Bretagne 2015 – 8. Tag: Von Zauseln, Spaziergängen und Wunsch-Feen

Von Christianhanne

Wache morgens kurz nach 7 Uhr auf und danke Wettergott und Wetter-App auf den Knien: Es regnet und stürmt. Das heißt, der vom Bonner Freund gestern Abend angeregte 16/17-Kilometer-Lauf nach Pont Croix muss leider entfallen. Wie bedauerlich!

Esquibien bei Regen. Mal wieder.

Öffne drei Stunden später erneut die Augen. Nach Adam Riese, der immer herhalten muss, wenn einfachste Rechenoperationen korrekt ausgeführt wurden, ist es jetzt 10 Uhr. Im Haus schlafen alle anderen noch. Kontrolliere kurz, ob die Kinder noch atmen. Glücklicherweise sind sie wohlauf und schlummern tatsächlich noch friedlich.

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Gehe ins Bad und mustere mich im Spiegel. Ein ungekämmter, sonnengebräunter Zausel mit struppigem Bart schaut mich an. Etwas verwahrlost, jedoch nicht vollkommen unsympathisch. Zumindest in meinen Augen.

Habe in den Spiegel geschaut und das Spiegelbild sagte: „Für die einen ist es Urlaub, für die anderen ‚The Return of the Zausel‘.“

— Familienbetrieb (@Betriebsfamilie) 26. Juli 2015

Unter normalen Umständen wäre es angebracht, mal wieder den Kamm zu bemühen und das Gesichtshaar ein wenig zu trimmen. Aber es ist Urlaub und im Urlaub gebe ich mich gerne als leicht zerzauster, entrückter Intellektueller. Visuell gelingt mir das schon ganz gut. Und so lange ich den Mund halte.

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Nach unserem späten und dennoch ausgiebigen Frühstück hört es auf zu regnen. Das Wetter ist trotzdem zu windig und unbeständig, um an den Strand zu gehen. Die Eltern beschließen gemeinschaftlich, dass wir alle zusammen einen ausgedehnten Spaziergang Richtung Audierne unternehmen. Die Kinder sind hellauf begeistert und bringen dies durch heruntergezogene Mundwinkel, hängende Schultern und schlurfende Schritte zum Ausdruck. Die Stimmung bei der Meuterei auf der Bounty kann kaum besser gewesen sein.

Als wir eine Weile unterwegs sind, fragt die Tochter, was ich sagen würde, wenn mir eine gute Fee begegnete und ich drei Wünsche frei hätte. Möchte Zeit gewinnen und frage zurück, was sie sich den wünschen würde. Die Tochter, das gute Kind, hätte gerne:

  • Frieden für alle
  • Gesundheit und Glück für die Familie
  • Dass es keine Waffen gibt

Mache mental eine Becker-Faust und tanze Lambada vor einer imaginären Eckfahne. Meine Strategie ist aufgegangen. Da die Tochter die altruistischen Wünsche gewählt hat, kann ich mich guten Gewissens den profanen Dinge und dem lustmaximierenden Hedonismus zuwenden.

Sage, mein erster Wunsch wäre Käsekuchen, der nicht dick macht. Meinetwegen auch für alle. Die Tochter runzelt die Stirn und wirft ein, dass wäre ja wohl kein Wunsch für eine gute Fee. Entgegne, dann würde ich mir vor dem Käsekuchen halt eine Fee wünschen, die mir alle Wünsche erlaubt. Meine Erstgeborene rollt mit den Augen und sagt, so ginge das nicht. Okay, seufze ich, dann würde ich von der Fee verlangen, wunschlos glücklich zu sein. Dann bräuchte ich die anderen beiden Wünsche gar nicht mehr. Spätestens jetzt gelangt die Tochter zu der Erkenntnis, dass mit mir keine ernsthafte Unterhaltung möglich ist und zieht von dannen.

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Um meine Popularitätswerte bei der Tochter wieder zu erhöhen, ernenne ich sie und die 10-jährige Bonnerin zu ‚Heads of Photography‘. Sie dürfen den Spaziergang für den Blog fotografisch dokumentieren. Und Sie müssen das jetzt ausbaden.

