welt nicht angenommen zu werden, im Weg zu sein.
Jede Familie ist ein System. Und Systeme können sich ändern.Zitat twitternGeprägt in der Kindheit
Mit unserer Reaktion auf das Bild, welches unsere Eltern uns von uns selbst mitgeben, entsteht unsere Rolle in unserem System „Familie“. Sind wir eher der Störenfried? Das schwarze Schaf, welches sich auflehnt? Die verantwortungsbewusste Tochter, die immer auf die Geschwister aufpasst? Der erfolgreiche Sohn mit dem großen Herzen? Die, die es dem Papa immer Recht machen möchte und dabei scheitert? Der, der immer nur Vorwürfe macht? Die Rolle, an die man sich in der Kindheit gewöhnt hat, nimmt man leicht mit ins eigene Erwachsenen-Leben, wenn man nicht aufpasst. Die Frau, die von ihrem Vater nie geliebt wurde, findet sich nicht selten an der Seite eines Mannes wieder, der nie gelernt hat, zu lieben und sie stattdessen mit Kälte behandelt. Der Mann, der immer wieder gehört hat, dass er nichts auf die Reihe bekommt und nur versagt, ertappt sich nicht selten dabei, seine beruflichen und privaten Chancen zu boykottieren.
Oft fühlen wir uns in unseren Rollen als Opfer der Umstände. Und werden selbst zu Tätern gegen andere, ohne es zu merken, weil wir uns emotional in einer Verteidigungshaltung befinden, aus der heraus wir angreifen. Denn die Rollen, welche wir in unserer Kindheit angenommen haben, mit all ihren Glaubenssätzen und Verhaltensmustern, sind nicht groß genug für die Menschen, die wir heute sind. Wenn sie nicht mit gewachsen sind und sich entwickelt haben, engen sie uns ein und das tut weh. Es wird Zeit, solche alten Rollen los zu lassen und zu den Menschen zu werden, als die wir gemeint sind.
Stabilität vs. Veränderung
Das System wird von innen heraus stabil gehalten. Möchte einer sich ändern, so hätte dies eine komplett neue Rollenverteilung zur Folge und das macht den anderen oft Angst. Der Druck wird unterbewusst erhöht, die Rolle zementiert, damit alles beim Alten bleiben kann. Weil das sicherer ist. Bekannt. Nicht alles, was innerhalb eines Familiensystems als wahr und gerecht betrachtet wird, muss auch tatsächlich wahr und gerecht sein. Manches dient nur dem Zweck, die gewohnte Rollenverteilung zu erhalten. Und das funktioniert, denn wir haben unsere Rollen von klein auf verinnerlicht und sehen die Welt durch ihre Augen.
Damit wir uns von den Systemen unserer Eltern lösen können, benötigt es deswegen Abstand. Sowohl weniger Kontakt als auch tatsächlichen räumlichen Abstand.
Und die Bereitschaft, uns den Glaubenssätzen und Verhaltensmustern zu stellen, welche wir schon so lange im Gepäck haben. Wir müssen Altes loslassen und Neuem Platz einräumen. Aufhören, innerhalb des Systems zu funktionieren und anfangen, zu leben. Schaffen wir es nicht, uns zu lösen, so werden unsere eigenen Familiensysteme nicht selten zu Kopien der Systeme, in denen wir aufgewachsen sind und wir versuchen, andere in ihren Rollen zu halten, damit das Gefüge nicht zusammen bricht.
Gesunder Egoismus
Manchmal kann Egoismus das Beste für alle Beteiligten sein.Zitat twitternWenn ich mich darum kümmere, dass ich das bekomme, was ich möchte, übernehme ich auch die Verantwortung für meine Wünsche. Das ist gesunder Egoismus – insbesondere, wenn es um die Menschen geht, die einem nahe stehen. An die richten wir nämlich oft unmögliche Erwartungen. Diese Erwartungen verschwinden, wenn wir stattdessen selbst die Verantwortung übernehmen und nicht von anderen fordern, sich um unsere Bedürfnisse zu kümmern.
