BP-Katastrophe ein Einzelfall? Keinesfalls!

Von Burkhard


Wenn mir die Umwelt nicht zu leid täte, hätte ich mir längst abgewöhnt, den 5., 10. oder XX. Rettungsversuch von BP im Golf von Mexiko zu registrieren. Alle sehen eher als geschickte Public Relations Gags aus, während der offenbar viel zu voreilig prämierte Friedensnobelpreisträger immer noch tatenlos vor dem Ölkonzern einknickt. 

Es lohnt sich aber, etwas über diese gegenwärtige Krise hinaus zu blicken. Zum Beispiel auf die zunehmenden Bankrottszenarien für BP, weil der Konzern die erwartbaren Haftungssummen nie und nimmer mehr aufbringen können. Da freuen sich natürlich schon die Übernahmewilligen, denn Steuergelder wird´s da sicher auch noch als Schmiermittel für den Übernahmedeal geben. 
Und auch die sonstigen ölproduzierenden Konkurrenten von BP liegen schon auf der Lauer: 
Wenn tatsächlich aus dieser Katastrophe politische Lehren gezogen werden sollten (in den USA sieht es nach dem letzten "Bohrt ruhig weiter in der Tiefe"-Urteil nicht danach aus), profitieren alternative ölfördernde Techniken wie synthetische Ölgewinnung aus Ölsand oder die terrestrische Ölproduktion. Grönland hat da die Nase vorn und hat dem britischen Ölunternhmen Cairn Energy im Juni grünes Licht für Bohrungen in der Arktis (!) gegeben - aller ökologischen Warnungen zum Trotz!
In seiner eindrucksvollen Analyse "BP-Style Extreme Energy Nightmares to Come: Four Scenarios for the Next Energy Mega-Disaster" stellt Michael Klare knapp und brillant vor, mit was wir als nächstem zu rechnen haben:

  • Zerstörung von Ölplattformen durch Eisberge
  • Wegen Bürgerkrieg, der den Ölexport lahmlegt, greift die US Army mit einer großangelegten Invasion in Nigeria ein
  • Ein Hurrikan zerstört Hunderte von Tiefwasserbohrlöcher vor der Küste Brasiliens
  • Zwischen China und Japan kommt es wegen ungeklärter Bohrrechte im Ostchinesischen Meer zum offenen heißen Krieg


Das Interessante an Klares Szenarien ist dabei die Verflochtenheit von wirtschaftlichen und militärischen Interessen. 
Noch vernichtender urteilt eine UN-Studie, die die ganze Verachtung der großen Wirtschaftskonzerne für ökologische Bedenken präsentiert. 
Da atmet man richtig auf, dass immerhin Norwegen ein Moratorium für Tiefseebohrungen in der Nordsee erlassen hat und der deutsche EU-Energiekommissar Günter Oettinger (man glaubt es eigentlich nicht: ein ehemaliger CDU-Ministerpräsident!) ein europaweiten Bohrstopp in der Nordsee fordert. 

Das ist dringend notwendig: In der Nordsee gibt es über 1000 (!) Bohrinseln, viele von ihnen von BP betrieben. 27 davon sind bereits tiefer als 180 Meter. 
Vielleicht setzt sich ja tatsächlich wenigstens hier mal die Politik gegen die Profitinteressen der Konzerne durch, auch wenn es aus systemischen Gründen (die Wirtschaft lässt sich normalerweise von der Politik nicht kontrollieren) eher unwahrscheinlich ist. 
Bildquellen: Oben: FTD 9.7.10 Unten: Wikipedia