Das iranische Atomkraftwerk Buschehr in einer Aufnahme vom 20. August 2010. (Bild: Keystone/AP/Vahid Salemi)
(hpd) Es klingt wie der Plot zu einem Actionthriller: Die mexikanische Drogenmafia sollte im Auftrage zweier iranischer Agenten einen saudischen Diplomaten in Washington töten. Jedoch ist dieses Szenario keinem Hollywood-Drehbuch entnommen, sondern den aktuellen Medien.
Was ist also dran an diesem Rauschen im (digitalen) Blätterwald? Eine kurze und oberflächliche Recherche im Netz ergab um die 50 Treffer – allein bei deutschsprachigen Medien. Die englischsprachigen Seiten bringen viel mehr zu Tage.
Kommentare bei Twitter und in verschiedenen Blogs stellen sich die Frage: Wem nützt es? Und vermuten hinter dem Ganzen nur eine Ausrede, um die Drohgebärden der USA gegenüber Iran zu erneuern. Hier muss man vorsichtig sein mit seinen Analysen dieser Meinungen; es könnten die gleichen Köpfe dahinter stehen, die auch den Anschlägen des 9. September zusprechen, von der CIA ausgeführt worden zu sein.
Das Problem ergibt sich vor allem darin, dass auch die Medien nicht genau wissen, was sie berichten. Schreibt der Schweizer Tagesanzeiger noch davon, dass der vermeintliche Drogenbaron aus Mexiko ein verdeckter Ermittler eines US-Geheimdienstes sei, stellt unter anderen die Deutschen Welle die Verquickung mit den Mexikanern bereits als Tatsache dar.
Für die Theorie, dass es sich um einen „passend pünktlich publik“ gemachten Fall handelt, spricht, dass die Außenministerin der USA, Hillary Clinton, gleich mit passenden Worten zur Hand war, die von einer notwendig gewordenen „stärkeren Isolation des Iran“ sprachen. Die US-Medien stiegen – wie die Tagesschau berichtet – sofort und groß in das Thema ein: „Amerika werde Vergeltung“ üben. Das jedoch klingt für mich schon sehr nach Säbelrasseln.
Die in diesem Zusammenhang wieder aufkommende Diskussion nach wirtschaftlicher Isolierung des Iran ist zwiespältig. Zum einen treffen Wirtschaftssanktionen vor allem die – sowieso schon immer mehr verarmende – Bevölkerung des Landes. Hier wäre es angemessener, persönliche – gegen Angehörige des Systems gerichtete – Sanktionen (Ausweisung von Diplomaten, Einreiseverweigerungen in demokratische Länder etc.) einzuführen. Und zum anderen werden ja nicht einmal bereits bestehende Embargos eingehalten. Erinnert sei an die noch immer sehr guten wirtschaftlichen Beziehungen Deutschlands zum Iran.
Kaum öffentlich wahrgenommen wurde, dass das iranische Kernkraftwerk Buschehr am 04. September 2011 in Betrieb ging. Nach all dem vorherigen Gerangel im „Atomstreit“ mit Iran irritierte die relative Stille, mit der die Inbetriebnahme des AKW vonstatten ging. Nun also wird der Iran wieder Titelthema. Jedoch leider wieder nicht wegen der andauernden Menschenrechtsverletzungen. Sondern aufgrund einer abenteuerlich klingenden Story.
Es gäbe für die USA genügend Gründe, die Öffentlichkeit von allen innenpolitischen Problemen abzulenken; genügend auch, um vom Versagen der Armeen in Irak und Afghanistan abzulenken. Ob jedoch doch die Aussicht auf einen neuen Krieg verlockender ist?
Da bleibt die Frage kaum offen: Qui bono? – Wem nützt es?
Nic
PS: Es kann nur als Treppenwitz der Geschichte zu verstehen sein, dass der Hauptverdächtigte aus der texanischen Kleinstadt Corpus Christi stammt.
[geschrieben für den hpd]