Wir alle haben ein Bild in unserem Kopf, wie eine perfekte Familie oder eine gute Beziehung aussehen muss, wie unser eigenes System Familie funktionieren soll. Dieses Bild beinhaltet Verhaltensweisen der anderen, die zum Bild gehören. Also der Eltern, der eigenen Kinder, der Geschwister oder des Partners. Wenn wir daran festhalten und somit die Menschen, die uns wichtig und nahe sind, in unsere Vorstellungen und Pläne mit einbeziehen und versuchen, sie in unsere perfekten Fiktion einzufügen, kann das auf den ersten Blick aufopfernd wirken. In Wahrheit steckt ein ungesunder Egoismus dahinter, welchen anderen etwas aufzwingt.
Wenn eine Mutter möchte, dass alle ein harmonisches Weihnachtsfest miteinander verbringen, klingt das zunächst selbstlos. Tatsächlich steckt oft ihr eigenes Bild einer perfekten, harmonischen Familie dahinter und dieses besagt, dass alle am Festtag freudig beisammen sitzen sollen. Wer herausfällt und vielleicht mit eigenen Problemen ankommt oder einfach nur schlechte Laune hat, bekommt das in den meisten Fällen zu spüren. Häufig wird derjenige unterbewusst terrorisiert, damit er sich einfügt: Er soll doch gefälligst einfach nur glücklich sein! Dieser Terror kann möglicherweise sogar sein negatives Selbstbild des immer schlecht gelaunten Außenseiters weiter bestätigen und festigen.
Was kannst du tun?
Meist sind unsere Bilder viel zu klein für die Menschen, die wir in sie malen wollen. Sind wir hingegen auf eine gesunde Art und Weise egoistisch und schaffen es, uns vom System abzukoppeln und uns selbst auf unsere Wünsche und Bedürfnisse zu konzentrieren, dann hören wir automatisch damit auf, andere mit unseren Erwartungen einzuengen. Somit tun wir nicht nur uns selbst etwas Gutes, sondern allen in unserem Umfeld. Wir ermöglichen nicht nur uns selbst, ein Leben nach eigenem Standard zu führen, sondern geben auch den anderen die Chance, ihre Standards heraus zu finden und ihre eigenen Entscheidungen zu treffen, ohne sich nach uns richten zu müssen.
- Welche Rolle spielst Du in Deiner Familie?
- Was für ein Bild haben Deine Eltern von Dir?
- Wie wurdest Du als kleines Kind behandelt?
- Wen hast Du Dir als Partner gewählt?
- Wie stellst Du Dir die perfekte Beziehung vor? Und die perfekte Familie?
Erst, wenn wir nicht mehr Teil des Systems sind und es ganz klar mit Abstand betrachten können, die einzelnen Rollen verstehen und mit ihnen mitfühlen können, ohne uns persönlich betroffen zu fühlen, sind wir nicht mehr von der Bewertung, Absolution und Anerkennung unserer Eltern (und später unserer Partner) abhängig. Und nur ohne diese Abhängigkeit ist es möglich, das Leben zu führen, welches wir tatsächlich führen wollen und welches uns entspricht. Erst in der Unabhängigkeit von alten Rollen können wir auch unsere perfekten Bilder und Systemvorstellungen hinter uns lassen und uns frei entfalten. Und dann den Menschen in unserer Nähe genug Raum und Entscheidungsfreiheit geben, sodass sie frei wählen können, ob sie sich aus ihren eigenen Rollen und Systemen lösen wollen – oder nicht.
Über Sophia:
Sophia Lierenfeld ist mit www.SophiaLierenfeld.de als Personal Coach mit Schwerpunkt auf den Bereichen Flirten, Liebe, Selbstfindung und Partnerschaft tätig. Ihre Coachings und Seminare sind individuell auf die einzelnen Teilnehmer zugeschnitten, so dass sich persönliche Ängste und Blockaden lösen und jeder seinen eigenen Flirt-Stil entwickelt. Sophia setzt sich dafür ein, Missverständnisse zu vermeiden und Konflikte zu lösen, um Männer und Frauen einander wieder näher zu bringen.
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