Brad Warners Mumbo-Jumbo (110 kg)

Von Otaku00
Gerade bin ich nochmal über Yudo Seggelkes Blog gestolpert. Dort behauptet er in der Einleitung, "er sei Schüler von Nishijima Roshi in der Linie Kodo Sawaki(s)" Nishijima ordinierte jedoch bei Rempo Niwa Zenji und wurde von diesem zum Nachfolger ernannt. Yudo ist nicht der einzige aus Nishijimas Nachfolgerschaft, der m.E. in Zen-Details etwas neben der Spur wirkt (das liegt bei ihm wohl auch daran, dass er zunächst bei Dae Poep Sa Nim war). In jüngerer Zeit zeigen sich vor allem Brad Warners Grenzen auf. In einem seiner letzten Blogbeiträge hat er sich ein paar Seitenhiebe auf Kritiker wie Sam Harris erlaubt, die - wie ich - der Meinung sind, man sollte das ganze Brimborium (englisch: hoo-ha, mumbo-jumbo) beseitigen und sich dem Kern, der Essenz des Zen widmen. Brad hingegen - wie könnte es anders sein bei jemandem, der Dôgen missversteht -, benutzt den Vergleich von Rad und Felgen, wobei die "Essenz" im Zentrum des Rades sei, dieses sich aber ohne sein "Äußeres" (die Felgen) nicht bewegen könne. Hierzu fiel mir sofort ein Schwimmreifen ein, der vom Wind getrieben über den Strand rollt: Das Äußere ist hier nur dazu da, das Innere (Leere) sichtbar zu machen. Bei Brad allerdings wird es mit Gedanken aufgeladen. So würde man sich in einem Hasenkostüm albern fühlen und verhalten und in einer Robe eben ganz anders.

Genau das ist der springende Punkt. Nur über den geistigen Irrtum funktioniert der "Robeneffekt". Das Rad bewegt sich tatsächlich auch ohne Felgen, aber fürs Blenden unserer Sinne werden sogar Felgen aufgemotzt. Tatsächlich ist die "Form", die im Zen übertragen wurde, aber nicht Robe und Zazen (die Brad mit seiner Metapher rechtfertigen will), sondern nenge mishô, wie es Takuan nannte: Eine Blume hochhalten und lächeln. Takuan meinte zu anderen Formen des Buddhismus auch: "Sogar das Rezitieren ist nicht frei von Ursache und Wirkung (inga) und damit ein künstliches Handeln (usa)." [Takuan Soho: Das Tor zur heiteren Gelassenheit] Takuan war auch der Meinung, dass man "Erleuchtung" durchaus wollen soll: "Will jemand wirklich den Buddha-Geist erlangen, dann muss er mittels kufu - dem Willen zur Erleuchtung - sein kufu nähren." Ich empfehle diese Methode, sich willentlich an Grenzen zu treiben und zu erschöpfen, um dann zu erfahren, was "nicht gemacht" werden kann. Wenn man Dôgen nicht einseitig versteht, findet man bei ihm allerdings das gleiche Fazit. Auszug aus seiner Vers-Sammlung Sanshôdôei:峪に響峰に鳴猿妙妙に只此経を説くとこそ聞けLausche dem mystischen Schrei der Affen,der von Berggipfeln erklingtund in Tälern widerhallt,als würde ein Sutra gelehrt.Brad Warner fährt fort, aus einer anderen Schrift zu zitieren: "Bevor die Buddhas erleuchtet wurden, waren sie wie wir." Dies ist eine Sicht aus dem Theravada. Die Zensicht lautet jedoch: "Nachdem die Buddhas erleuchtet wurden, waren sie wie wir." Takuan sagt hierzu: "Dann erlangst du Weisheit, die man ohne Lehrer gewinnt, und du verwirklichst die wunderbare Funktion von musa, den dir eingeborenen Handlungen. Die Weisheit, die man ohne Anleitung eines Lehrers gewinnt, ist die ursprüngliche Weisheit, die nicht einmal ein Lehrer seinem Schüler vermitteln kann." Ein Widerspruch zu Dôgen? Keineswegs. Sein Gedicht "Jinjippôkai shinjitsunintai" (Der wahre Mensch, der in den zehn Gegenden der Welt offenbar wird) lautet:

世の中真の人やなかるらん限りも見えぬ大空の色Der wahre Mensch ist niemand Besonderes,wie die tiefblaue Farbedes grenzenlosen Himmelsüberall auf der Welt.