Bockwurst und Eiersalat. Gleichzeitig. Heute kaum vorstellbar, dass dies mal mein Lieblingsfrühstück war. Damals, in den ersten Jahren als Maschinen- und Anlagenmonteur. Im Metalleichtbaukombinat (MLK) Werk Halle. Werk III, wenn ich mich recht entsinne. Bevor es auf große Montage ins Atomkraftwerk ging. Da haben wir Strom-Masten für die Reichsbahn montiert und geschweißt. Eine Zeit lang stand ich an der Metallsäge, die für den Zuschnitt der Mast-Winkelprofile im Einsatz war. Winkel auf Gehrung sägen. Damit sie im gekreuzten Wechsel die Masten stabilisieren konnten. Da stand ich nun an der Säge. Im Drei-Schichtbetrieb im Wechsel mit meinem Kollegen namens Kannegießer. Entweder von 6 bis 14, 14 bis 22 oder eben 22 bis 6 Uhr. Wobei die Säge nur zweischichtig lief, in den Nachtschichten wurde geschweißt. Oder geschlafen. Je nach Planerfüllung und dem Vorhandensein von Material. Den Stahl gab es nicht immer. Dafür aber Bier. Das floss so in ziemlich jeder Spätschicht (nach 18 Uhr, wenn auch der letzte Abteilungsleiter aus den Büroetagen das Werk verlassen hatte) und natürlich Nachts.
Aber zurück zu Bockwurst und Eiersalat. Es gab nicht viele Kollegen und Menschen, die ich beim MLK gut leiden konnte. Mein Kollege Kannegießer, mein Meister in der Montage, dessen Namen ich leider vergessen habe. Liebling aller Kollegen aber war jene Frau in der kleinen Frühstücks-Kantine. Sie hieß Ingrid oder Maria, glaube ich. Wie auch immer, die versorgte Montag bis Freitag das halbe Werk III mit belegten Brötchen, Schnitten und Kaffee. Sowie mit Bockwurst. Der Hit war der von ihr täglich hausgemachte Eiersalat. Zwei halbe Brötchen damit, dazu ne Tasse Kaffee. Das ganze dann für 1,60 Mark. In Ost. Einfach himmlisch.
Mein Kollege Kannegießer nahm das gleiche Menue. Mit einem kleinen aber wichtigen Unterschied: Er bestellte sich dazu noch ne Bockwurst (alles zusammen dann für 2,40 in Ost). Anfangs unvorstellbar, übernahm ich irgendwann, nach dem ich es probiert hatte, diese Angewohnheit. Einmal pro Woche gab es nun neben Kaffee und den zwei halben Brötchen mit Eiersalat eine Bockwurst mit Senf. Der übrigens, nebenbei bemerkt, sehr gut zum Eiersalat passte. Nach der Zeit beim MLK habe ich das dann nie mehr so zusammengestellt gegessen. Bis heute. In der Mittagspause bestellte ich mir beim Metzger nebenan zwei Eiersalatbrötchen, Bockwurst und Senf. Auf einen Teller? Fragte die Verkäuferin etwas ungläubig. Ja, auf einen Teller. Und es schmeckt immer noch. Nur der Eiersalat war etwas charakterlos und deshalb längst nicht so lecker wie damals.