Blut, Nudeln & Schweiß auf der FBM

Von Arnovonrosen
Wenn Franzosen kochen …

Es klingt vielleicht bekloppt, aber während ihr das hier lest, laufe ich schon wieder auf der Frankfurter Buchmesse herum, weil Goldstück und die Holde nun neugierig auf Kinderbücher und Literaten geworden sind. Zumindest einmal im Leben sollte man als Bücherfreund auf der FBM gewesen sein, vorausgesetzt es ist von der Anreise her machbar. Sollte ich tatsächlich den Wahnsinn begehen an einem öffentlichen Tag die Messe zu besuchen, gönne ich mir natürlich nicht nur die Kochabteilung für ein weiteres Mal, sondern sehe mir die Cosplayer-Szene genauer an, denn die haben heute ihre Prämierung der besten Kostüme. Da kommen sicher auch ein paar Aufnahmen für den Monatsbilder zusammen, aber es kann ja nicht immer nur Natur geben, obwohl ich die nach den anstrengenden Tagen sicher nötig brauche. Euch viel Freunde beim Lesen

Geschrieben für: Buch, Kultur & Lifestyle

Blut, Nudeln & Schweiß auf der FBM

Ich weiß was Sie jetzt denken und Sie haben natürlich recht. Diese Überschrift ist eklig und genau das soll sie ja sein, denn sonst bekommen Sie sofort erhöhten Speichelfluß und der Sinn steht Ihnen nicht mehr nach lesen, sondern was noch alles im Kühlschrank ist oder wann es endlich Mittagessen gibt. Doch so ein Besuch auf der Frankfurter Buchmesse ist sehr anstrengend und wer nicht den einen oder anderen Aussteller kennt, wird mit allerlei fragwürdigen Mahlzeiten konfrontiert, welche so gar nichts mit den hochglänzenden Kochbüchern zu tun haben, die Sie im Inneren der Messehallen finden könnten, falls Sie die Reise nach Frankfurt und das unglaubliche Gedrängel an den Publikumstagen auf sich nehmen möchten.

Natürlich wollte ich pünktlich zum Bloggerfrühstück um 9 Uhr da sein, schaffte es aber erst gegen 10 Uhr und da war alles schon vorbei. Mit entäuschtem und knurrendem Magen machte ich mir einen ersten Eindruck in der Halle 3.1 wo die Kochwelt zu Hause ist. Da ich um 11 Uhr schon wieder draußen sein wollte (hier der Bericht zur Katastrophe), blieb nicht viel Zeit und so ging ich zum einzigen Stand, der schon nach Küchenarbeit aussah. Es waren chinesische Aussteller vom Konfuzius Institut, die das Essen allgemein in den Mittelpunkt des Lebens gestellt haben und so war auch das Motto, „Der Himmel ist Essen – Essen ist der Himmel“ und damit kann ich mich wirklich anfreunden, zumal ich es genauso sehe. In forderster Front konnte ich einen Koch bewundern, der mit verschiedenen Kampftechniken einen Teig bearbeitete, dass ich schon Angst bekam, der Arbeitstisch könnte diese Tortour nicht durchstehen. Abwechselnd schlug er auf den Teig ein, versetzte ihm Karateschläge, nur um ihn anschließend auseinander zu ziehen, zu drehen, kreiseln zu lassen und wieder zurück auf den Stahltisch zu werfen, um diesen abermals mit Boxhieben zu erledigen.

