Blutegel werden im Volksmund gerne als glitschig, schwarz, blutrünstig und ekelig beschrieben. Eine Beschreibung, die den kleinen Würmern alles andere als gerecht wird. Blutegel sind seit vielen Jahrtausenden Tiere, deren Heilkünste sich die Menschen zu Nutze machen. Nicht ohne Grund, denn die Wirkung bei vielerlei Problemen ist beeindruckend und bringt so manchen Schulmediziner ins Grübeln.
Der kleine Wurm mit wundersamen Heilkräften
Tiere haben uns nicht selten etwas voraus. Sie vertrauen ihren Instinkten. Rinder, Schafe und andere Vierbeiner zum Beispiel stellen sich bei Beschwerden in Gewässer in denen sich Blutegel befinden und warten dort geduldig auf die heilsame Medizin, den Blutegel.
Was aber ist es, das die heilsamen Kräfte freisetzt?
Im Speichelsekret des Blutegels sind zahlreiche Substanzen enthalten, die eine heilsame Wirkung entfalten. Früher war der sogenannte medizinische Blutegel (Hirudo medicinials) in den Gewässern weit verbreitet. Die schlechte Wasserqualität hat dazu geführt, dass man ihn heute nur noch selten vorfindet. Für die Blutegelbehandlung werden heute aber ohnehin ausschließlich Zuchttiere verwendet.
Blutegel sind, wenn sie noch nicht angesetzt wurden, 5-8 Zentimeter lang und wachsen beim Ansetzen auf die zwei- bis dreifache Größe an.
Wie erfolgt die Therapie? Ist diese mit Schmerzen verbunden?
Bei der Behandlung werden die Blutegel an die zu behandelnden Stellen angesetzt. Das Festsaugen ist dabei kaum spürbar und wird von vielen als Art Mückenstich bezeichnet. Der Blutegel gibt beim Anbeißen sein Speichelsekret ab. Ein Speichelsekret, das mit vielen Wirkstoffen zersetzt ist. Wissenschaftler konnten bislang 15 Wirkstoffe ausmachen, die das Wohlbefinden des Menschen verbessern können.
Darunter befinden sich Wirkstoffe wie Hirudin und Heparin, die der Blutgerinnungshemmung dienen. Calin und Hyaluronidase wirken Gefäß erweiternd und fördern so die Durchblutung in den Gefäßen.
Unter anderem wurde auch der Wirkstoff Histamin im Speichel festgestellt, welcher wiederum eine zentrale Rolle bei allergischen Reaktionen spielt und an der Abwehr körperfremder Stoffe beteiligt ist.
Heute weiß man, dass der Behandlungserfolg nicht vorwiegend auf den Biss und den damit verbundenen Blutverlust zurückzuführen ist, sondern vor allem den Speichel des kleinen Blutsaugers.
Bei welchen Erkrankungen wird die Blutegeltherapie eingesetzt?
Die Blutegeltherapie wird vor allem bei Gelenksbeschwerden, Durchblutungsstörungen (Thrombosen, Krampfadern), Rheuma, Tennisarm, Tinnitus, Bluthochdruck, Kopfschmerzen, Arthrose oder Gicht angewendet. Die Behandlungserfolge sind dabei nicht selten sehr gut.
Folgende Wirkungen konnten bei Untersuchungen festgestellt werden:
- Gerinnungshemmend
- Entzündungshemmend
- Immunisierend
- Antibakteriell
- Schmerzlindernd
- Antithrombotisch
Wie lange dauert die Behandlung? Wie viele Blutegel werden angesetzt?
Die Dauer der Behandlung ist grundsätzlich unterschiedlich und dauert je nach Patient zwischen einer und drei Stunden. Angesetzt werden in der Regel nicht mehr als sechs bis zehn Blutegel (je älter der Patient ist, desto weniger werden angesetzt). Während der Behandlung saugt sich jeder Blutegel mit etwa 10ml Blut voll. Gierig ist der Blutegel aber nicht, denn diese Mahlzeit reicht ihm für ein bis zwei Jahre. Die Tiere müssen nicht abgenommen werden, sondern fallen nach der Behandlung von selbst ab. Die Blutegel sollten bei der Behandlung niemals mit Gewalt abgenommen werden, da durch das Erbrechen der Blutegel, das dadurch ausgelöst wird, zu Entzündungen kommen kann.
Nach der Behandlung kommt es zur typischen und normalen Nachblutung an den Bissstellen. In dieser Phase kommt es zu einem weiteren Blutverlust von etwa 20 bis 30ml pro Behandlungsstelle.
Die Behandlungsstelle wird mit einem losen, in der Regel dicken Verband versorgt. Nach der Behandlung sollte der Patient eine Ruhezeit von einem Tag einplanen und einhalten.
Welche Nebenwirkungen und Gegenanzeigen hat die Blutegeltherapie?
Die Behandlung mit Blutegeln gilt als frei von Nebenwirkungen. In ganz seltenen Fällen kann es zu allergischen Reaktionen kommen, die aber die Ausnahme darstellen. Die Reaktion auf den Biss selbst tritt in der Regel 2 bis 48 Stunden nach der Behandlung auf und zeigt sich in einer Rötung und unter Umständen einer leichten Schwellung. Einige Patienten berichten von einem Juckreiz, der ähnlich dem eines Mückenstiches ist.
Nicht selten bilden sich auch Hämatome an den Behandlungsstellen, die sich aber innerhalb weniger Tage wieder zurückbilden.
Vorsicht ist in folgenden Fällen angebracht und mit dem Therapeuten zu besprechen:
- Bei Blutgerinnungsstörungen
- Bei der Einnahme von Blutgerinnungsmitteln
- Bei starker Blutarmut
- Bei Schwangeren
- Bei Menschen mit grundsätzlich schlechter gesundheitlicher Verfassung
- Wenn Allergien gegen das Sekret des Blutegels bekannt sind
Was passiert mit den Blutegeln nach der Therapie?
Blutegel, die bei der Therapie zum Einsatz gekommen sind, unterliegen strikten Vorgaben. Sie stellen laut Gesetz sowohl innerhalb, als auch außerhalb des medizinischen Bereiches eine Gefahr dar. Daher ist das Freisetzen der Tiere nach der erfolgreichen Behandlung in der Natur strikt verboten.
Weiterführende Informationen
Frickenescherweg 5, A-6922 Wolfurt