In der Bodybuilder-Szene ist der Einsatz von Medikamenten schon lange Normalzustand – wie man vielleicht auch in diesem Post hier lesen konnte. Durch einschlägige Literatur und Internetrecherche wird der „selbständige“ Gebrauch von Arzneimitteln gefördert. Aber es sind bei weitem nicht nur Wachstumshormone oder anabole Steroide. In dem Post heute findet ihr weitere verwendete Mittel -
vorher aber noch eine kleine Anmerkung: auch wenn ich immer wieder höre, wie „stolz“ die Anwender auf ihr „weites Wissen“ in Bezug auf die Wirkungsweise und Anwendung von den betreffenden Medikamenten sind … sollte es nicht zu denken geben, dass diejenigen, die als die wahren Experten in der Anwendung der Medikamente gelten – ja, ich rede hier von den Apothekern – nicht einfach Medikamente einwerfen oder empfehlen wenn sie nicht notwendig sind? So viel wie nötig, so wenig wie möglich. – Alle Medikamente haben Nebenwirkungen und vor dem Einsatz liegt nicht grundlos immer eine Nutzen-Risiko Abwägung durch Arzt oder Apotheker …
Anastrozol (Arimidex), Aromasin (Exemestan), Letrozol (Femara) - Aromatasehemmer:
Eigentlich zur Behandlung des Brustkrebses bei Frauen nach der Menopause. Manche Krebse brauchen das Hormon Östrogen zum Wachstum, also versucht man das zu entziehen. Aromatasehemmer hemmen ein Enzym, das Androgen in Östrogen umbaut. Manche Athleten benutzen diesen Wirkstoff jedoch missbräuchlich, um eine Umwandlung der verwendeten Steroide zu verhindern und so östrogenbedingte „Nebenwirkungen“, wie z.B. erhöhte Fett- und Wasserspeicherung zu verhindern.
Clomifen (Clomid / Serophene) : zur Behandlung fehlenden Eisprungs bei Frauen mit Kinderwunsch. Es bewirkt im Hypothalamus eine vermehrte Ausschüttung von GnRH, dem Gonadotropin Freisetzungshormon. Bei Frauen führt das zu einem Anstieg von folikelstimulierenden Hormon (FSH) und luteinisierendem Hormon (LH).
Beim Mann bewirkt die vermehrte GnRH Ausschüttung ein Anstieg der natürlichen Testosteronproduktion und eine Stimulation der Spermienproduktion. Dieser Effekt wird von den BB vor allem am Ende einer „Anabolika-Kur“ ausgenutzt, um durch die äussere Hormonzufuhr verminderte Eigenproduktion zu erhöhen, rsp wieder auf Ausgangsniveau zurückzubringen.
Gonadotropinum Chorionicum, hCG (Pregnyl) - Gonadotropine sind Hormone, die wichtig für die männliche und weibliche Fortpflanzung sind. Bei der Frau stimuliert es die Ausschüttung von Progesteron aus dem Gelbkörper, und es wirkt auf die Endphase der Reifung der Eizellen in den Eierstöcken, in dem es den Eisprung auslöst. Beim Mann kann der Arzneistoff eingesetzt werden, um die Ausschüttung von Testosteron zu unterstützen. Diese soll (wie oben beschrieben) nach einer Anabolika Kur wieder angeregt werden – schon nur, damit die mühsam erworbene Muskelmasse nicht wieder verloren geht.
Furosemid (Lasix / Furodrix, Furosemid / Oedemex): kurzes und schnell wirksames Schleifendiuretikum. Wirkt gegen Wassereinlagerung im Gewebe und gegen Bluthochdruck. Diese Substanz wird immer wieder aufgrund ihres entwässernden Effekts von Athleten verwendet, um angestrebte Gewichtkategorien zu erreichen, aber auch von Bodybuildern vor einem Wettbewerb, um die Wasserkonzentration innerhalb des Muskels zu senken. Dieses Mittel kann mitunter sehr gefährlich werden, da es bei zu hoher Dosierung extrem entwässert und einen schweren Kalium- bzw. Natriummangel herbeiführt. Die missbräuchliche Anwendung hat schon das Leben einiger „ehrgeiziger“ Sportler gekostet.