Haus. Mit Garten.

Rote Tür an Kirche.

Ausruhen. Unter schiefen Bäumen.

Straßen, die Boulevards heißen.

The road to nowhere (Aka Audierne).

Feder. Leicht.

Holz. An Schaum.

Ding. Ebenfalls an Schaum.

Meer. Mit blauem Himmel.

Meer. Auf dem Kopf.

Meer. Wild.

Meer. Mit Leuchtturm.

Meerwasser. Klar.

Meerblick. Unverbaut. Fast.

Mutter. An Schraube. Verrostet.

Schraube. An Schiene. Mit Schnecke.

Seeigel. Einsam.

Schnecke. Ebenfalls einsam.

Schiffe. Im Wasser.

Noch mehr Schiffe. Ebenfalls im Wasser.

Straßenschild. Schief.

Böschung. Schief.

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Als wir nach dem Spaziergang wieder am Ferienhaus sind, scheint die Sonne. Eigentlich könnten der Bonner Freund und ich jetzt doch noch Laufen gehen. Die 16/17 Kilometer. Nach Pont Croix.

Bin darauf aber psychisch nicht vorbereitet. Und physisch auch nicht. Meine Rippe tut immer noch vom Frisbee-Stunt des Vortags weh. Aber man will ja nicht klagen und um Beileid heischen (*Hier Ausrufe des Bedauerns und Beileidsbekundungen einfügen.*).

Außerdem habe ich noch mein kleines Video von dem Pups-Schwein, das mich erheitert und von meinem für Normalsterbliche kaum erträglichen Schmerz ablenkt.

Übrigens wurde ich darauf hingewiesen, dass das Schwein gar keine Flatulenzen habe, sondern grunzen würde. Gut, man hört wohl, was man hören will und bei meinem einfachen Gemüt, habe ich das Geräusch als Pupsen identifiziert. Und Pups-Witze gehen nun mal immer.

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Beschließen aufgrund meiner Unpässlichkeit, den Rest des Tages im Garten und im Haus zu verbringen und das zu machen, was man halt an einem Urlaubsgammeltag so macht. Man liest ein bisschen, man döst ein wenig, man isst eine Kleinigkeit, man trinkt einen Kaffee, man geht auf Toilette, man kniffelt eine Runde, man trinkt noch einen Kaffee, man geht wieder auf Toilette, man wird vom Sohn genötigt, eine Runde Beach-Tennis im Garten zu spielen, man isst Crêpes und trinkt einen weiteren Kaffee dazu, man geht erneut auf Toilette, man fängt an zu überlegen, ob es nicht langsam Zeit fürs Abendessen ist. Und schon ist der Nachmittag rum.

Knabbergemüse. Serviervorschlag.

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Zur großen Freude der Kinder gibt es zum Abendessen Pizza. Im Gegensatz zum Spaziergang bringen die Kinder diesmal ihre Begeisterung durch laute Jubelschreie zum Ausdruck.

Das diesjährige Kniffeln entwickelt sich im Gegensatz zu den kulinarischen Genüssen immer mehr zum Desaster. Zumindest für mich, denn ich wurde heute auf den letzten Platz durchgereicht. Die Bonner Freunde werfen dagegen Kniffel am laufenden Band. Mit rechts, mit links, mit verbundenen Augen, durch die Beine, hinter dem Rücken, beim Handstand oder durch einen brennenden Reifen springend. Es sei ihnen gegönnt. Ein bisschen. Ein ganz klein wenig. Also, eigentlich gar nicht.

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Da das 16/17-Kilometer-Joggen heute ausgefallen ist, steht der Lauf nach Pont Croix für morgen früh auf dem Programm. Denn: ‚Aufgehoben ist nicht aufgeschoben‘. Sagt zumindest die Sprücheklopfer-Industrie. Und der Bonner Freund.

Habe aber beim Abendessen extra ein Stück Pizza übriggelassen, um sicherzustellen, dass es morgen früh regnet und. Die Wetter-App ist allerdings anderer Meinung.

Wetter-Aussichten. Zu heiter und zu wenig wolkig.

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