Bollock und die gräulichen Drei – Every Jack will find his Jill Deal

Von Denisemyindiebooks @MyIndieBooks

Quelle:
Tobias Schindegger

Autor:

Tobias Schindegger

Genre:

Kinderbuch

1. Und so beginnt es …

Bald ist es soweit. Gleich werde ich wach. Ich will aber nicht gleich wach werden.
Denn dann habe ich wieder Angst. … Blöde nächtliche Geräusche von denen ich geweckt werde. Und dann diese unheimlichen Schatten …
So, jetzt ist es soweit: Ich schlottere vor Angst. Sollte ich meine Eltern rufen? Aber die sind immer so genervt wenn man sie nachts weckt … sie sehen dann immer aus wie träge Zombies die extrem torkelnd und verlangsamt in mein Zimmer kommen und meinen, mit einem ‘Hatte Angst – musse nich … gibbet keine Monster’ wäre alles wieder gut.

Vielleicht sollte ich mich erst einmal vorstellen:

Mein Name ist Tom. Ich bin 9 Jahre alt und ein waschechter Junge. Ich habe vor nichts Angst, außer dass ich von meinen Eltern oder gar von einem Mädchen ‘nen feuchten Schmatzer kriege. Obwohl, wenn es dunkel ist und ich ein Knarren höre …

… und meine Eltern hatten unrecht. Es gibt Monster, Dämonen, Gespenster u. v a. Ich habe einige getroffen. Es gibt fiese, böse und gemeine aber auch lustige, liebe und gutmütige. Die meisten sehen ihre Aufgabe darin, tatsächlich Angst und Schrecken zu verbreiten. Und das ist gut so. Es ist ihre Bestimmung. Sie wollen uns lehren, wie wichtig und schön Angst auch sein kann. Angst beschützt uns, macht uns auf Gefahren aufmerksam und beflügelt uns, Gefahren zu erkennen, evtl. zu beseitigen. Sie wollen uns motivieren, manche unnötigen Ängste zu überwinden. Woher ich das weiß? Nun, mein Leben änderte sich, als mich eines nachts ein Bollock besuchte und ich ihn begleiten durfte. Es hat mein Leben schlagartig verändert, mich auf Angst vorbereitet … und ja … ich habe immer noch Angst … und das ist gut so. Ich vermisse Bollock. Was ein Bollock ist? – Davon handelt diese Geschichte…

2. Wie ich Bollock traf

Ich lag im Bett. Draußen war es dunkel. Mein Zimmer wurde durch mein Trinchen spärlich erleuchtet. Trinchen war eine Nachttischlampe in Entchenform. Sie befand sich etwas abseits auf dem Schreibtisch, welcher meinem Bett gegenüber stand. Zu meiner Linken war an der Wand mein Not-Licht montiert. Es war eine Wandleuchte für Kinder, die einen halbförmigen Mond darstellte. Draußen durch das Fenster schien der wahrhaft echte Mond hinein. Nebelschwaden zogen an ihm vorbei. Er war so hell, dass er durch den zugezogenen roten Vorhang schien, welcher mein Zimmer in ein gespenstisch wirkendes Farbenspiel eintauchte. Selbst die Schatten spielten verrückt. Sie bewegten sich hin und her, Dielen knarrten, die Heizung gluckerte. Draußen krächzte eine Krähe ihren Totengesang. Dann schepperte es auch noch. Ich versuchte mich zu beruhigen. Vermutlich war vor unserer Einfahrt eine Katze, die den Mülleimer umschmiss. Aber hätte sie dann nicht lauthals miaut? Meine Nackenhaare richteten sich langsam aber sicher auf. … Mist … außerdem musste ich jetzt so dringend auf die Toilette. Das Badezimmer befand sich zwar gegenüber, aber ich musste 3 bis 4 Meter Spielflur überwinden … verdammt. Egal. Ich sprang schnell auf, flitze ins Badezimmer. Schnell öffnete ich die Türe, betätigte den Lichtschalter und schwang mich auf den Toilettensitz. Plötzlich hörte ich ein leises Hüsteln. Es könnte auch ein gedämpftes Röcheln gewesen sein. Es kam aus der Badewanne. Der Duschvorhang war zugezogen. Komisch, wer stellt sich denn mitten in der Nacht in die Dusche ohne das Wasser aufzudrehen? Mein Herz raste. Es schlug mir bis zum Hals. Langsam rutschte ich von dem WC herunter, zog mir die Hose meines Schlafanzuges hoch. Ich wagte nicht mehr zu atmen, geschweige denn die Klospülung zu betätigen. Ich streckte zitternd meinen Arm aus. Vorsichtig, ganz vorsichtig näherte sich meine Hand dem Duschvorhang. Mit einer plötzlich eintreffenden Entschlossenheit zog ich mit einem Ruck den Vorhang zur Seite. Schließlich konnte da kein Monster sein, es gab ja keine …also musste es für alles eine vernünftige Erklärung geben. Aber da täuschte ich mich. Als ich den Vorhang zur Seite schob sah ich es … das Monster.