Weitere Diuretika wie Spironolacton (Aldactone / Xenalon) : Kaliumsparendes Diuretikum und Aldosteronantagonist. Im Gegensatz zu Furosemid ist Spironolacton kein Mittel für die „letzte Minute“, da es eine eher milde diuretische Wirkung entfaltet. Es wird somit missbräuchlich meistens in den letzten Wochen vor einem Wettkampf eingesetzt.
Insulin und Insulin-Analoga (z.B. Humalog). Die Hormone Insulin, Glukagon und Somatostatin regulieren gemeinsam den Stoffwechsel der Kohlenhydrate (Zuckerhaushalt). Normalerweise eingesetzt zur Behandlung von Diabetes. Missbraucht werden Insulin und Insulin-Analoga als so genannte „Aktivatoren“, da sie die muskelaufbauende Wirkung von anabolen Steroiden, Insulin-like growth factor 1 (IGF-1) oder Somatotropin (STH) deutlich steigern können. Zur Anwendung kommen vorzugsweise schnell- und kurzwirksame Wirkstoffe. Wer diesen Arzneistoff verwendet, legt Wert auf einen schnellen Wirkungseintritt und ein ebenso schnelles Wirkungsende, um potenzielle Gefahren, wie zum Beispiel das hypoglykämische Koma, zu minimieren – also eine Bewusstlosigkeit wegen dem Blutzuckerabfall.
Metformin (Glucophage / Metfin) – Antidiabetikum, orale Mittel gegen Diabetes. Es steigert nicht die Insulinsekretion – dadurch ist die Gefahr einer Unterzuckerung kleiner -sondern vermehrt die Aufnahme des Blutzuckers in die Muskel- und Fettzellen, hemmt die Neubildung der Glucose in der Leber und Verzögert die Aufnahme aus dem Darm. Die für Bodybuilder wohl wichtigste Wirkung des Metformin besteht in dessen Fähigkeit, die Glukoseaufnahme und -verwertung innerhalb der Muskulatur zu steigern. Somit werden vermehrt Kohlenhydrate in der Muskulatur und weniger im Fettgewebe gespeichert und verbrannt.
Levothyroxin (Euthyrox / Eltroxin / Tirosynt) auch Liothyronin – aktive Form des Hormons
Das Schilddrüsenhormon wird missbräuchlich eingesetzt um eine Beschleunigung des Grundumsatzes zu erzielen. Durch den gesteigerten Zellstoffwechsel wird auch der Energieumsatz gesamt gesteigert und zugeführte Kohlenhydrate, Eiweisse und Fette schneller „verbrannt“ – als Zusatz zu Diäten, oft kombiniert mit Yohimbin oder Ephedrin.
Alpha- Beta- Histamin-, Dopaminrezeptoren:
Ephedrine: Wirken aufputschend, appetitzügelnd, steigern Fettverbrennung oft in Kombination mit Coffein, Ketotifen oder Yohimbin
Clenbuterol selektives B2-Sympathomimetikum zur Behandlung von Asthma. In der Bodybuilder Szene als stark fettverbrennend unt antikatabol (s. Ketotifen) angesehen. Hat ziemlich üble Nebenwirkungen: von Schlaflosigkeit, Zittern, Herz-Kreislauf Problemen bis Nekrosen im Herzmuskel
Ketotifen (Zaditen): noch ein Antiasthmatikum. Hemmt Entzündungsmediatoren wie Histamin und Leukotriene. Meist kombiniert mit Clenbuterol oder Ephedrin. – weil durch das Medikament die Beta2Rezeptoren zunehmen, so das Gewöhnungseffekte von Clenbuterol reduziert werden – dann kann man das länger nehmen. Das Risiko der Herzschädigung wird dadurch aber auch grösser.
Yohimbin: eigentlich für Erektionsprobleme eingesetzt – Wirkung nicht ganz erklärt, ev. Dilatation der peripheren Gefässe, Wirkung auf autonomes Nervensystem. Sportler nehmen es auch für die Steigerung der Fettverbrennung, wegen einer blockierenden Wirkung auf a2-Rezeptoren, die es auch im Fettgewebe gibt. Es wird weniger Fett eingelagert und mehr ins Blut abgegeben.
