Ausstellungsbeschreibung
Vier exemplarisch ausgewählte Fotografen schildern in der großen Ausstellung im Museum für Fotografie Brasiliens Weg in die Moderne. Drei dieser Fotografen wanderten aus Europa ein: Thomaz Farkas aus Ungarn, Marcel Gautherot aus Frankreich und Hans Gunter (Günter) Flieg aus Deutschland – auch dies ein Zeichen für die Anziehungskraft Brasiliens in den Jahren vom Zweiten Weltkrieg bis zum Beginn der brasilianischen Militärdiktatur.
José Medeiros kann als der klassische Bildreporter der vierziger und fünfziger Jahre gelten. Seine Reportagen für die führende brasilianische Illustrierte O Cruzeiro lassen das Leben in Rio de Janeiro, am Strand und beim Karneval ebenso wie die Gesellschaftsrituale der oberen Zehntausend lebendig werden. Auf der anderen Seite stehen seine Bildstrecken aus dem Inneren des Landes, die vom Einbruch der Technik in die Welt der Indianer oder auch vom magischen Candomblé-Kult erzählen.
Bereits früh mit den Bildsprachen des europäischen Neuen Sehens vertraut, setzte Thomaz Farkas sie schon als Teenager in seine Formstudien um, die etwa des Estádio do Pacaembu oder anderen ikonischen Bauten der vierziger Jahre in São Paulo galten. Als führendes Mitglied des Ciné-Club steht er für eine Suche nach immer neuen Bildsprachen. In den späteren Jahren gelingt ihm eine Übertragung seines formbewußten Umgangs mit der Fotografie in eine stärker bildjournalistische Arbeit, die in den für diese Ausstellung neu entdeckten Panorama-Aufnahmen vom Aufbau der neuen Hauptstadt Brasília münden.
Als herausragender Vertreter des fotografischen Bildessays hat Marcel Gautherot zahlreiche Ikonen der brasilianischen Fotografie geschaffen. Seine Bilder volkstümlicher Riten und Feste, aus dem Dschungel und der Fischer von Belém sind sorgfältig auskomponierte Studien, die Erzählung und Bildwirkung immer gleichermaßen im Blick behalten. Mit dieser Haltung war er der perfekte Chronist des Aufbaus von Brasília. Seine Fotografien der ohnehin auf große Bildwirkung angelegten Bauten Oscar Niemeyers prägen unsere Vorstellung dieser Apotheose der brasilianischen Moderne.
Mit seinen Industriefotografien hat Hans Gunter Flieg die Industrialisierung Brasiliens begleitet. Oft im Auftrag entstanden, sind seine Bilder klassische Interpretationen der technizistischen Überformung des Landes. Aufnahmen aus Werkshallen, von Ingenieursbauten wie Kraftwerken stehen neben Fotografien von Messeständen und Industrieprodukten. Damit liefert er eine Gebrauchsfotografie im besten Sinne, die international etabliert und verständlich war.
Die Archive der vier Fotografen werden im Instituto Moreira Salles (IMS) aufbewahrt, einer der führenden privaten Stiftungen zur Förderung der Kultur in Brasilien. Mit ihren Kulturzentren in São Paulo, Rio de Janeiro und Belo Horizonte öffnet sie weite Perspektiven auf die brasilianische Musik, die bildenden Künste, den Film, die Literatur und die Fotografie. Wie keine andere Institution bewahrt sie die brasilianische Fotografie in ihrer ganzen Breite und Vielfalt und hat sie mit zahlreichen Ausstellungen und Publikationen im In- und Ausland bekannt gemacht. Die Ausstellung im Berliner Museum für Fotografie ist das erste Projekt des IMS in Deutschland.
Eine Ausstellung der Kunstbibliothek, Sammlung Fotografie und des Instituto Moreira Salles
Quelle: Staatliche Museen zu Berlin
Wann und wo
Staatliche Museen zu Berlin
Kunstbibliothek im Museum für Fotografie
Jebensstraße 2
10623 Berlin
27. September 2013 bis 5. Januar 2014
Begleitveranstaltung am 28. September ab 14:00 Uhr:
Brasilientag im Museum für Fotografie mit Vorträgen und Führungen (in englischer Sprache)