Boris Johnson bricht mit dem Segen von Heinz Erhardt in Bidens Wohnung ein - Vermischtes 20.08.2019

Von Oeffingerfreidenker
In a study of the 2016 election published last year, the Tufts University political scientist Brian Schaffner and two of his colleagues found that the strongest predictor of support for Trump over Hillary Clinton was a belief that racism is no longer a systemic problem. Using results from a large-sample postelection survey called the Cooperative Congressional Election Study, they found that belief dwarfed economic concerns as a predictor of support for Trump. The conviction that discrimination against women is not a problem also proved a more powerful predictor of Trump support than economic concerns, though not as strong a factor as racial attitudes. In an interview, Schaffner noted that a substantial portion of Trump's supporters backed him simply because they were Republicans and he was the Republican nominee, not because they necessarily shared his views on race or gender roles. But overall, his coalition was largely united by the belief that discrimination against minorities (and, to a somewhat lesser extent, women) is no longer a big problem. The denial of racism "was also the strongest predictor of someone switching from an Obama voter in 2012 to a Trump voter in 2016," Schaffner said. More recent surveys have also found that Trump supporters are much more likely than other Americans to dismiss concerns about discrimination against minorities and women. [...] Trump's willingness over the past few weeks to employ more overtly racist language-and then to claim that he and his supporters are the real victims of racist accusations-offers one more piece of evidence that he's not focused on converting many, or any, of those skeptics in 2020. Instead, he appears to be set again on finding a narrow path through the Electoral College while largely abandoning the goal of winning the popular vote. (Ronald Brownstein, The Atlantic)
Das wäre das etwas optimistischere Gegenstück zu Fundstück 3: Trump und die GOP elektoral schlagen. Dank der einseitigen Radikalisierung durch Wahlunterdrückung und ähnliche Maßnahmen ist das allerdings nicht so leicht, wie es angesichts der Mehrheitsverhältnisse scheint. Die unrepräsentativen Organe des US-Systems arbeiten alle für die GOP, von den Gerichten bis zum Senat. Die Democrats müssen unter den aktuellen, polarisierten Umständen ja schon 7-8% mehr als die Republicans haben, nur um Gleichstand im House of Representatives zu erreichen; im Senat reicht nicht mal das. Das legt auch dieser Strategie schwere Steine in den Weg. 5) Wer hat Angst vorm kleinen Mann?
Interessanterweise wird der Begriff "unsozial" im Zusammenhang mit klimapolitischen Fragen erstmals intensiv auch von Leuten genutzt, die sich bislang fürs Soziale nicht so interessiert haben. Gerade Politiker, die Umverteilung gern als "Gleichmacherei" verurteilen, verweisen plötzlich auf "soziale Gerechtigkeit", wenn es um eine einheitliche CO2-Besteuerung und den Abbau klimaschädlicher Subventionen geht. Es gibt zwei einfache Möglichkeiten, dieser bei Licht betrachtet doch sehr durchsichtigen Argumentation zu begegnen. Erstens: Man weist darauf hin, dass Klimapolitik und finanzieller Ausgleich zwischen Bevölkerungsgruppen vollständig unabhängig voneinander betrachtet werden können. Wenn all diejenigen, die bei, sagen wir mal, höheren Fleischpreisen vor "sozialen Schieflagen" warnen, sich wirklich so für soziale Gerechtigkeit interessieren - wieso regen sie dann nicht einfach mehr Umverteilung an? Zweitens: Die fiktive Familie, in deren Leben sich nichts ändern darf, ist eben genau das - fiktiv. Das Gesellschafts- und Weltbild, das implizit stets heraufbeschworen wird, wenn vor der angeblich so veränderungsunwilligen deutschen Gesellschaft gewarnt wird, stammt aus den späten Fünfzigern bis frühen Achtzigern. Schön Fleisch auf dem Teller, freie Fahrt für freie Bürger, Flugreise ins Pauschaltourismusparadies, fertig ist das Kleinbürgerglück. Wo steht denn geschrieben, dass dieser winzige Ausschnitt aus der Geschichte der Menschheit das Modell für unser aller Zukunft sein soll? Wer will denn wirklich in einem Heinz-Erhardt-Film leben? Tatsächlich sind die meisten