- Das „Pokerspiel“ David Camerons
Im Januar 2013 gab der britische Premierminister David Cameron das Versprechen, ein erneutes Referendum über Großbritanniens Verbleib in der EU zu ermöglichen. Dies war vor allem innenpolitisch motiviert. Er versprach nämlich, Großbritanniens Position in der EU neu zu verhandeln sowie bis Ende 2017 ein Referendum zu ermöglichen, sofern die Tories bei den Parlamentswahlen 2015 die Mehrheit erreichten und er selbst als Premierminister wiedergewählt werde.1
Hat Cameron damit riskant gepokert und Großbritanniens Zukunft in der EU leichtsinnig aufs Spiel gesetzt, obwohl er selbst nie zu den Befürwortern eines Austritts gehörte? Als Cameron das Referendum versprach, herrschte eine andere, deutlich positivere Stimmung in Bezug auf die EU-Politik als es heute der Fall ist. Die Migrationsfrage beispielsweise, welche zuletzt insbesondere die Kampagne der Brexiteers befeuerte, drängte sich damals noch nicht so sehr auf. Es ging in erster Linie darum, bei Aufrechterhaltung der Mitgliedschaft eine – aus Sicht der Briten – verbesserte Position auszuhandeln. Die EU-Mitgliedschaft per se wurde lange nur von einer Minderheit, wie zum Beispiel schon seit langem von der United Kingdom Independent Party, kurz UKIP, zum Leidwesen der Briten erklärt.
Es wäre schließlich wohl überzogen zu behaupten, dass Cameron leichtsinnig gehandelt hat. Vierzig Jahre nach dem letzten Referendum war es vielleicht auch wichtig für die Demokratie, das Volk über die Rolle Großbritanniens in der EU entscheiden zu lassen. Dass Cameron das Risiko eines Austritts in Kauf genommen hat, um seine eigene Machtposition und die seiner Partei zu stärken, könnte man ihm trotzdem vorwerfen.