Börsenhändler sind die schlimmeren Psychopathen

Es ist ja nicht so, dass ernsthaft etwas anderes zu erwarten gewesen wäre: Professionelle Trader verhalten sich noch egoistischer und unkooperativer als herkömmliche Psychopathen. Das passt gut zu der Meldung, die vor ein paar Tagen umging, dass sich in den Chefetagen arrogante Narzissten herumtreiben, denen es an Einfühlungsvermögen und Mitgefühl mangelt.

Was auch sonst: Karriere machen die, die ausschließlich an sich selbst denken. Und dort, wo es ums Geld geht, sitzen die kränksten Typen. Im Rahmen einer MBA-Arbeit an der Universität St. Gallen haben Thomas Noll und Pascal Scherrer das Verhalten von 27 professionellen Tradern untersucht, die hauptsächlich bei Schweizer Banken, oder bei Rohstoffhändlern und Hedge-Funds arbeiten. Dabei haben sie die Daten so erhoben, dass sie mit einer bereits existierenden Studie an 24 Psychopathen in deutschen Hochsicherheits-Kliniken und einer Kontrollgruppe von 24 „normalen“ Menschen vergleichbar waren.

Als Ausgangs-Hypothese für die Studie wurde angenommen, dass sich Trader in einem Gefangenendilemma-Computerspiel ähnlich rücksichtslos, egoistisch und unkooperativ wie Psychopathen verhalten, aber eine deutlich bessere Performance bei ihren Finanzgeschäften erzielen würden.

Diese Annahme ist widerlegt worden, und zwar mit einem für die Händler peinlichen Ergebnis: Im Computerspiel verhielten sie sich deutlich unkooperativer als die Psychopathen und deren Kontrollgruppe. Von 40 Spielzügen der Händler waren durchschnittlich mehr als 12 unkooperativ. Die Psychopathen (deren Charakterfehler eben fehlende Empathie und Verantwortungslosigkeit sind) hatten sich durchschnittlich nur für 4,4 unkooperative Züge entschieden. Bei der Kontrollgruppe lag diese Größe bei 0,2.

Bei der Performance schnitten die 27 Händler, die beruflich mit Aktien, Derivaten oder Devisen handeln, sogar noch schlechter ab als die Psychopathen. Sie maximierten sie ihren relativen Gewinn auf Kosten ihres Computer-Gegenspielers, aber bei der wichtigen Performance-Größe, dem absoluten Gewinn, erzielten sie ein schlechteres Ergebnis als die Psychopathen. „Wenn man den relativen Gewinn nur dadurch maximiert, dass man den absoluten Gewinn des Spielpartners reduziert, hat das etwas sehr Destruktives“, zitiert die NZZ Co-Autor Thomas Noll. Noll ist Psychiater und Leiter Vollzug bei der Justizvollzugsanstalt Pöschwies. „Es ist, als malträtiere man das teure Auto des Nachbarn mit einem Baseballschläger, um selber das schönste Auto im Quartier zu haben.“

„Falls sich die Trader im Beruf ebenso unkooperativ verhalten wie in der Gefangenendilemma-Situation, wäre es interessant zu wissen, ob die Handelsabteilungen der Banken derart veranlagte Leute anziehen oder ob die Händler dort zu solchen werden“, sagt Noll. Dafür könnte man Studie durchführen, in der man Berufseinsteiger mit Händlern vergleicht, die den Job bereits zehn Jahre lang machen. Auf die Frage, wie aussagekräftig ist eine Studie mit nur 27 Personen sei, antwortete Noll, dass diese Studie eine so große Effektstärke habe, dass sie statistisch gesehen trotz der eher kleinen Anzahl von Probanden signifikant sei.

Man braucht eigentlich nur die aktuellen Nachrichten verfolgen, um zu wissen, dass an der Studie etwas dran ist. Seit Jahren sind die beherrschenden Themen in der Berichterstattung Finanzkrise, Bankenkrise, Schuldenkrise, Staatspleiten, Eurokrise, unterbrochen von Banken- und Bilanzskandalen und wieder Finanzkrise. Ab und zu wird ein Zocker, der es zu bunt getrieben hat, aus dem Verkehr gezogen, wie aktuell der UBS-Händler Kweku Adoboli, der mla eben zwei Milliarden Dollar verzockt hat. Aber rechtlichen die Psychopathen bleiben und sorgen dafür, dass alles noch viel schlimmer wird.



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