Deutschen längst viel weiter. [...] Was diese Gesellschaft braucht, ist ein neues, positives Selbst- und Zukunftsbild. Dieses Bild existiert sogar längst, jenseits dessen, was sich viele Politiker immer noch ausmalen, wenn sie "öko" sagen. Eine nachhaltige Lebensweise hat heute rein gar nichts mehr mit Kleidung aus Jutesäcken, verfilztem Haar, Freudlosigkeit, Humorlosigkeit und geschmacklosem Essen zu tun. [...] Ein nachhaltiges, CO2-neutrales Leben ist ruhiger, entspannter, gesünder, heller, schöner. Wer das "unsozial" findet, hat nicht verstanden, dass Veränderung zum Wesen jeder Gesellschaft gehört. (Christian Stöcker, SpiegelOnline)
Ich wäre bei weitem nicht so optimistisch wie Stöcker, was den gesellschaftlichen Wandel anbelangt. Ja, die Heinz-Erhard-Welt ist alles, aber nicht mehr die Mehrheit in Deutschland. Sie ist aber mit Sicherheit noch eine Pluralität. Und natürlich hat Stöcker damit Recht, dass das Händewringen der Konservativen über die soziale Ungerechtigkeit von Maßnahmen gegen den Klimawandel klare Heuchelei ist, bad faith und nicht ernstzunehmen. Dass der Sender völlig unglaubwürdig ist, ändert aber nichts an der Validität des Arguments. Ich bin der Überzeugung, ebenso wie Stöcker, dass wir weltweit ein nachhaltigeres Lebensmodell werden fahren müssen. Und dass dieses Modell gesünder und besser für alle ist. Aber dieser Wandel braucht lange Zeit und lässt sich nicht komplett verordnen. Was der Staat tatsächlich tun kann ist, Signale und Anreize zu setzen. Von Ökostrom bis Bio-Lebensmitteln, von neuen Verkehrskonzepten über Veggie-Days in öffentlichen Kantinen. Ein Schritt nach dem anderen, jeder begleitet vom ewigen Gejaule des bürgerlichen Feuilletons, bis die Vielzahl der kleinen Schritte sich zum großen Wandel summiert. Ich sehe Ralf schon zur Tastatur eilen und mir widersprechen. :)6) How a Trump recession could cement Biden's 2020 victory
And yet, in the midst of a recession, the race [of 1992] took a surprisingly centrist tone. After recovering from the exposure of an extramarital affair, Clinton kept his focus on economic growth through traditional methods. This strategy turned out to be so successful that Brown tried changing tactics late in the primaries, swinging right to back a flat tax and abolishing the Department of Education, long a goal of Ronald Reagan conservatives. In the end, however, Democrats went with Clinton and his laser focus on the economy, a centrist who promised less of an economic revolution in the midst of uncertainty in the short recession. If that same dynamic holds in 2020, it won't benefit Warren even if she wins the recession-prediction sweepstakes. Voters will want stability and caution rather than radical shifts in policy, perhaps especially after the drama and unpredictability of Trump's White House tenure. Almost the entire Democratic field has run hard to the left in order to out-Bernie Bernie Sanders; of the viable candidates remaining, only Joe Biden fits the mold. Biden also represents a restoration of the Barack Obama order, which is already attractive enough that Biden's opponents have been forced into the role of attacking Obama to fight Biden for the nomination. That may not be a bad outcome for Democrats. Biden consistently polls as the most competitive candidate against Trump, and Biden has plenty of experience in working the Rust Belt states that Trump took in 2016. Primary voters seem inclined to choose Biden already, but economic turmoil may well cement his nomination as the safest port in a storm. (Edward Morrissey, The Week)
Wenn es etwas gibt, das ich bei den Beobachtern des politischen Prozesses gerade in den USA abstoßend finde, dann diese Bereitschaft, alles zuerst unter dem Prisma "wie wirkt es sich auf die Umfragen aus" anzuschauen. Da wird dann ganz nüchtern diskutiert, welchem Kandidaten eine Rezession mehr helfen würde. Ich habe eine Flut dieser Artikel in der Timeline, aber praktisch keine, die sich mit den Auswirkungen auf die Bevölkerung selbst beschäftigen. - In der Sache gebe ich Morrissey durchaus Recht, und ich glaube es ist gut, dass Progressive nicht auf eine Rezession hoffen sollten. Soweit sollte unser politischer Anstand schon reichen, wenn es schon der der Gegenseite nicht tut. Die haben ja nicht einmal ein Problem damit, absichtlich eine herbeizuführen, wenn sie glauben, dass es ihnen elektoral hilft. 7) Auf der Suche nach der verlorenen Macht
