Huhuuuu Mädels! Moin Moin!
Als Franzi vom Blog "Vergiss dich nicht" fragte, wer Lust hätte bei ihrer Blogparade mitzumachen, bei der es darum geht über seine Probleme zu berichten, habe ich mich sehr schnell entschieden teilzunehmen. Viele Leute kennen meine gesundheitlichen Probleme und ich dachte mir, es kann nur gut sein auch mal hier auf dem Blog darüber zu berichten. Denn psychische Probleme jeder Art nehmen immer mehr zu.
Bevor ich mit meiner Geschichte anfange möchte ich noch kurz darauf hinweisen, dass hier ziemlich genau über Panikattacken berichtet wird. Solltet ihr Probleme mit so genannten Triggern haben, wäre es besser nicht weiter zu lesen. Mir ging es sehr lange auch so.....
Die erste Panikattacke
Eines Morgens saß ich dann in der S-Bahn auf dem Weg zur Arbeit und dachte, boah du bis so müde du schaffst den Tag heute unmöglich. Es fühlte sich an wenn als ich schwer wie Blei war und mein Herz pochte an diesem morgen besonders schlimm.
Und dann ging´s das erste mal total ab. Mein Herz raste, die Anspannung stieg und stieg und ich hatte das Gefühl jeden Moment Ohnmächtig zu werden. Total ätzend. Am nächsten Bahnhof bin ich dann raus aus der Bahn und wieder zurück nach Hause.
Wie fühlt sich denn so eine Panikattacke an:
Also, zurück zu dem Tag in der S-Bahn. Meine Eltern meinten, so könne es nicht weiter gehen und haben mich zu meiner Hausärztin geschickt. Ich hatte das unsagbar große Glück, dass sie sofort richtig tippte. Noch heute sehe ich sie vor mir sitzen und überlegen, was Herzrasen auslösen könnte. Die Antwort war einfach: ANGST! Mir ist dadurch ein elendig langer Arztmarathon erspart geblieben, bei dem lediglich die Symptome untersucht werden. Noch am selben Tag hatte ich eine Überweisung für einen Kardiologen (zur Sicherheit) und für eine Neurologin in der Hand, bei der ich auch sehr schnell einen Termin bekam. (Ein Hoch auf meine private Krankenversicherung).
Die Angst vor der Angst:
Meine Neurologin verschrieb erst mal ein recht leichtes Medikament, Opipramol falls das jemand kennt und ich sollte mir eine Therapeutin suchen, die eine Verhaltenstherpie mit mir durchführen sollte.
Es war aber leider so, dass ich ganz großartig darin war, die Angst vor der Angst zu steigern und zu steigern. Da die ersten Attacken immer kamen, wenn ich alleine unterwegs war, ging es sehr schnell rapide bergab. Ich konnte ohne meine Eltern oder meine Freundin kaum noch irgendwo hin, außer zum nächsten Supermarkt der ca. 300m von der Wohnung meiner Eltern entfernt lag. Das hatte auch zur Folge, dass ich mit 31 Jahren wieder bei meinen Eltern eingezogen bin. Anders ging es einfach gar nicht. Undenkbar.
Eine flasche Therapeutin macht alles nur noch schlimmer......
Ich war also heilfroh einen Platz bekommen zu haben. Aber, und das ist jetzt der erste ganz wichtige Tipp den ich allen Betroffenen geben kann, auch wenn mann noch so froh ist, endlich fündig geworden zu sein, es MUSS DIE RICHTIGE!!!! THERAPEUTIN sein. Das musste ich auf harte Weise lernen.
Namen werde ich jetzt hier nicht nennen, aber es war einfach unverantwortlich wie diese "Dame" vor gegangen ist. Damals konnte ich das leider nicht einschätzen.
Als erstes mal wurden keine Tipps gegeben, wie man sich in einer Panikattacke verhält, es wurden aber so genannte Übungen (bei denen man sich mit seiner Angst konfrontiert) aufgegeben. Das konnte nicht gut gehen. Mir ging es immer schlechter statt besser. Zudem war die gute Frau der Meinung, meine Probleme kämen vom engen Verhältnis zu meinen Eltern und ich müsse mich lösen. Nur, dass meine Eltern in der damaligen Zeit mein einziger Halt waren. Mir steigt heute noch die kalte Wut auf, wenn ich daran denke. 8 Monate habe ich das Desaster mit gemacht, dann war nach einen Zusammenbruch Schluss und ich hatte erst mal die Nase voll von Therapien jeder Art und ich habe versucht alleine zurecht zukommen.
Meine Neurologin griff durch.....
