„Brexit“ oder „Bremain“ – wie ein Referendum das Vereinigte Königreich spaltet – Teil 1/3

 Should the United Kingdom remain a member of the European Union or leave the European Union?

Die Abstimmung über diese Frage wurde am vergangenen Donnerstag der britischen Bevölkerung überlassen, die mit 52% der Stimmen mehrheitlich für den sogenannten Brexit stimmte. Die Wahlbeteiligung lag bei ca. 70%.

Befürworter und Gegner eines Austritts Großbritanniens aus der Europäischen Union lieferten sich bis zum Schluss einen erbitterten und zumeist von Emotionen geprägten Wettstreit über die (politische) Zukunft ihres Landes. Und nun, nach der Abstimmung, erreichen diese Diskussionen einen neuen Höhepunkt.

Aus gegebenem Anlass möchte ich in diesem Beitrag erklären, wie es zu dem Referendum kam und seine möglichen Folgen für Großbritannien und die EU aufzeigen.

  1. Das besondere Verhältnis der Briten zur europäischen Gemeinschaft

Um die Brexit-Debatte besser nachvollziehen zu können, lohnt ein Blick zurück zu den Anfängen. Denn schon der Beitritt des Vereinigten Königreichs zur Europäischen Gemeinschaft (EG), welcher am 1. Januar 1973 vollzogen wurde, war umstritten, sowohl intern als auch extern.

Bereits 1961 und damit zwölf Jahre vor seinem Beitritt reichte Großbritannien gemeinsam mit Irland und Dänemark sein erstes Beitrittsgesuch zur Wirtschaftsgemeinschaft der sechs, Deutschland, Frankreich, Italien und die Benelux-Staaten, ein. Die Verhandlungen scheiterten nach anderthalb Jahren am Veto des französischen Präsidenten Charles de Gaulle, der die wirtschaftliche und politische Einheit der Kontinentalstaaten durch einen Beitritt Großbritanniens gefährdet sah. Auch sechs Jahre später, 1967, war es wieder das Veto De Gaulles, welches den Großbritanniens unmöglich machte. Erst 1969, nach dem Rücktritt De Gaulles, und unter Präsident Georges Pompidou änderte sich die Haltung Frankreichs und die sechs EG-Staaten beschlossen die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen mit allen beitrittswilligen Ländern.

Als 1970 der Konservative Edward Heath, ein von Europa begeisterter Politiker, überraschend zum britischen Premier Minister gewählt wurde, hatten die Beitrittsverhandlungen gerade begonnen. Doch wie viel sollte ein Beitritt die Briten kosten und auf welche Handelsprivilegien, die das Empire mit seinem Commonwealth erlangt hatte, sollte es zugunsten einer Zugehörigkeit zur EG verzichten? Die internen Debatten spalteten die Politik und die Bevölkerung in Großbritannien. Trotzdem kam es bereits 1971 zur endgültigen Abstimmung im Parlament, das Volk wurde – anders als zum Beispiel in Dänemark und Irland – nicht an der Beitrittsentscheidung beteiligt. Fühlte sich die britische Bevölkerung in dieser so wichtigen Frage übergangen? Vermutlich ja.

Die Ölkrise der frühen siebziger Jahre und das damit einhergehende sinkende Wirtschaftswachstum trafen Großbritannien unmittelbar nach seinem Beitritt zur EG und trugen damit ihr Übriges zur Europa-Skepsis der Bevölkerung bei. Im Juni 1975 kam es zu einem ersten Referendum bei dem überragende 67,2 Prozent sich für den Verbleib Großbritanniens in der Europäischen Gemeinschaft aussprachen.1 Die eher kritische Haltung blieb allerdings bestehen. Eine der größten Europa-Kritikerinnen der Briten war in den Folgejahren die sogenannte „eiserne Lady“ Margaret Thatcher2, die erste und bisher einzige weibliche Premier Ministerin Großbritanniens. Sie sah in der Politik der Europäischen Gemeinschaft eine Gefahr für die Souveränität des Vereinigten Königreichs.


  1. http://www.zeit.de/2013/06/Grossbritannien-EU-Beitritt-Geschichte/komplettansicht  
  2.  1925 † 2013, Premier Ministerin von 1979-1990; Empfehlung: „Die eiserne Lady“ Film 2012.  

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