Nun wird niemand etwas in der Politik, der keine Bündnisse auf Zeit zu schmieden weiß. Kommunikationsfähigkeit ist die Kernkompetenz des Spitzenpolitikers. Brandt hatte seine Schwächen, aber in seinem Brief an Schmidt zeigte sich seine Fähigkeit als Brückenbauer. Vor allem aber dominierte die Persönlichkeitsstruktur nicht den politischen Inhalt. Am Ende ging es immer um mehr als um die Eitelkeit von Spitzenpolitikern. Die war bekanntlich weder Brandt, noch Schmidt fremd. Davon ist nichts geblieben. In Nahles Worten wird Politik zum inhaltslosen Begriff, weshalb ihr Bild vom „flüchtigen Reh" so gut passt. Es beschreibt den Zustand einer Partei, die ziellos über die Lichtung rennt, immer in Angst vor allen möglichen Gefahren. Tatsächlich ist die Macht in der SPD verschwunden und diese Partei seitdem auf der Flucht. Das liegt nicht an intriganten Männern oder vermeintlich naiven Frauen als Rednerinnen in ehrwürdigen Gemäuern. Vielmehr an dem Verlust eines handlungsfähigen Zentrums, das nach innen und außen Orientierung bieten kann. Das etwas von der historischen Verantwortung weiß, weil man erst gemeinsam etwas durchmachen muss, um Wirkung zu erzielen. Das Scheitern von Andrea Nahles machte den Zerfall der SPD als Organisation sichtbar. Die feministischen Deutungen über das Scheitern der Andrea Nahles sind deshalb eine Attitüde ohne Erklärungswert. Oder glaubt jemand ernsthaft, dass es im Präsidium oder im Vorstand dieser Partei noch Männer oder Frauen gibt, die in der skizzierten weltpolitischen Lage Orientierung vermitteln könnten? (Frank Lübberding, Cicero)
Lübberdings Hinweis, dass es in der SPD keinen echten Gestaltungswillen gibt, ist mehr als angebracht. Seit mittlerweile über einer Dekade verwaltet die Partei eigentlich nur noch ihren Niedergang. Es ist dabei glaube ich auch viel weniger wichtig, in welche Richtung sie sich entwickelt. Ein klares Bekenntnis zur Agenda2010 à la Steinbrück oder Scholz wäre genauso eine Option wie ein Bruch mit der Agenda, wie ihn linke Kritiker fordern. Beides hat Risiken, aber was der Partei aktuell das Genick bricht ist das Lavieren, das ständige Hin-und-Her, das dauernde Sowohl-als-auch. Ich fürchte allerdings, dass es mittlerweile ohnehin zu spät ist. 8) Das hat der Mindestlohn bislang gebracht
Fast fünf Jahre nach Einführung des Mindestlohns fällt die Bilanz der Fachleute durchweg positiv aus, die Kassandrarufe sind verhallt. „Wir Ökonomen mussten eingestehen, dass unsere Prognosen komplett falsch waren. Unsere Warnungen waren überzogen", sagt der Kölner Arbeitsmarktexperte Alexander Spermann. Das glückliche Deutschland habe mit dem Zeitpunkt des Mindestlohnstarts mehr zufällig ein „perfektes Timing" gehabt: 2015 fiel in die Mitte eines fast zehnjährigen Konjunkturaufschwungs, der Mindestlohn konnte die steigende Nachfrage nach Arbeitskräften nicht bremsen. [...] Gerade auch Niedriglohnbranchen wie die Gastronomie, der Einzelhandel oder die Pflegedienste bauten weiter Personal auf. Negative Beschäftigungseffekte seien kaum nachweisbar gewesen, sagt Philipp vom Berge, der die Auswirkungen für das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) untersucht. „Der stärkste Rückgang lässt sich bei den Minijobs beobachten, der jedoch zum Teil durch Umwandlungen in sozialversicherungspflichtige Teilzeitjobs aufgefangen wurde." [...] Doch die Arbeitgeber preisen das Mindestlohnverfahren. „Positiv ist, dass der Mindestlohn der Entwicklung der Tariflöhne und damit einer festen Anpassungsdynamik folgt", sagt Steffen Kampeter, Hauptgeschäftsführer der Bundesvereinigung der Arbeitgeberverbände. (Birgit Marschall, General-Anzeiger Bonn)
Es ist schön zu sehen, dass auch einige Ökonomen ihren Fehler eingestehen. Keine der apokalyptischen Vorhersagen über den Mindestlohn hat sich bewahrheitet. Halbwegs aufmerksamen Beobachtern ohne ideologische Verblendung war das bereits vorher klar, weil genau diese apokalyptischen Vorhersagen von immer den gleichen Leuten in jedem Land gemacht werden, wo er eingeführt werden soll, und es in jedem Land dann nicht so kommt. Niemand liegt so konsequent daneben wie Mindestlohnkritiker. Kaputte Uhren gehen ja wenigstens zweimal am Tag richtig. 9) The Democratic Primaries Have Been Surprisingly Stable
