Der sogenannte Bodyhorrorfilm gehört zu den wohl ekeligsten Vertretern seines Herkunftsgenres. Regisseur David Cronenberg, der mit Die Fliege einen starken Beitrag zu dieser Gattung geleistet hat, gilt als Begründer, vielleicht gar als dessen stärkster Vertreter. Im Bodyhorror wird der Zuschauer selbst angegriffen, denn ihm wird vor Augen gehalten, auch wenn es meist in der Phantastik angesiedelt ist, was für widerliche Dinge mit dem menschlichen Körper getrieben werden können. Dabei finden sich frei erfundene Mutationen, Verformungen des Körpers, die monströse Züge annehmen können, ebenso im Genre wieder wie ganz herkömmliche Erkrankungen, parasitärer Befall oder eben nicht die Verformung, sondern die Zerstückelung. Vielleicht kann sogar ein deutscher Beitrag wie Feuchtgebiete irgendwie hinzu gezählt werden. David Wnendt, Regisseur der Charlotte Roche-Romanverfilmung wird sich aber nicht mit namentlichen Größen des Genres messen können, zumindest nicht auf Bodyhorrorebene: nebst dem bereits genannten Cronenberg finden sich hier eher Namen wieder wie Frank Henenlotter (Basket Case), Lloyd Kaufman (The Toxic Avenger), Clive Barker (Hellraiser) und Stuart Gordon. Letztgenannter vermochte es sogar, seine vielleicht berühmteste Produktion Re-Animator zum Bühnenmusical umzuarbeiten, gelaufen in Los Angeles, New York und Edinburgh.
Während sein 1985er Film Re-Animator nun also seit 2011 ein Horrormusical im Geiste der Rocky Horror Picture Show und dem kleinen Horrorladen ist, kommt dieser Tage sein Folgefilm von 1986 neu auf den Markt. From Beyond, mit dem entsetzlich deutschen Beititel Aliens des Grauens – von Aliens ist niemals die Rede – erzählt von den beiden Wissenschaftlern Crawford Tillinghast (Jeffrey Combs) und Edward Pretorius (Ted Sorel), die einen Resonator bauen um die menschliche Zirbeldrüse zu stimulieren, den sechsten Sinn zu aktivieren und dabei das Tor in eine höchst unfreundliche Parallelwelt zu öffnen. Die Geschichte basiert, wie auch der Re-Animator, auf einer Short Story des amerikanischen Autors H. P. Lovecraft, bereits 1920 verfasst, vierzehn Jahre später in The Fantasy Fan veröffentlicht.
Im Film werden klassische frühe Motive des Horrorfilms aufgegriffen, zuallererst muss Dr. Pretorius als verrückter Wissenschaftler herhalten, „Ich will mehr Wissen erlangen als je ein Mensch zuvor“ schreit er im Selbstversuch durch den Resonator. Die Maschine gerät außer Kontrolle und Pretorius wird scheinbar von den lumineszierenden aal- und quallenartigen Wesen, die er überall in der Luft um sich schweben sieht, gefressen, nur um später als deformiertes Monster zu erscheinen und die übrigen Protagonisten zu penetrieren. Nicht umsonst entdecken Dr. Katherine McMichaels (Barbara Crampton) und Bubba Brownlee (Ken Foree) die Vorliebe des Wissenschaftlers für ausgefallene Sexspielchen, die sich später in seiner Deformierung, der ständigen Präsenz seines penisförmigen Kopfes und sich schlängelnden Tentakeln wiederspiegeln.
Das Ganze wirkt so trashig wie es vermutlich auch konzipiert wurde, behält dabei aber seinen Charme aus überspitztem Spiel mit großen Augen und Nahaufnahmen des Entsetzens. Der Bodyhorror greift im Verlauf des Films noch weiter um sich: Dr. McMichaels ergibt sich in einer Art Trance den Wünschen des Pretorius-Monsters, kleidet sich im eng anliegendem Sexoutfit, bereit ihren Körper an den verrückten Wissenschaftler zu opfern. Bubba Brownlee wird anfangs nur von den Monstern aus der Parallelwelt angeknabbert („Ein kleines Stück fehlt, aber das heilt!“), endet dann aber als zernagte Leiche, während Crawford nach einer Komplettenthaarung selbst zu einer Kreatur mutiert, die sich an den Hirnen der Menschen kaum satt zu essen vermag.
From Beyond bietet in all seinem Trash den nötigen, vermutlich nicht beabsichtigten Humor, der sich immer noch zu Genüge zurückhält, den Ekel vorantreibt, um auch heute noch, viele Jahre nach seinem Erscheinen 1986, als klassischer Horrorfilm wahrgenommen werden zu können.
“From Beyond: Aliens des Grauens“
Originaltitel: From Beyond
Produktionsland, Jahr: USA, 1986
Länge: ca. 82 Minuten
Regie: Stuart Gordon
Darsteller: Jeffrey Combs, Barbara Crampton, Ted Sorel, Ken Foree
Heimmedienstart: 13. September 2013
Im Netz: ofdb.de/filmworks/from-beyond