Nachdem wir in den letzten Wochen und Monaten mit dem Martinitag (19. Juni), dem Tag der Piña Colada (10. Juli), dem Tag des Daiquiri (19. Juli) und dem Sangria-Tag (20. Dezember) bereits ausgiebig die Cocktails und Longdrinks hier auf den kuriosen Feiertagen gewürdigt haben, widmen wir uns zum Start in das neue Jahr (und dem dazu passenden Kater) am heutigen 1. Januar einem weiteren klassischen Cocktail: der Bloody Mary. Diese wird in den USA mit dem Bloody-Mary-Tag (engl. National Bloody Mary Day) gewürdigt. Und auch wenn wieder mal vollkommen unklar ist, seit wann dieser kuriose Feiertag begangen wird und von wem er initiiert wurde, lässt sich doch zumindest ein Grund für die Wahl des Datums 1. Januar erahnen.
Immerhin wird dem Tomatensaft nachgesagt, dass er gegen die Folgen eines Katers nach übermäßigem Alkoholkonsum (flauer Magen, Kopfschmerzen und wackelige Beine) ein wirksames Gegenmittel sein soll. Passt dann ja auch irgendwie für eine ganze Reihe von Leuten zum Neujahrstag. Warum dann aber gleich die Cocktail-Variante mit der Kombination Wodka und Tomatensaft herangezogen wird, sollen andere erklären. Wir liefern zum heutigen Bloody-Mary-Tag nur ein paar Daten und Fakten rund um den Cocktail.
Die Entstehung eines amerikanischen Klassikers
Wie es sich für einen klassischen Cocktail gehört, zunächst eine Einordnung in die entsprechende Spirituosen-Kategorie: Die Bloody Mary, die – wie eingangs bereits angemerkt – wesentlich aus Tomatensaft und Wodka gemixt wird, gehört zu den sogenannten Corpse Reviver bzw. Pick-me-up-Cocktails. Bezüglich des Mischungsverhältnisses gibt es allerdings recht unterschiedliche Angaben bzw. Auffassungen. Während das ursprüngliche Rezept von 1921 auf einem ausgeglichenen Verhältnis von Alkohol und Saft basierte, führt die International Bartenders Association (IBA) in ihrem Bloody Mary-Rezept eine Tomatensaft- Wodka-Mischung von 2:1. Garniert wird die Bloody Mary entweder mit einer Zitronenscheibe am Glasrand oder – was wohl die häufigste Variante darstellt – mit einem Stück Selleriestaude. Später wurde dann auch eine alkoholfreie Alternative der Bloody Mary entwickelt, die als Virgin Bloody Mary bzw. Virgin Mary bezeichnet wird. Wie aber kam es zur Erfindung der Bloody Mary und woher stammt der Name?
Von Paris nach New York – Fernand Petoit und die Bloody Mary
Man geht heute davon aus, dass die erste Bloody Mary 1921 in der Pariser Harry’s New York Bar von dem Franzosen Fernand Petoit (1900 – 1975) gemixt wurde. Der Legende nach soll er dort übrigens auch dem guten Ernest Hemingway und F. Scott Fitzgerald diesen Drink serviert haben, was sich aus der Distanz aber nicht mehr eindeutig belegen lässt. 1925 verließ Petoit allerdings die französische Metropole und ging in die USA. Dort stellte er den Drink zunächst in Canton, Ohio vor, ab 1934 dann in der King Cole Bar des New Yorker St. Regis Hotel. Petoits dortige Anstellung fiel mit dem Ende der Prohibitionszeit und dem Beginn der wirtschaftlichen Rezession (engl. Great Drepression) zusammen. Da man die Verwendung des Wortes bloody (engl. eigentlich blutig, umgangssprachlich aber auch: attributiv scheiß-(…) bzw. verdammt – z. B. bloody hell) als zu anstößig für das Publikum der Bar einstufte, firmierte der Cocktail im St. Regis für kurze Zeit unter dem Namen Red Snapper (Gäste sollen hier u.a. Joe DiMaggio und Ava Gardner gewesen sein). Diese Bezeichnung konnte sich jedoch langfristig nicht durchsetzen, so dass die Bloody Mary schließlich unter ihrem ursprünglichen Namen als einer der klassischen amerikanischen Cocktails bekannt wurde.
In der Folge verfeinerte Petoit sein ursprüngliches Rezept und verschärfte den Drink mit Salz (zumeist Selleriesalz), schwarzem Pfeffer, Tabasco, Worcestershiresauce und recht häufig auch mit Zitrone. Während Petoit während seiner Zeit in Paris die ursprüngliche Variante der Bloody Mary noch mit Wodka mixen konnte, musste er in den Vereinigten Staaten wohl relativ häufig auf Gin zurückgreifen. Zum einen war Wodka in den USA zu dieser Zeit noch nicht sehr verbreitet, zum anderen kämpften die Bars des Landes immer noch mit den Folgen/Nachwirkungen der Prohibition, in deren Rahmen hochprozentiger Alkohol nur schwer zu beschaffen war.
