Es regnet. Schneematsch auf den Gehsteigen. Kein Wetter für einen mittäglichen Bummel über den Freitagsmarkt. Nur schnell Salat und Zeitung kaufen und wieder rein ins warme Büro. Doch während ich an den Kiosken vorbeihaste und aus den Augenwinkeln das Angebot in der Vitrine des Fleischhauers überfliege, sticht mir etwas ins Auge. Ich bleibe stehen und schaue ungläubig auf das, was da liegt: helles Fleisch, dunkelblaue Haxerl, schönes französisches Etikett.
Mein erstes und bisher einziges Bressehuhn hatte ich vor einigen Jahren in Cuiseaux gegessen, selbst zubereitet noch nie eines. Damals war ich total beigeistert, noch nie hatte ich ein so gutes Huhn bekommen. Ich wäre auch nie auf die Idee gekommen, in unserer Stadt nach einem Bressehuhn zu suchen, hielt das sowieso für aussichtslos. Ich überlegte genau zwei Zehntelsekunden und kaufte dann das Huhn. In Cuiseaux wurde es in einer Morchel-Obers-Sauce serviert, mit karamellisiertem Chicoree und kleinen, flaumigen Crepes Parmentier. Chicoree wird bei mir durch Radicchio Tardivo ersetzt, ansonsten bleibt alles gleich.
Bresse-Huhn in Morchel-Obers-Sauce
für zwei Personen
1 Bressehuhn (ca. 1,7 Kilo), in 6 Stücke geteilt
150 g Karotten
150 g Schalotten
70 g Butter
etwas Thymian und Rosmarin
1 Lorbeerblatt
eine Handvoll getrocknete Morcheln
750 ml Hühnersuppe, gemischt mit dem Morchel-Einweichwasser
300 ml Schlagobers
Salz, Pfeffer
Die Morcheln über Nacht in lauwarmem Wasser einweichen. Aus dem Wasser nehmen. Das Einweichwasser durch ein Sieb gießen (in den Hohlräumen der Morcheln können noch kleine Steine und Sand sein) und aufheben. Die Morcheln längst halbieren und trockentupfen. In einem Pfännchen Butter zerlassen und die Pilze darin anbraten.
Die Karotten und die Schalotten schälen und in feine Streifen schneiden. In einem Bräter mit Butter anschwitzen, die Hühnerteile dazu geben und alles goldbraun andünsten. Mit Hühnersuppe und Morchel-Einweichwasser ablöschen und auf die Hälfte reduzieren. Thymian, Rosmarin und Lorbeer dazugeben und im vorgeheizten Backrohr bei 170 Grad Ober-/Unterhitze zugedeckt ungefähr 25 Minuten braten. Schlagobers und Morcheln zugeben und weitere 20 Minuten zugedeckt ins Backrohr schieben. Den Topf aus dem Ofen nehmen, die Hühnerteile auf einen Teller legen. Die Sauce noch etwas reduzieren und abschmecken. Die Hühnerteile wieder in den Bräter legen.
Crepes Parmentier a la Küchenschabe
300 g mehlige, gekochte Kartoffeln
200 ml Milch
100 g Mehl
2 Eier
Prise Salz
Prise Zucker
Die Kartoffeln passieren. Die Eier mit Mehl und Milch verrühren. Die passierten Kartoffeln zum Teig geben, eine Prise Salz und eine Prise Zucker zugeben. Und jetzt kommt das "a-la-Küchenschabe": Vor einigen Jahren habe ich mir ein Poffertjes-Gerät gekauft, das auf dem Foto unten zu sehen ist.
So richtig genutzt habe ich es bis jetzt noch nicht. Poffertjes sind eine niederländische Spezialität, eine Art Mini-Palatschinke. Ich habe die Crepes Parmentier - allerdings winzig kleine Crepes - damit gemacht und bin jetzt sehr zufrieden mit dem Gerät.
Alle die nur eine Pfanne besitzen, geben den Teig löffelweise in die heiße Pfanne und braten kleine Fladen, die aber durchaus etwas größer als meine ausfallen dürfen. Ich habe die Vertiefungen in meinem Poffertjes-Gerät ein bisschen bebuttert und die winzigen Crepes ein paar Minuten beidseitig braun gebraten - sehr praktisch! Dazu gab es noch karamellisierten Tardivo. Und eine Flasche Chateau Charmail 2004 aus dem Haut-Médoc - in Ermangelung eines Burgunders. Es hat fantastisch geschmeckt. Genausogut wie damals in Frankreich, zumindest glaube ich das. Nächstes Mal probiere ich das Rezept mit einem einheimischen Sulmtaler Hendl.
Da ein ganzes Bresse-Huhn für zwei Personen doch etwas viel ist, habe ich am nächsten Tag Bresse-Huhn-Geschnetzeltes in der übriggebliebenen Sauce mit Tagliatelle und Salat serviert. Eine Delikatesse!
Nachtrag zur Bio-Huhn-Diskussion: Das Bresse-Huhn ist stets ein Freilandhuhn (pro Huhn mindestens zehn Quadratmeter!), sagt Wikipedia. Es wird mit Kukuruz oder Buchweizen gefüttert und direkt beim Züchter geschlachtet. Das Mindestschlachtalter beträgt vier Monate. Die letzten zehn Tage wird das Huhn bei Dunkelheit gemästet und Milch zugefüttert. Bis auf die letzten zehn Tage hat es das Huhn also ziemlich gut. Eline meint, die Mast zum Schluss müsste nicht sein und dieser Meinung kann ich mich vorbehaltlos anschließen, selbst auf die Gefahr hin, dass das Huhn dann nicht mehr ganz so königlich schmeckt.