There has been very little variation in the five survey results taken beginning in February. Biden began with a commanding lead and has led in all the polls by an "average of 22 percentage points." He has lost only one point since the last poll, despite a few gaffes and controversies and less than stellar debate performances. The top six candidates in the poll have remained constant. Elizabeth Warren and Bernie Sanders have been in a tight race for second place, polling in the mid-to-high teens, with Kamala Harris slightly below them. Pete Buttigieg enjoyed a brief but modest bump that has dissipated, and he really represents the only significant fluctuation. It's almost as if nothing that has happened since February has had any real influence on the preferences of South Carolina voters, but they do seem to have changed what they prioritize as issues. What's most remarkable, in my opinion, is the failure of the lower tier candidates to catch fire. We're not seeing much rotation or churn near the bottom, as most candidates are registering one percent or less in the results. I'm not sure what explains this, but it bolsters the legitimacy of my first instinct. I felt that Biden and Sanders would begin at the top of the polls and that they would remain there because they both enjoyed a solid and unshakable base of support. Whatever else seems to change, the size of their support seems almost immutable. [...] And yet, the desire within the Democratic Party to find a new generation of leadership is strong. Two old white career politicians aren't the answer for many voters, and I expected more of a contest for third or fourth place. It seems that Warren and Harris have seized that territory and no one else can break through. Warren appears to be in the strongest position to supplant Sanders as the main alternative to Biden, and she's polling ahead of him (by a single point) in South Carolina. (Martin Longman, Washington Monthly)
Der Schatten, der hier langwierig ausgetrieben wird, ist der von 2012, als in den republikanischen primaries ein abwegiger Spinner nach dem anderen in den Umfragen hochschoss, um danach im Lichte selbiger Umfragen zu verglühen. Derselbe Blödsinn wiederholte sich 2016, nur dass der Spinner dieses Mal gewann. Demgegenüber waren die demokratischen primaries 2016 ziemlich stabil. Die große Furcht - oder Hoffnung, je nach Ansicht - aller Beobachter war, dass die primaries 2020 für die Democrats eine Auflage der republikanischen von 2012 werden, wo die Hoffnung Romneys, nach den Vorwahlen einen etch-a-sketch zu machen und sich als moderater Republican neu zu erfinden krachend scheiterten. Kandidaten dafür gäbe es genug, von Gabbard bis Williamson. Aber diese Kandidaten haben konsistent Umfrageergebnisse unterhalb der Prozentschwelle; dass sie überhaupt irgendwelche Aufmerksamkeit erhalten liegt hauptsächlich daran, dass der DNC seine Lektion von 2016 überlernt hat und auf keinen Fall selbst die größten Vögel von den Debatten ausschließen wollte - was, wie Ralf inseinen Artikeln auch schön gezeigt hat, vor allem darin endete, dass die Veranstaltungen beknackt waren. Generell aber sind die primaries 2020 ein Hort der Vernunft, verglichen mit dem Bullshit, der ihre republikanischen Gegenstücke in den letzten beiden Zyklen dominierte. 10) Nichts Neues bitte, läuft doch auch so
Und so wird im Falle einer Rezession eben Trump und seiner zweifellos stumpfen Handelspolitik die Verantwortung zugeschoben werden - unter weitgehender Ausblendung der Versäumnisse der deutschen Wirtschaft. Die lassen sich grob so zusammenfassen:
  • Nicht rechtzeitig erkannt zu haben, zumindest nicht in der vollen Breite, dass in Zukunft das Geld weniger mit Hardware und viel mehr mit vernetzter Software verdient werden wird, auch in der Industrie.
  • Nicht rechtzeitig erkannt zu haben, dass die stetige Verbesserung eine andere Art von Innovation ist als die Erfindung von Produkten, die den Markt umwälzen.
  • Nicht rechtzeitig erkannt zu haben, dass die im Vergleich geringen Investitionen deutscher Unternehmen eine katastrophale Sackgasse sind.
