Dass er unverfroren Folterer und Militärdiktatoren hochjubelt, müsste eigentlich jedem noch vernunftfähigen Brasilianer zu denken geben.
Ein Beispiel dafür, wen Bolsonaro für seine Vorbilder hält, kann man aus folgendem Vorgang entnehmen:
Bolsonaro erklärte in der Parlamentsdebatte zum Impeachment der damaligen brasilianischen Präsidentin Dilma Rousseff, die in ihrer Jugend als Linke verhaftet und gefoltert wurde, in seiner Rede:
“In Erinnerung an den Obersten Carlos Alberto Brilhante Ustra, der Schrecken der Dilma Rousseff, für das Heer von Caxias, für die Streitkräfte, für Brasilien über alles, stimme ich mit “ja” (für das Impeachment) ab“.
Während der Militärdiktatur zwischen 1970 und 1974 war besagter Ustra Chef des DOI-Codi des Heeres, der Repressionstruppe der Militärregierung. Dort wurde unter dem Kommando des Obersten mindestens 50 Personen ermordet oder verschwanden und andere 500 wurden nach Untersuchungen der brasilianischen Wahrheitskommission zur Aufarbeitung der Militärdiktatur gefoltert.
Brilhante Ustra war der erste Militär, der in einem Zivilprozess von einem Gericht als Folterer in mindestens 500 Fällen und der Ermordung von mehr als 40 Menschen für schuldig befunden wurde. Strafrechtlich hatte das für ihn keine Folgen, denn das Militär hatte mit einem Amnestiegesetz dafür gesorgt, dass seine Angehörigen für ihre kriminellen Taten nicht belangt werden konnten.
Ustra, der 2015 gestorben ist ,war von 1970 bis 1974 während der Militärdiktatur in Brasilien der Leiter der Abteilung für „Interne Operationen“ in São Paulo. Das war zu Zeiten der dunkelsten Periode der Militärdiktatur. In dieser Zeit hatten die Regierenden freie Hand mit ihren vermeintlichen oder eingebildeten Gegner umzuspringen wie es ihnen gefiel. Und Ustra übernahm diese Aufgabe.
In dieser Funktion war er verantwortlich für 502 Fälle und mehr als 2.000 politische Festnahmen. Psychologen hielten ihn bei seinem Einsatz bei der Armee für inkompetent, aber als williger Exekutor für die Schandtaten der Militär machte er Karriere und wurde zum gefürchtetsten Mann in Sao Paulo.
Dank der Amnestiegesetze passierte Ustra strafrechtlich gar nichts, außer dass er zivilrechtlich wegen der Folterung eines Journalisten zu einer lächerlichen Entschädigungszahlung verurteilt wurde. Im Zivilprozess sagte ein betroffener Journalist aus:
„Ich wurde vom Oberst Ustra noch im Hof des DOI-Codi verprügelt. Er gab mir Ohrfeigen mit der Handkante, warf mich auf den Boden und schrie „du Terrorist“. Er schrie so laut, dass alle Agenten, alles auch Folterer, hinzu kamen und mit anpackten und mich in eine Folterzelle schleppten.“
Ein anderes Folteropfer, Amelinha Teles, die damals gegen die Militärdiktatur kämpfte, berichtet:
„Er brachte meine Kinder in den Raum, wo ich mich auf dem Drachenstuhl befand, nackt, ebrechend, urinierend. Und da brachte er meine Kinder in den Raum? Was sollte das? Für mich war es die schlimmste Folter, die ich zu erleiden hatte.“
Der Drachenstuhl, auf den man die Person setzte, war ein Folterinstrument, bei dem die Gefangenen an die Stuhllehnen gefesselt und an elektrische Kabel angeschlossen wurden, mit denen dem Folteropfer Stromstöße verpasst wurden.
Bolsonaro hält also einen brasilianischen Eichmann wie Ustra Brilhante, der sich vor der Wahrheitskommission ebenfalls "mit Befehlen von oben" rechtfertigte, für einen brasilianischen Helden. In der Tat passt dieser Mann bestens zu dem Charakter eines Bolsonaro, beide Mittelmaß und empathielos. Aber ist das ein Grund einen solchen Politiker zum Präsidenten zu wählen?