Ein Film jüngeren Datums, den es unumstößlich zu sehen, zu erfassen gilt, "Boyhood" wäre dieser Film. Ein Film, eigentlich, über alles, überwiegend aber über das Wesentliche im Sein, das auf einen Sinn wartet, über das Leiden in der Liebe, abfließenden Schmerz wie tröstenden Kummer, über die Peinlichkeiten und aufrührerischen Rebellionen, das Leben freizuschaufeln und von ihm verführt zu werden; "Boyhood" wird geschultert von Begleitschnippseln der Adoleszenz, ein einzigartiges Projekt, ein Kind in dessen Fortlauf zu geleiten – und zu begreifen, seine Unschuld und Verantwortung. Mit wohltuender Menschenliebe, feingliedriger Entdeckungslust und gesundem Selbstverständnis gegenüber der Unaufgeregtheit der durch die Jahre ziehenden Blütezeit jugendlicher Empirie tat Richard Linklader gut daran, diese niedliche, liberalistische, unvermindert eifrige Dokumentationslyrik in keinen weltanschaulichen Existenzrahmen zu stopfen. Die einzelnen Teile dazu passender Lebensabschnitte, die verschossene Bowlingkugel, wechselnde Bekannt- und Liebschaften, der erste Bart, verlegene Blicke, Schule, Abschluss, Aufbruch, all' das fließt ineinander. "Boyhood" lässt sich assoziativ treiben in der Routine dessen, wo nichts geschieht, ohne einen Ton zu hoch, ohne ein Kapitel zu wenig, ohne ein Stichwort zu viel. Der Illustration des Lebens, das plätschert und rumpelt, aber niemals in seinen Sensationen die Lust verliert, sich offenherzig anzufühlen, kommt Richard Linklater nah. Ein schauendes Kind auf einer Wiese.
7 | 10