Nur mal so als Beispiel: Wenn ich auf einen Strauß Blumen geguckt habe, kam mir der Gedanke "Oh Gott, was wenn du jetzt Angst bekommst, wenn du dir Blumen ansiehst" und schwups..... war die Angst da. Es ist schon echt gruselig, was man in seinem Kopf so alles Zustande bringt.
Die Tabletten wurden auch immer mehr. Ich nahm weiter die Opipramol, dazu noch ein Anit-Epileptikum was auch angstlösend wirken sollte und Tavor.
Irgendwann hatte meine Neurologin die Faxen dicke und hat auf dem Tisch gehauen. Eine neue Therapeutin wurde mir empfohlen und ich habe endlich vernüftige Tabletten bekommen. So genannte SSRI (Serotonin - Wideraufnahme - Hemmer), Antidepressiva der neuesten Generation. Vor Antidepressiva hatte ich mich bis dahin immer gesträubt. Von da an ging es bergauf.
Wie es ganz langsam besser wurde
Meine neue Therapeutin war ein wahrer Glücksgriff, sie hat mich im wahrsten Sinne des Wortes gerettet. Zum Ende unserer gemeinsamen Zeit hat sie mir anvertraut, dass sie sich selber nicht sicher war, ob ich das alles ambulant schaffen würde. Aber ich wollte auf gar! keinen! Fall! in eine Klinik. Das wäre für mich der Horror gewesen.
Also ging es los. Mir wurde genau erklärt, wie Panik entsteht, was im Körper passiert, dass es keine Angst ist die man fühlt sondern im Grund eine riesige Anspannung und es ging ans Üben. Wenn man die Panikattacken wieder los werden möchte, nützt es alles nichts. Man muss in die Situation gehen die einen Angst machen und so lange aushalten, bis die Panik/Angst wieder nach läßt. Nur so kann das Gehirn wieder lernen, dass an der Situation nichts bedrohliches ist. Dafür wurde ich mich mit Strategien ausgestattet, wie man sich am besten in einer Panikattacke verhält. Das hier jetzt alles aufzuführen, würde den Post noch länger machen, als er eh schon ist.
Trotzdem: Liebe Grüße an meine erste Therapeutin die meinte, man könne eine Attacke nicht wegatmen. Natürlich helfen Atemtechniken die Angst zu bekämpfen. Und auch ihre Aussage Entspannungsübungen würden eh nichts bringen, ist Schwachsinn. Ich habe progressive Muskelentspannung gelernt, was mir total geholfen hat.
Außerdem hat meine Therapeutin mich zum Sport überredet. Vorher habe ich in 33 Jahren kein Sportcenter von innen gesehen, aber es ist total wichtig um die Anspannung abzubauen.
Wie sehen diese Übungen aus
Aber so einfach mal zum Sport gehen war natürlich nicht. Zuerst hat meine Mama vor dem Gym im Sportcenter gewartet. Als das gut ging, hat sie sich unten ins Schweinske gesetzt und dort gewartet, als das nach 1 - 2 Monaten auch gut ging, haben meine Eltern mich hin gefahren und abgeholt. Und der letzte Schritt war dann alleine dort hin zu fahren.
Das ist ein gutes Beispiel für alle Übungen. Ich habe mir so Schritt für Schritt wieder ein Leben erkämpft. Immer etwas mehr, immer etwas weiter.
Zudem mußte ich das Tavor absetzten. Das geht aber nicht so ohne weiteres, denn das Zeugs macht sehr schnell abhängig und ich habe mit 3mg am Tag eine ordentliche Dosis davon genommen. Die Zeit war wirklich sehr anstrengend, das Tavor immer weiter runter setzen und dazu die Übungen. Aber ich habe auch jede Menge Erfolgserlebnisse gehabt und so ist Stück für Stück auch wieder das Vertrauen in mir selbst zurück gekommen. Desto mehr geklappt hat, desto mehr habe ich mir zugetraut.
Irgendwann waren dann die Therapiestunden aufgebraucht
Nach einem Jahr wöchentlicher Therapie mußte ich mich dann leider von meiner Therapeutin verabschieden, denn sie bekam ein Baby und ist in Elternzeit gegangen. Da es eine große Praxis war, wurde ich von einer Therapeutin von dort weiter betreut und mußte nicht noch einmal die Praxis wechseln. Es war zwar nicht das selbe, aber es war ok. Ich war da auch schon wieder soweit her gestellt, dass die Zeitspannen größer wurden. Erst hatte ich alle 2 Wochen, dann einmal im Monat einen Termin. Hauptsächlich ging es dann darum, mich zu motivieren und darüber zu sprechen wo es noch Probleme gab.