Kurz, substanzielle Teile der deutschen Wirtschaft haben nicht erkennen können oder wollen, dass die gestrigen und heutigen Erfolgsrezepte morgen nicht mehr zwingend funktionieren werden. Es funktioniert doch auch so. Das ist das Prinzip von Comicfiguren, die in voller Geschwindigkeit noch ein ganzes Weilchen über dem Abgrund weiterlaufen können, bevor sie erkennen, dass sie längst die Richtung hätten ändern sollen - und herunterfallen. So erfolgreich zu sein, dass der Druck, sich zu wandeln, praktisch auf null sinkt, das ist das große deutsche Luxusproblem. In Zeiten der Digitalisierung ist das gleichbedeutend damit, von der eigenen Substanz zu leben. Die kommende digitale Rezession ist hausgemacht und beruht auf der Hybris, die Wucht und Radikalität der digitalen Transformation einfach ausgeblendet zu haben. (Sascha Lobo, SpiegelOnline)
Ich habe das in meinem Artikel zur Volkswirtschaft Baden-Württembergs schon vor über zwei Jahren zusammengefasst. Deutschland lebt völlig von seiner Substanz, auf allen Ebenen. Seine Konzerne investieren weder ausreichend in neue Infrastruktur noch Forschung und Entwicklung, der Staat (stets dem Goldenen Kalb der Schwarzen Null huldigend) sowieso nicht. Im Kultusministerium wird lieber überlegt, wie man die Schüler vor dem Internet schützen kann, als wie man endlich die Mammutaufgabe der Digitalisierung der Bildung angeht. Und so weiter und so fort. Es ist ein absolutes Trauerspiel. 11) Bundesamt für Einbruch
Aus Seehofers Ministerium stammt ein Gesetzentwurf zur "Harmonisierung des Verfassungsschutzrechts". Nicht nur die Polizei, so heißt es dort, sondern "das Bundesamt für Verfassungsschutz darf Wohnungen auch betreten". Also die Agenten des Inlandsgeheimdienstes. Das ist neu. Zwar ist schon länger geplant, dass sie die Befugnis erhalten sollen, Handys und Computer mit ihrer Spionagesoftware zu infizieren, die Fachbegriffe dafür heißen Online-Durchsuchung oder Quellen-Telekommunikationsüberwachung. Aber: Um die Software aufzuspielen, sollen sie nun offenbar nicht nur an öffentlichen Orten in einem unbeobachteten Moment ein Handy entwenden, sondern auch in Wohnungen einbrechen dürfen. Über diese kleine Passage in Seehofers 41 Seiten starkem Gesetzentwurf ist gerade der Rechtsprofessor Fredrik Roggan gestolpert, der an der Polizeihochschule Brandenburg lehrt. Der Jurist Roggan hat erst kürzlich in der Zeitschrift für öffentliches Recht und Verwaltungswissenschaft beschrieben, wie hoch die verfassungsrechtlichen Hürden sind, die auch nach 1998 für jeden Eingriff in die Privatheit der Wohnung gelten. Erstens muss der Verdacht einer schweren Straftat bestehen, oder eine dringende Gefahr für Leib oder Leben. Zweitens: Ein Richter muss den Eingriff anordnen. In Seehofers Entwurf indes sei von beidem nicht zwingend die Rede. Die Agenten sollen vielmehr auch in Wohnungen einbrechen dürfen, um den späteren Besuch eines ihrer sogenannten V-Leute dort vorzubereiten. "Im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang" könnten sie Räume technisch präparieren, so heißt es in dem Entwurf. Und sie müssten keinen Richter befragen, sondern nur die sogenannte G-10-Kommission, ein Gremium aus vor allem ehemaligen Bundestagsabgeordneten, das alle paar Wochen geheim tagt. "Es könnte in Zukunft passieren, dass Leute in unserer Abwesenheit in unserer Wohnung gewesen sind", sagt Roggan. "Und kein Richter hat dem zugestimmt." Dies erlaube Artikel 13 des Grundgesetzes eigentlich nicht. (Ronen Steinke, Süddeutsche Zeitung)
Seehofer hat echt den Schuss nicht gehört. Eine Behörde, die konsequent durch Rechtsbrücke, Inkompetenz und subversive Tätigkeit auffällt wie der Verfassungsschutz soll nicht nur unkontrollierten Zugang zu Privatwohnungen bekommen, sondern diesen auch noch V-Leuten verschaffen können. Das wären dann die vom Verfassungsschutz finanzierten und unterstützten Nazis, die gerade im Osten für so viel Gewalt verantwortlich sind; und wir würden dem Verfassungsschutz Unrecht tun würden wir nicht bemerken, dass er natürlich auch Linksextremisten finanziert. Denn wo man irgendwo die Aufklärung verhindern und Straftaten befördern kann, da ist diese Behörde immer zuvorderst mit dabei. Aber was scheren einen gestandenen konservativen Innenminister auch Grundrechte oder so was.