Sofort sprang mir eine Dolmetscherin zur Seite und ich konnte dem Koch Fragen stellen, was alles so in seinem Teig drin war. Erstaunlicherweise zog die Übersetzerin einen riesigen Pack deutschen Mehls (Type 405) unter der Theke hervor und verriet mir, dass sonst nur noch Wasser und etwas Pflanzenöl dazu gehörten und die Nudeln dann auch per Hand gezogen würden. Nebenan köchelte eine Sauce, die nur aus Eiern, Tomaten und Gewürzen bestand, also alles vegetarisch, aber köstlich duftend. Wir wurden zum Mittagessen eingeladen (welches wir natürlich verpassten), doch der hauseigene Künstler überreichte mir einen gemalten Satz, der lautete, „Beim Essen spricht man nicht“. Ich weiß nicht genau, ob ich zu viele Fragen gestellt hatte oder der Künstler ein wenig beleidigt war, denn ich wurde gefragt, ob er für mich ein Kunstwerk anfertigen dürfte und was darauf geschrieben stehen solle. Als echter Kulturbanause schlug ich meinen Namen vor und die Dolmetscherin versicherte mir, dass dies äußert unhöflich wäre und eine krasse Beleidigung darstellte. Toll, voll im Fettnapf gelandet! Doch ich glättete die Wogen, übergab meine Karte artig, verbeugte mich und bedankte mich in Landessprache (xiexie, ausgesprochen cheche = danke). Gelächelt hatten alle sowieso die ganze Zeit, auch der Koch, als er fortwährend den Teig verprügelte und dabei still vor sich hinschwitzte.

Käse von La Vialla

Nachdem wir unsere Außenaktivitäten vollbracht und diverse Hallen durchstreift hatten, zog es mich wieder magisch in die kulinarische Abteilung (könnte natürlich am Hunger gelegen haben) und dort traf ich meine Freunde von „La Vialla“, meinem Biolieferanten aus Italien, wo ich endlich Käse, feine Kekse und diverse Aufstriche angeboten bekam. Auf den Wein verzichtete ich lieber, obwohl gerade der Rote ein Traum ist, aber ich wollte den Tag nüchtern in Angriff nehmen, auch wenn die Versuchung nach der Causa „Furtwängler“ groß war. Bereits am Vormittag hatten wir einen kleinen Stand entdeckt, wo zwei sehr attraktive junge Damen standen und große Kochbücher präsentierten. Es stellte sich heraus, dass sie nicht verantwortlich für die Rezepte waren, sondern die türkische Autorin erst später kommen würde. Die beiden hielten sich für unfotogen und deshalb gibt es auch keine Bilder, denn ich lichte niemanden ab, der dieses nicht wünscht. So traffen wir Stunden später Aslihan Koruyan Sabanci, die nicht nur vor ein paar Jahren „Miss Türkei“ war, sondern auch unglaublich nett ist, denn man sah ihr den Schlafmangel an, was nur zeigt wie schön kochen sein kann und wie anstrengend Messen sind.

Aslihan

Aslihan kam zum Kochen durch eine Glutenunverträglichkeit und hat dann sehr viel bewegt, bis hin zur Auszeichnung zum besten weltweiten Diät Kochbuch in der Kategorie „Lifestyle, Body and Soul“ 2015. Ich fragte dann ihre deutschsprachige Assistentin, ob ihre Schönheit von den Rezepten käme und diese anwortete ehrfürchtig, „Auch, aber Sie ist eine Naturschönheit!“ So kamen Aslihan und ich auf englisch ins plaudern und als sie hörte, dass ich auch ein bisschen was vom Kochen verstehe und einen Blog betreibe, wollte sie unbedingt meine Kontaktdaten, um mir zu folgen (ehrlich, ich habe nicht angegeben, aber kochende Männer scheinen sie zu faszinieren) Ich kann mir zwar nicht vorstellen, dass Aslihan die Zeit zum Blog ansehen aufbringt, aber es war ernst gemeint und eine schöne Geste. Als sie mir dann noch ihr aktuelles Kochbuch schenkte und wir uns mit Küsschen verabschiedeten (habe ich da etwas falsch gemacht?) fielen die beiden Standschönheiten fast in Ohnmacht und stießen so spitze Schreie aus, als hätte ich eine Gottheit belästigt. Doch die Autorin strahlte über das ganze Gesicht und winkte zum Abschied. Noch gibt es ihre Bücher erst in Englisch, aber wenn ihr wollt verlose ich das Kochbuch an euch unter einem eigenen Beitrag, denn es ist zu schade, um bei mir im Regal zu stehen, da ich nicht nach Rezepten koche, wie ihr ja wisst.

