©AB 19. FEBRUAR IM KINO! ©Sony Pictures
Die Bühne dient als Blaupause für den Kampf zwischen zwei Menschen. Lehrer und Schüler, zwei Kontrahenten, die sich hassen, lieben, hassen und wieder lieben. Die Musik dient als Stilmittel um das Kammerspiel der Beiden zu verdeutlichen. Sie dient als Schlagmittel, als letzte Instanz, die sie vor einer physischen Auseinandersetzung trennt. Der Rest ist bloß Staffage, denn das Orchester um sie herum verschwimmt und wird bedeutungslos.
„Whiplash“ ist kein Musikfilm, obwohl er sie zum Thema hat. Viel eher gleicht er einem Kampfsportfilm, der seine Hauptdarsteller in den Ring schickt und sie bis in die letzte Runde gegeneinander antreten lässt. Der Jazz gibt den Rhythmus vor, er diktiert die Schläge und durchleuchtet das Kräfte messen. Von Liebe, die Musik bekanntlich beflügelt, ist nichts zu spüren. Viel eher steht der Drill im Vordergrund und der Wille, durchzuhalten, der Beste zu sein. Schüler Miles Teller und Lehrmeister J. K. Simmons treiben ihr Psychospiel bis an die Schmerzgrenze und darüber hinaus. Virtuos fliegen die Drumsticks hin und her, sodass das menschliche Auge nicht mehr hinterher kommt. Schweiß und Blut vermengen sich zu einer Symphonie des Schlagzeugs, das den Herzschlag des Publikums bestimmt und die Hände schwitzig werden lässt. „Whiplash“ elektrisiert, treibt an und hält die Zuschauer in Atem. Dabei ist es nicht schön, dieser Selbstzerstörung zuzusehen. Man will, dass es aufhört, dass sich alles in Wohlgefallen auflöst. Doch so einfach lassen die Macher uns nicht davon kommen, denn der Film bleibt unvorhersehbar.
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Zwar verliert sich Regisseur Damien Chazelle im Mittelteil ein wenig in Nebensächlichkeiten, doch ist das angesichts des berauschenden Finales und des Zusammenspiels zwischen Simmons und Teller vergeben. Auch wenn Simmons – gerade anfangs – seinen Chef des Daily Beaugle in „Spiderman“ zu sehr heraushängen lässt, entfaltet „Whiplash“ eine Sogwirkung, die nicht locker lässt. Teller, der tatsächlich 70 Prozent der Drumszenen selbst bewältigte spielt seine Figur nicht, er lebt sie. Die Wunden an seinen Fingern sind echt, der Schweiß, der ihm sekündlich über das Gesicht läuft ebenso. Simmons steht derweil vor ihm, wie eine Gestalt aus einem Albtraum und treibt ihn an. Verhöhnt ihn, lacht ihn aus, spielt mit Tellers Psyche wie auf einer Geige.
„Whiplash“ ist kein einfacher Film, der nebenbei konsumiert werden kann. Viel eher zeigt er, dass Musik auch Kampf und Krampf bedeuten kann. Basierend auf den eigenen Erfahrungen des Regisseurs Damien Chazelle als Jazzdrummer mit einem despotischen Dirigenten, steckt viel Know-How dahinter. Die Musikszenen sind wahnsinnig gut gefilmt, flüssig geschnitten und wirken wie aus einem Guss. Auch die Musik selbst ist ohne Fehl und Tadel und dabei ist es ganz egal, ob Jazz-Fan oder nicht. „Whiplash“ begeistert auch ohne Kenntnisse der Jazz-Musik, kein Zweifel. „Whiplash“ ist spannender als die meisten Thriller, bietet – vor allem im Finale – mehr Atmosphäre als der Endkampf in „Rocky“ oder „Warriors“ und ist die bisher größte Überraschung im noch jungen 2015. Unbedingt im Kino sehen und das Personal bitten, die Boxen möglichst weit aufzudrehen. Es lohnt sich!
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BEWERTUNG: 8,5/10Titel: WhiplashGenre: DramaLaufzeit: 105 MinutenFSK: ab 12 freigegebenErscheinungsjahr: 2015Regisseur/Autor: Damien ChazelleDarsteller: Miles Teller, J. K. Simmons, Melissa Benoist, Jayson Blair, Kavita Patil