Wie die Bloody Mary zu ihrem Namen kam
Über die Hintergründe der Namensgebung dieses amerikanischen Klassikers gibt es recht unterschiedliche Aussagen. Einer der großen (inzwischen allerdings widerlegten) Mythen rund um die Bloody Mary ist der Hinweis auf Ernest Hemingway (1899 – 1961) als Erfinder und Namensgeber des Cocktails. So soll Hemingway nach eigener Aussage das Bloody Mary-Rezept 1941 in Hongkong erfunden haben, was aufgrund der zahlreichen Berichte über Petoits Tätigkeit in Paris und New York so kaum haltbar erscheint. Nimmt man hinzu, dass Hemingway eine ganze Menge für die Schaffung seines eigenen Images getan hat, kann man wohl auch folgende Anekdote hinsichtlich der Namensgebung ins Reich der Mythen verweisen.
Die Geschichte dazu geht wie folgt: Hemingway soll der Cocktail erstmals in der Bar des Pariser Ritz serviert worden sein. Da seine Ärzte ihm aus gesundheitlichen Gründen eigentlich jeglichen Alkoholkonsum untersagt hatten und Hemingways damalige Ehefrau Mary Welsh (1908 – 1986) streng darauf achtete, soll der Name angeblich eine Referenz auf die „bloody wife“ verkörpern (vgl. dazu auch das Buch von Philip Greene: To Have and Have another; Perigee Trade 2012). Grundsätzlich lassen sich aber die folgenden beiden Versionen als die geläufigsten Varianten der Namensgebung benennen:
- Das historische Vorbild der englischen Königen Maria I. Tudor (1516 – 1558), die aufgrund der blutigen Protestantenverfolgung im England des 16. Jahrhundert den Beinamen Bloody Mary von Ihrer Thronnachfolgerin Elisabeth I. (1533 – 1603) erhielt. Trotz dieses konkreten historischen Bezugs gilt diese Version der Namensgebung der Bloody Mary als relativ unwahrscheinlich. Dies scheint eher auf die alkoholfreie Variante der Virgin Mary zu passen, da Marias Nachfolgerin Elisabeth auch unter dem Namen The Virgin Queen in die Geschichte einging.
- Carol Bradley, die Enkelin von Fernand Petoit, verweist in einem Interview mit der Nachrichtenagentur Reuters aus dem Jahre 2008 darauf, dass der Name nichts mit besagter Maria I. Tudor zu tun hätte, sondern vielmehr auf einen Kunden ihres Großvaters zurückgehe, der hiermit auf eine Kellnerin namens Mary referierte, die in der Chicagoer Bar Bucket of Blood Club gearbeitet habe (siehe dazu auch die unten aufgeführten Links). Dies wurde wesentlich auch von Petoit selbst bestätigt. So nennt die Website der King Cole Bar namentlich einen gewissen Serge Obolensky, auf den der Name der Bloody Mary als Referenz an eben jene Mary aus dem Bucket of Blood Club in Chicago zurückgehen soll.
Weitere Informationen zum Bloody-Mary-Tag
In diesem Sinne Euch allen ein Frohes Neues Jahr und einen guten Start in 2014. Hoffentlich nicht mit einem Kater. Falls doch, hilft vielleicht der zum heutigen Bloody-Mary-Tag passende Cocktail. Cheers.
- Offizielle Website der International Bartenders Association (IBA) (englisch)
- Rezeptsammlung für Varianten der Bloody Mary (englisch)
- Wikipedia-Artikel über Fernand Petoit (englisch)
- Website der King Cole Bar in NYC: www.kingcolebar.com (englisch)
- Wikipedia-Artikel über die Bloody Mary (deutsch)
- Reuters-Artikel über die Geschichte der Bloody Mary (englisch)
- Philip Greene: To Have and Have another; Perigee Trade 2012 (englisch)
- Online-Artikel über Ernest Hemingway und den Alkohol (englisch)
Foto-Credits:
- Bild 1: Bloody Mary by Achim Schleuning (E-Mail: [email protected]) [CC-BY-SA-3.0-de (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/de/deed.en)], via Wikimedia Commons.
- Bild 2: Bloody Mary by William Clifford (williac) [CC-BY-2.0 (http://creativecommons.org/licenses/by/2.0)], via Wikimedia Commons.
- Bild 3: Fernand Petoit – eigener Scan von Zeitschriften-Artikel über die Bloody Mary.
- Bild 4: Ernest and Mary Hemingway on safari in Kenya, Africa, 1953-1954. By unattributed [Public domain], via Wikimedia Commons. Photograph in the Ernest Hemingway Photograph Collection, John F. Kennedy Presidential Library and Museum, Boston.