Cyril

Freudigst erregt und schwer beladen schlenderte ich gespannt zur Aktionsküche, wo gerade ein französischer Spitzenkoch mit Michelin-Stern aus Paris zu Gast war. Cyril Rouquet Prevost ist ein echter Charmebolzen und kann mit seinem Gesichtsausdruck gebratene Hühner zum rotwerden bringen, auch wenn er gerade eine halbrohe Entenbrust aus dem Ofen zog und mit einer Sellerie-Kartoffelcreme, sowie Babykarotten anrichtete auf einem Spiegel aus Sauce Bernaise. Da ich nicht von ganz hinten Bilder machen wollte, fragte ich höflich um Erlaubnis an die Arbeitstheke herantreten zu dürfen, um Aufnahmen machen zu können. Zuerst erntete ich einen zweifelnden Blick mit gespielter Freundlichkeit, zeigte ihm dann aber das Ergebnis und seine Freude kannte kaum noch Grenzen, denn er liebte mein Foto und lud mich gleich ein, doch vorne zu bleiben. Na klar, hab ich natürlich gemacht und so in seine Töpfe geguckt, weitere Bilder gemacht und später, als er in der Messehalle unterwegs war, kam er wie ein alter Freund auf mich zu und dankte mir für die schöne Aufnahme. Ein echt nettes Völkchen, diese Franzosen, vor allem, wenn es ums Essen geht. Der zweite Franzose bereitete ein kleines Dessert zu, mit etwas Butter, ca. 300g Mehl und schlappen 20 Eigelb, während sein Hilfskoch die Eiweiße mit der Hand steif schlagen durfte, damit der Chef nicht durch den Krach von Maschinen gestört wurde. Doch es blieb keine Zeit mehr 30 Minuten auf ein Ergebnis zu warten, aber seine Bröschüre ließ vermuten, dass der gute Mann sicher einen eigenen Hühnerhof für seine Patisserie benötigt!

Entenbrust auf Bernaise Spiegel und Gemüse

Ganz zum Schluss sah ich noch mal nach meinen Chinesen, die aber bis auf den Koch die Belegschaft gewechselt hatten und bewunderte die perfekten Nudeln in einer Art Gemüsebrühe, die nicht schlabbrig wurden und immer noch „Biss“ hatten. Im Gegensatz zu den vorausgegangenen Jahren gab es keine Gewürzstände mehr, nur noch die eine oder andere Kochshow und wesentlich weniger internationale Küche. Dafür bringt heute jeder, der schon einen Kochlöffel halten kann eigene Bücher heraus, na klar, es sind Prominente, die weder ihre Bücher alleine schreiben, noch etwas von dessen Umsetzung verstehen, aber der Markt entwickelt sich immer mehr in diese Richtung, da Bücher von bekannten Gesichtern viel lieber gekauft werden, als andere Werke und nur der Kenner weiß, ob diese Rezepte wirklich taugen oder nur schnell zusammengebastelt sind. Das war mein kleiner Rundgang über die kulinarische Buchmesse und ich hoffe es war interessant genug bis zum Ende.

Mein heutiges Zitat stammt von Konfuzius (551-479 v. Chr.) Chinesischer Philosoph mit eigentlichem Namen Kong Qiu (K’ung-fu-tzu = Meister Kong)

„Es gibt niemanden, der nicht isst und trinkt, aber nur weinge, die den Geschmack zu schätzen wissen“

Es grüßt Sie Ihr plattfüßiger Arno von Rosen, Buchautor, Kolumnist, Blogger und Koch aus Leidenschaft. Wenn Sie sich wirklich fürs Kochen begeistern können, geben Sie ruhig die 19,- Euro für die Buchmesse aus, aber nehmen Sie sich unbedingt etwas zu Essen mit, denn die Theorie alleine macht auch nicht satt und Currywurst mit Pommes sind kein guter Begleiter für lange Fußmärsche. Und denken Sie daran, kochen macht nicht dick, sondern essen!