Clonidin (Catapresan): partiell agonistisch auf sympathische a-Rezeptoren. Wirkung gegen Bluthochdruck, analgetisch, lokalanästhetisch, blutfluss-stabilisierend, Herzschützend – deshalb wird es in der Anästhesie als Vormedikation zur Minderung des Anästhetika-Bedarfs und zur postoperativen Schmerztherapie. Auch in der Drogenentzugstherapie. Clonidin führt aber auch zu einer Steigerung der Wachstumshormonausschüttung – und damit zu einem muskelaufbauendem bzw thermogenen Effekt.
Betablocker – z.B. Metoprolol (Beloc Zok /Meto Zerok) kommen in Medikamenten gegen Bluthochdruck, Migräne, Herzrhythmusstörungen und Herzasthma zum Einsatz – sie hemmen die aktivierende Wirkung von Adrenalin und Noradrenalin, dadurch wird der stimulierende Effekt des Sympathikus auf das Herz gedämpft. Diese Medikamente bewirken keine Leistungssteigerung sondern eine Beruhigung – dementsprechend werden sie missbräuchlich eingesetzt bei Prüfungsängsten (Wettkampfnervosität) etc. Nebenwirkungen: Blutdruckabfall, Übelkeit, bei längerer Einnahme auch depressive Verstimmung.
Bromocriptin (Umbrel) und Pergolid (Permax) -Dopamin Agonist, gegen Parkinson eingesetzt. Bodybuilder nehmen das in der Hoffnung, Diäten effektiver zu gestalten. Es greift in die natürliche Leptinausschüttung ein, das im Fettstoffwechsel eine Rolle spielt. Die Idee ist, dass es geringere Nahrungsmengen braucht um sich satt zu fühlen. In der Praxis dürften mehr die Nebenwirkungen: Übelkeit, Erbrechen, Ulcusneigung zu einer effizienteren Diät führen …
Diphenhydramin (Benocten, Nardyl …) H1-Rezeptorenblocker. Antihistamin. Antiallergisch und beruhigend, antiemetisch (gg Erbrechen) sowie anticholinerge und antipruriginöse Wirkung (gg Juckreiz). Ausserdem: atropinartig, antikonvulsiv. In hohen Dosen gegenteiliger Effekt: erregende Wirkung auf das Zentralnerbensystem, Euphorie, Halluzinationen …
Dextromethorphan (in vielen Hustenmiteln): Hustenreiz dämpfend, Wirkung gegen neuropathische Schmerzen. In höheren Dosen dissoziativ, (Anfangs sensorische Wirkung, ähnlich wie Alkohol, Cannabis), dann psychedelisch (Halluzination, Bewusstseinsstörung) darum als Droge missbraucht.
4-Hydroxybuttersäure – breite Wirkung und breite Nebenwirkungen, darum medizinisch kaum mehr gebraucht. GHB oder Liquid Extacy wird hauptsächlich bei Patienten mit chronischem Alkoholabusus zum Entzug eingesetzt. Wirkungen aber auch: Anästhetisch, Antidepressiv, Analgetisch bei Schlafstörungen – und bei Bodybuildern missbräuchlich zur Stimulation der Wachstumsausschüttung.
Methylphenidat (Ritalin) – bei hyperaktiven Kindern, Aufmerksamkeitsstörungen. Es ist kein Heilmittel sondern unterdrückt lediglich die Symptome. Auch Einsatz für Narkolepsie (Schlaf-Wachs-Störung). Zentralnervöses Stimulans, mehr Wirkung auf mentale als motorische Aktivität. Wirkungsweise noch nicht voll geklärt.
In Drogenkreisen als Ersatz-Speed gehandelt. Tabletten werden dabei auch als Pulver geschnupft oder gespritzt.
Modafinil (Modasomil) – zur Behandlung exzessiver Schläfrigkeit. Wirkmechanismus noch praktisch unbekannt, dürfte aber auf Beeinflussung von Neurotransmittern wie Histamin, Noradrenalin, Gaba etc beruhen. Leistungssteigernde Wirkung – darum auch von Studenten missbraucht, nicht nur von Bodybuildern.
Das ist eine ziemlich Liste, die ich hier auch darum gebracht habe, um die Apotheker unter meinen Lesern einmal mehr aufmerksam zu machen – da gibt es sehr ungewöhnliche Mittel darunter, die auch missbraucht werden.
Quelle: österreichische Apothekerzeitung