Braunschweig III: St. Martini, Alstadtmarkt, Kohlmarkt, Burgviertel

Von Cangrande

Fortsetzung zu: "Braunschweig II: VW-Halle, Bürgerpark, Michaelis-Viertel, Knochenhauerstraße"
Mehr Augenschmaus als der romanische Dom bietet, von außen (drinnen hat man mich gleich vertrieben, weil dort ein Orchester übte), die gotische Kirche St. Martini im Zentrum des alten Braunschweiger "Weichbildes" Altstadt (wie ich in Teil 2 schon sagte: nicht zu verwechseln mit dem, was wir heute unter "Braunschweiger Altstadt" verstehen).
 



Gegenüber liegt das Landgericht,einst das "Landschaftliche Haus", Sitz der Ständevertretung und des späteren Landtages:Nähere Informationen über den Braunschweigischen Landtag als (einstige) Institution liefert ein Wikipedia-Stichwort; speziell über die Weimarer Republik und die Nazizeit informiert eine Webseite, die der Erinnerung an die Nazi-Herrschaft im einstigen "Freistaat Braunschweig" gewidmet ist. Besonders interessant ist dort aber der Link zu einer weiteren Seite mit Informationen über "Die Einbürgerung Adolf Hitlers" (durch das damalige Land Braunschweig).
Die Straßel die zum Platz "An der Martinikirche" führt, heißt "Eiermarkt"; unter dieser Bezeichnung steht auch die örtliche Tafel mit dem Gebäudeplan der Gegend. Wir achten hier besonders auf die Nr. 2, das "Rüninger Zollhaus" .....

..... das wir auf diesem Bild aus anderer Perspektive, nämlich schon vom "Altstadtmarkt" aus, sehen:
Dieses Fachwerkgebäude (der Sandsteinsockel gehört nicht zum Original)  wurde erst nach dem 2. Weltkrieg aus Rüningen hierher versetzt, um an die "Krambuden" zu erinnern, die vor dem Bombardement die gesamte (nörliche) Längsseite des "Gewandhauses" zum Altstadtmarkt hin verdeckten.

Dem entsprechend besaß das Braunschweiger Gewandhaus auf dieser Seite ursprünglich auch keine Fenster oder Eingänge. Die wurden erst nach dem 2. WK eingebaut, und dieses reich geschmückte Renaissanceportal wurde von der ansonsten zerstörten Hagenmarktapotheke hierher versetzt:

Hier der Altstadtmarkt mit dem Rüninger Zollhaus (das hohe Dach dahinter vom Gewandhaus), der Martinikirche in der Mitte und rechts dem Altstadtrathaus:

Auch in diesere Aufnahme sind Gewandhaus, Zollhaus und Martinikirche sichtbar, jedoch mit der Spitze des "Marienbrunnen" ("Altstadtmarktbrunnen") im Vordergrund:

Aus veränderter Perspektive (vor dem Hintergrund des Altstadtrathauses) sehen wir nun alle drei Brunnenschalen:

Aber natürlich ist das Rathaus schon für sich eine außerordentliche (gotische) Sehenswürdigkeit:


Um es in der Vorstellung meiner Leserinnen und Leser räumlich fest auf dem Altstadtmarkt zu verorten, hier ein Bild des Altstadtrathauses zusammen mit der Martinikirche:

Sogar auf dem Altstadtmarkt, relativ weit vom AfD-Parteitag entfernt (der ohnehin erst am Folgetag begann), war die Polizei präsent - sicher ist sicher!

Ich schlenderte langsam weiter, durch die Poststraße zum Kohlmarkt. An der Ecke Poststraße / Gördelinger Straße versucht ein Kaufhausgebäude von Karstadt, sich in moderner Formensprache dem architektonischen Genius loci anzupassen:

Doch bevor wir endgültig die Kurve kriegen, schauen wir hier nochmal auf das Rüninger Zollhaus und die Martinskirche zurück (links ein Stückchen vom Gewandhaus):
Immer wieder habe ich es erwähnt, das Gewandhaus; jetzt endlich sehen wir seine schmucke Ostfassade aus der Zeit der Renaissance (von der Poststraße aus):

Den Treppengiebel schauen wir uns noch einmal näher an:

Mittlerweile bin ich auf dem Kohlmarkt angelagt, wo der Blick in die Schuhstraße noch einiges an erhaltener oder wieder aufgebauter alter Bausubstanz zeigt:



Die Schuhstraße führt mich ins Burgviertel (das wir ein wenig bereits vom Weihnachtsmarkt, Teil I dieser Serie, kennen)

Im Hintergrund links zeigt sich bereits das Westwerk des mächtigen Doms St. Blasii; das Fachwerkhaus im Vordergrund (das 2. Foto zeigt eine Nahaufnahme vom Eingang) gehört zum Gymnasium "Kleine Burg":


Links im Vordergrund wird eine Ecke jenes modernen Gebäudes in der Straße "Kleine Burg" sichtbar, welches die Tourist Information beherbergt. Dahinter wieder erhalten gebliebene Fachwerk- und Gründerzeithäuser und im Hintergrund dräuend der Dom (bedrohlich natürlich nur für Sünder, zu denen Sie und ich zum Glück nicht gehören😀)

