Wenn sich die Stapel neuer CDs mal wieder in bedenkliche Höhen schrauben, dann legt man als Journalist auch mal eine Nachtschicht ein. Manches lang erwartete Album entpuppt sich schnell als kleinere Enttäuschung, während unbekannte Scheiben nicht nur beim Autoren ein fröhliches "Yeah!" hervorrufen und die Frage: Wer bitte ist denn das?
Wenn "One More Turn" mit dem Titel "Fatman" losgroovt, dann sind solche Reaktionen mehr als verständlich. Denn hier ist ein Album angekommen, das einfach von Anfang bis Ende Spaß macht mit einer Mischung aus Boogie, Blues, Soul und Roots. Blues Blend heißt die sympathische Truppe aus dem Dreieck zwischen Frankfurt, Offenbach und Darmstadt. Dass es diese Band schon seit 15 Jahren gibt, ja dass sie auch schon 2000 den Deutschen Rock- und Poppreis als beste Bluesband gewannen, das alles war mir vorher völlig unbekannt. Schande über mich!
"One More Turn" allerdings hilft beim Füllen der Bildungslücke mit gehörigem Drive. Ob die fünf Herren nun swingenden Rhythm & Blues, rollenden Boogie oder gar orientalisch angehauchte Bluesharp-Exkursionen spielen: Hier sind für mich selbst beim fünften Hördurchgang keine Schwächen zu finden. Gerade die Bluesharp von Henning Eichler ist eine echte Entdeckung: Der Mann kann zwischen Bluegrass, Blues und Bebop scheinbar alles mit einer gehörigen Leichtigkeit daherzaubern!
Und auch die zehn eigenen Songs auf der Scheibe überzeugen mit jeder Menge Witz und Überraschungen. Ok, Lieder über den alkoholbedingten Gedächtnisaussfall gibt es einige. Aber das Leben einer Frau zwischen High Heels und Pampers als Bluessong? Wundervolle Idee... Und auch ein Todeslied auf einen Bestatter hört man sonst eher selten.
Insgesamt bleibt mir nur eines zu sagen: Blues Blend haben mit "One More Turn" ein durchweg überzeugendes Bluesalbum eingespielt, das bei mir wohl eine ganze Weile in Dauerrotation bleiben wird. Denn spätestens beim zweiten Titel hat sich eventuell schlechte Laune restlos verflüchtigt.