Das war also der Augenblick der absoluten Zuspitzung von Angst. Sie war so groß, dass Tom gar nicht merkte, ob er schrie oder nicht. Er fürchtete, dies sei sein Ende. Der Anblick dieses Monsters war zu schrecklich. Beinahe hätte sein Herz aufgehört zu schlagen. Aber dann wurde er auf einmal ruhig. – Weiterhin hoch konzentriert, aber dennoch gelassen. Dem kalten Schauer wich dem Zweifeln an seinem Verstand. Absolute Neugier gesellte sich zu seinen Gefühlen hinzu. Was war das für ein Vieh?
Es sah ungefähr so aus:
In der Wanne saß ein grüngestreiftes lila Fellknäuel mit den Proportionen eines in etwa 9jährigen und ziemlich pummeligen Jungen. Drei große rötliche Augen mit kleinen schwarzen Pupillen sahen ihn an. Das Maul – ähnlich einer Raubkatze – stand offen. Seine beiden Schweinsohren standen auf „Hab‘ acht“ – Stellung, kleine Hörnchen, wie die eines jungen starken Stieres ragten aus seiner Stirn. In seiner linken Tatze befand sich ein tiefgefrorenes Pommes Frites und in der rechten Hand eine von Tom’s Socken, die er schon seit mindestens 2 Wochen vermisste. Im Grunde genommen vermisste sie gar nicht Tom, sondern Tom’s Mutter. Sie lag ihm ständig in den Ohren, auf seine Sachen besser aufzupassen.
Ein kleiner Fetzen dieser Socke ragte aus seinem Maul. Genauer gesagt die Sockenregion, die normalerweise den großen Zeh bedeckte.
Das mittlere Auge pendelte zwischen der Pommes und der Socke hin und her. Wäre es nicht eine auf den ersten Blick so gruselige Erscheinung gewesen, hätte man diese Mimik durchaus als verlegen deuten können. Mit seiner dicken Nase mit drei Nasenlöchern atmete er schwer. Die anderen beiden äußeren Augen wagten nicht von Tom zu weichen. Eine Weile schwiegen sie sich an.
Diese Stille wurde langsam aber sicher unerträglich. Tom fühlte ein Krabbeln im Hals. – Er hüstelte. Jetzt schauten ihn alle drei Augen an. Anscheinend erwartete er von ihm den Beginn einer Konversation. „Mist“ dachte Tom. Jetzt lag es also an ihm das Gespräch anzufangen. Er hasste so etwas bei Fremden, geschweige denn bei Monstern. Nie fiel ihm etwas Vernünftiges ein. Egal, er stellte die erste Frage, die ihm sowieso schon eine Weile durch den Kopf ging:
„Frisst Du mich jetzt?“
Zu Tom’s Erstaunen klang die Frage weniger ängstlich als erwartet. Sie tendierte schon eher in Richtung kindlicher Neugier.
Jetzt musterten ihn alle drei Augen von oben bis unten. Wieder verging eine Weile des Schweigens.
Dann löste sich das Monster aus seiner Erstarrung und verschlang noch schnell die tiefgekühlte Pommes und die Socke, rülpste wie ein von Luther geprägter Mönch und sprach mit einer tiefen aber erstaunlicherweise sehr sanft klingenden Stimme: „Später …“ und zwinkerte dabei mit seinem rechten Auge. Dann schmatzte er ein Weilchen und fragte schließlich ganz selbstverständlich, als sei dies die normalste und alltäglichste Situation auf der Welt: „Du hast nicht zufällig etwas Eiscreme, oder!?“ Dabei weiteten sich hoffungsvoll seine Pupillen.