Ende 2012 war dann das Ende der Fahnenstange erreicht. Ich hatte das Höchstmaß der Sitzungen erreicht, die die Krankenkasse bezahlt und mußte ab da alleine klar kommen.
Und wie sieht es heute aus?
Momentan wohne ich immer noch bei meinen Eltern. Ich bin einfach noch nicht wieder so weit, alleine zu wohnen. Ich fange sehr schnell an zu grübeln, wenn ich alleine bin und es würde wieder eine völlige Umkrempelung meines Lebens bedeuten, was mir momentan noch Angst macht.
Und ich kann nicht mehr arbeiten und bin inzwischen frühberentet. Das ist alles andere als schön.Ich habe meinen Job geliebt und Rotz und Wasser geheult, als mir 2009 bewußt wurde, dass ich wohl sehr lange nicht mehr arbeiten könnte. Als ich meine Urkunde über den Ruhestand (ich bin Beamtin) in Händen hielt, kamen wieder die Tränen. Inzwischen habe ich mich an den Gedanken gewöhnt und ich hoffe sehr, früher oder später einen kleinen Nebenjob zu finden.
Was geblieben ist, ist eine hohe Grundanspannung. Ich bin unheimlich schnell an dem Punkt, an dem man sich sagt "ich mag jetzt nicht mehr". Mir wird sofort heiß, wenn um mich rum Hektik ist oder ich gestreßt bin. Ausreichend Schlaf ist ein muss, sonst kann ich den Tag gleich in Tonne treten. Insgesamt bin ich halt nicht wirklich belastbar, aber im Vergleich zu früher ist es eine Besserung von gefühlten 1000 %.
Meine Medikamente habe ich auch sehr reduzieren können. Momentan nehme ich noch 20mg von einem Antidepressiva, was für eine Angststörung soweit normal ist und einen Betablocker um das Herzrasen besser zu kontrollieren. Meine Neurologin ist sehr zufrieden mit mir.
Ein großes Danke....
Woher kamen denn nun diese Attacken?
Und wie macht dieser Endlostext jetzt anderen Mut?!
Ich möchte hauptsächlich allen Mut machen, die ähnliche Probleme haben. Es gibt einen Weg aus dem Teufelskreis. Sicherlich ist es nicht einfach und anstrengend, aber es ist immer möglich zu kämpfen und etwas zu erreichen, auch wenn es einen noch so mies geht. Holt euch Hilfe.
Und es geht meiner Meinung nach nicht ohne eine gute Therapeutin. Von alleine kommt man nicht auf die Tipps, die einen dort gegeben werden.
Aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass man immer stärker ist als man selber denkt. Hätte man mir vor ein paar Jahren gesagt, dass ich es schaffe das alles durchzustehen, hätte ich glaube ich nur gelacht. Bei vielen Dingen habe ich vorher Gedacht, das schaffst du nie und dann bin ich es doch angegangen und war sehr stolz. Wenn ich das kann, ist es auf jeden Fall auch für andere einen Versuch wert.
Laßt die Angst nicht die Kontrolle über euer Leben gewinnen. Auch als es mir total schlecht ging, bin ich am Wochenende mit meiner Freundin los Cocktails trinken oder Fußball gucken beim Italiener um der Ecke. Die Ablenkung hat mir gut getan.
Als Buchtipp kann ich euch "Stärker als die Angst" von Michael Rufer ans Herz legen. Es ist ein Ratgeber, in dem viele Dinge erklärt und beschrieben werden, die auch in meiner Therapie Thema waren. (z. B. hier bei Amazon)
Es tut mir leid, dass es ein so langer Text geworden ist. Ich hätte hier noch viel mehr tippen können und es wäre sicherlich besser gewesen, zwei oder drei Posts davon zu basteln, aber im Rahmen der Blogparade habe ich jetzt alles in einem Abwasch erledigt
Die üblichen Fragen zum Ende des Posts spare ich mir jetzt. Falls ihr Fragen habt, immer raus damit. Gerne auch per Mail, bei Twitter oder Facebook.
In der Imagemap unten findet ihr die tollen Mädels, die auch an dieser Blogparade teilnehmen. Vorgestern hat Wisch Dream Star ihre Geschichte erzählt und am 12.05.15 geht es bei Nuriyya-schreibt-dir weiter.
Viele liebe Grüße
Eingestellt von shalely um 00:30 Diesen Post per E-Mail versendenBlogThis!In Twitter freigebenIn Facebook freigebenAuf Pinterest teilen Labels: Blogger-Kombo
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