Freak-Folk auf skandinavisch?
Sie heißen Ida, Símun und Asker. Sie spielen alle drei Gitarre, singen können sie auch, die Jungs steuern zusätzlich noch Schlagzeug und Bass bei. Klingt simpel, ist es aber nicht. Denn die drei Musiker alias Boho Dancer verknüpfen die Tugenden nordischer Melancholie gekonnt mit pastellener Folkseligkeit und kraftvoller Dramaturgie.
Die ersten fünf daraus entstanden Songs werden nun als "Furry Skin" EP am 10.08.2012 bei SlowsharkRecords veröffentlicht, nachdem die dänische Heimat bereits im Frühjahr beglückt wurde. Mit viel Phantasie entwerfen Boho Dancer bildhafte Momente, die mit vielerlei Emotionen gespickt trotzdem immer Bodenhaftung behalten. Ob beim verwaschenen, mit allerlei Bläsern und Schellenkranz angereicherten "Pistols", das binnen seiner sechs Minuten von Höhepunkt zu Höhepunkt schreitet und sich immer mal wieder rhythmische Auszeiten gönnt. Ida Wenøe nimmt die zuweilen verhallende Dezenz ihrer Stimme ernst und führt den Song in Gefilde, die unfassbar erscheinen und doch so nah klingen. Auch das folgende "Only A Tale" verfolgt ähnliche Strategien, ist aber fordernder, aufmüpfiger und durch die Klagelaute im Hintergrund auch aussergewöhnlicher. Spätestens wenn im zweiten Teil mehr Vehemenz ins Spiel kommt, neigt sich fast eine gewisse Tanzbarkeit ins Blickfeld, die sich aber genauso schnell wieder legt und somit die ruhigen Wege zum verschlugenen "Good Vibrations" legt. Hier lässt sich Wenøe von knurrenden Streichern umfangen und mäandert mit Gleichmut und fordernder Bestimmtheit durch das immer trickreichere Perkussionsgeäst, das an den fabelhaften DM Stith erinnert.
Doch kehren wir noch einmal an den Anfang zurück. Allein das titelgebende "Furry Skin" leitet die EP so erwartungsschürend ein, dass die Entscheidung zugunsten zu Berge stehender Nackenhaare oder wohliger Gänsehautschaue nicht immer ganz einfach ist. Wer leitet schon so erhaben mit gedoppeltem Frauenchor ein und rudert dann so entspannt zurück (und lässt dabei ein ums andere Mal an Stina Nordenstam denken). Auch hier drängen sich so viele einfache, aber in ihrem Zusammenklang von Organ, Perkussion und Saitenklang komplexe Versatzstücke in und durch den Raum, dass ein vor Staunen offener Mund kein Zufall sein muss. Wenn das jetzt alles noch nicht neugierig genug gemacht hat, sollte die Single "Me & Your God" für den Rest sorgen, hier darf auch mal ein wenig lauter gelärmt werden und trotzdem wird ein gewisser Grad an Zärtlichkeit nie unterschritten.
Man soll nicht, man muss Boho Dancer auf dem Zettel haben, wenn es um neue Wege für Folkmusik geht. Die oben genannte Schublade mag ich jetzt aber gar nicht ganz aufmachen, denn dann passt nur die Hälfte des Kopenhagener Trios rein. Einigen wir uns auf tolle Musiker, die "einfach schöne Lieder" machen und somit ganz tief im Herz des Bänkelsängers einen Platz gefunden haben.