Minuten später saßen sie in der Küche an dem runden hölzernen Esstisch. Erneut war Tom mit einer ähnlichen Situation konfrontiert. Das Monster schaufelte sich mehrere Packungen Eiscreme (samt Verpackungselementen) in sich hinein, welche Tom zuvor mühsam aus dem Eisfach des Kühlschrankes in der Küche geholt hatte. Eines seiner drei Augen konzentrierte sich auf das Koordinieren von Tatzen und des „Eiscreme-in-sich-Hineinschaufelns“, während die anderen beiden Tom unentwegt anstarrten. Anscheinend erwartete das Monster erneut, dass Tom das Gespräch fortführte. Dies nervte ihn allmählich. Zumal er immer noch keine beruhigende und zufriedenstellende Antwort auf seine Frage erhalten hatte. Außerdem war er so müde, dass ihm die Augen schon vom Aufhalten schmerzten. Also fragte er erneut: „Frisst Du mich jetzt?“
Nachdem sein Gegenüber nun sämtliche Eiscremes aus dem Tiefkühlfach verputzt hatte, antwortete es schließlich:
„Naja, jetzt bin ich erstmal pappsatt. Außerdem verspeise ich mein Fleisch nur ungern roh … Dann schon lieber medium oder voll krass durchgebraten … mit einer ordentlich scheußlich scharfen mit Peperoni verfeinerten Ketchup-Chili-Sauce…“
Während es antwortete, lief im grünlich-glibbriger Speichel aus dem Maul, welchen es mit seiner erstaunlich riesigen rosa fleischigen extrem langen und vor allem schnellen Zunge wieder einschlabberte. Kleinlaut, fast schon absichtlich nuschelnd fuhr es fort: „Außerdem weiß ich gar nicht wie Menschenfleisch schmeckt, geschweige denn wie es zubereitet werden sollte …“
Spitzbübisch sah es Tom in die Augen:
„Es sei denn, Du besorgst uns das nächste Mal eine ziemlich große Bratpfanne, in die ein großer 9jähriger Junge auch hineinpasst!“ Dann lächelte es. Auch wenn dieses Lachen ziemlich heiser und kaum hörbar klang, war es sehr ansteckend. Und so lachten beide eine Weile. Schließlich fragte Tom:
„Heißt das, dass Du wieder kommst?“
Nun sah es Tom mit allen drei Augen und ernster Miene an und fragte:
„Na, wenn Du das möchtest?“
Zu seinem eigenen Erstaunen hörte Tom sich sagen: „Ja, sehr gerne.“
Und das war noch nicht einmal gelogen, sondern entsprach der Wahrheit.
Äußerst cool meinte es nur:
„Na gut, mal sehen ob ich Zeit habe. Mein Terminplaner ist ziemlich voll, weißt Du … Mal sehen, ob sich das Einrichten lässt … Ich bin sehr beschäftigt …“
Tom hatte noch viele Fragen, war aber auch sehr müde. Dies schien sein Gesprächspartner zu bemerken.
„Na, Du bist jetzt sehr schläfrig was? Das liegt an meinen Ausdünstungen aus meinen sogenannten Schlafdrüsen, weißt Du? Die wirken wie das reinste Schlafmittel … hätte ich gecheckt, dass wir uns unterhalten wollen, dann hätte ich mich mit meinen Ausdünstungen zurückgehalten …. Ich kann das nämlich steuern … weißt Du?“
Tom konnte tatsächlich kaum noch den Worten des Monsters folgen. Das Monster kam sehr flink und elegant um den Tisch geflitzt, da Tom vor Müdigkeit umzufallen drohte.
„Warte, ich trage dich in Dein Bett“ sprach es mit sanfter Stimme. Komisch, irgendwie kam Tom das Monster plötzlich ein wenig größer vor. So, als sei es schlagartig um ein paar Zentimeter gewachsen. Mühelos brachte es Tom zurück in sein Kinderzimmer zu seinem Bett. Gerade als es sich abwenden und gehen wollte, sprach Tom mit seinen letzten Kräften:
„Könntest Du noch ein wenig bei mir zum Kuscheln bleiben? – Nur so lange bis ich eingeschlafen bin. Ich habe doch solche Angst allein und nachts im Bett.“ Freudestrahlend drehte sich das Monster um, sprach „Aber gerne“, schrumpfte auf seine vorherige Größe zurück und krabbelte zu Tom ins Bett. Das Fell des Monsters war so wohlig warm und kuschelig weich. Mmmh, mittlerweile fand Tom den Begriff „Monster“ ziemlich unpassend für dieses zwar furchtsam anzublickende, aber doch sehr nette Geschöpf. Tom schmiegte sich wohlig entspannt um dieses knufflig schaurig schön hässliche furchteinflössende und Geborgenheit und Wärme gebende Wesen und fragte mit aller-allerletzter Kraft:
„Was …“ Weiter kam er nicht mehr. Zu einem „… bist Du?“ fehlte ihm die nötige Energie. Der Schlaf hatte ihn buchstäblich übermannt. In weiter Ferne hörte er es „Bollock“ sagen. Dann fiel er in einen sehr erholsamen und angenehmen, langen, tiefen Schlaf.

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“Bollock und die gräulichen Drei”

Infos zum Autor:

Tobias Schindegger