Von der Kaffeerösterei Klapproth finden sich hier und dort noch Spuren im Internet. Es handelte sich wohl um eine ursprünglich aus Braunlage stammende Bäckersfamilie; der darüber im Internet auffindbare Bericht ist aber in jedem Falle interessant ("An dieser Stelle sei ein Blick in eine damalige Bäckerei erlaubt, da er den meisten jetzt Lebenden nicht mehr erinnerlich ist! Der Brotteig wurde von den Hausfrauen selbst vorbereitet, der Bäckermeister hatte ihn nur abzuwiegen, aufzumachen und zu backen. Damit das Backen pünktlich um 6 Uhr beginnen konnte, mußte der Bäcker um 4 Uhr bei jedem Wetter — auch im Winter — seine Kundinnen zum Teigvorbereiten wecken. ,,Kneten sagen" nannte man das. Jedes Brot bekam vor dem Backen noch ein Zeichen zur Familienerkennung. Für das Abwiegen, Aufmachen und Bak-ken erhielt der Bäcker 5 Pf. pro Stück. An Backwaren zum Verkauf gab es Weißbrot, Zwieback, Hefestücke und Amerikaner, die, in einer Schublade aufbewahrt, im Hausflur abgegeben wurden; Läden kannte man nicht. Brötchen wurden noch nicht gebacken.").

Wir sind aus der "Kleinen Burg" zurück gegangen, durch ein Stückchen vom "Sack", und befinden uns nunmehr in der Straße "Vor der Burg", die direkt auf den Burgplatz, die Burg Dankwarderode und, aktuell, auf den Weihnachtsmarkt hinführt. Hier hatten schon frühere Generationen die Fachwerkhäuser durch große Gründerzeitbauten ersetzt, die den Krieg überlebt haben oder neu aufgebaut wurden:

Im Hintergrund wieder einer der beiden Domtürme:

Dieses "Spitzenhaus" befindet sich allerdings in der Straße "Sack", und ist eines der in Braunschweig anscheinend seltenen Beispiele für Jugendstilgebäude:

Dort auch dieses Gründerzeit-Backsteingebäude:

Die "Neue Straße", auf die die Fotos eines in Goslar lebenden Franzosen Appetit machen, habe ich leider nicht gesehen. (Auch aus der französischen Region Auvergne, mir durch das Buch "En auvergne" von Henri Pourrat mit seinen herrlichen Kupfertiefdruck-Fotos ein klein wenig vertraut, bietet Raymond Faure zahlreiche Aufnahmen.) Jedenfalls: Allein für Braunschweig hat der Mann 4.500 Pics ins Netz gestellt: Wenn Sie alle gesehen haben, brauchen sie gar nicht mehr hinzufahren! 😀
Wir bewegen uns nun wieder in der Straße "Vor der Burg", wo sich schmucke Gebäude des Historismus mit alten Fachwerkhäusern abwechseln, auf die Burg zu:

Wenn etwas ganz besonders alt aussieht - dann könnte es aus der Zeit des Historismus, also vom Ende des 19. Jh., datieren. Wie hier Turm des neogotischen Rathhauses:
Echt alt ist jedoch das ernste, abweisend wirkende, aber für mich dennoch irgendwie schöne Westwerk des Doms mit seinen beiden Türmen und der hoch gezogenen Mauer dazwischen:

Im Inneren gefielen mir die in spätgotischer Zeit angebauten beiden Kirchenschiffe auf der Nordseite besonders gut (auf der Rückwand das berühmte "Imervard-Kreuz", ein hölzernes Kruzifix vom Ende des 12. Jahrhunderts (von dem bei mir allerdings nur der linke Kreuzarm zu sehen ist. Auch das habe ich fotografiert; aber die Aufnahme in der Wikipedia ist weitaus besser):

Ebenso wie dem "Imervard-Kreuz" widmet die Wikipedia auch dem riesigen Siebenarmigen (Bronze-)Leuchter im Dom einen eigenen Eintrag ("Der bronzene Leuchter besteht aus 74 Einzelteilen, hat eine Höhe von 4,80 m, eine Spannweite von 4,30 m und wiegt über 400 kg):


Zwei Luftaufnahmen auf der Webseite der Stadt Braunschweig zeigen den Burgplatz mit der Burg Dankwarderode im Zentrum (das Größenverhältnis zwischen der geradezu winzig wirkenden Burg, also dem Regierungssitz, Heinrichs des Löwen im Verhältnis zum gründerzeitlichen Rathaus würde ein gutes Symbolfoto für das Wuchern der Bürokratie durch die Jahrhunderte abgeben 😁) sowie das Rathaus (auch hier sind die Burg und der Dom sichtbar). Vor dem Rathaus und ringförmig über den Ruhfäutchenplatz, Burgplatz und Domplatz erstreckte sich auch der Weihnachtsmarkt, über den ich in meinem ersten Beitrag dieser Reihe berichtet hatte.
Hier eine Karte mit Erläuterungen:

ceterum censeoWer alle Immiggressoren der Welt in sein Land lässt, der ist nicht "weltoffen":Der hat den A.... offen!Textstand vom 05.01.2020