In den letzten Tagen war richtig was los bei Twitter - es ging um das Zusammenspiel von Eltern und Kinder und dass ich (und auch meine Gastautorin Desiree) der Meinung bin, dass wir Eltern mit pflegeleichten Kindern nicht nur Glück haben, sondern es auch unser Verdienst ist.
Diese Aussage und auch der Gastartikel, den Ihr hier nachlesen könnt, haben wohl einige in den falschen Hals bekommen oder sie fühlten sich persönlich angegriffen oder was auch immer, ich weiß es nicht und ich konnte den unzähligen, teils auch unqualifizierten, Kommentaren nicht mehr folgen und möchte es auch nicht.
Ich habe schon mal darüber geschrieben, dass ich nicht glaube, dass ich nur Glück habe, dass meine Kinder pflegeleicht sind und mir auch Zeit geben, mich um meine Bedürfnisse zu kümmern. Und ich bin immernoch davon überzeugt, dass ich es mit beeinflusst habe, dass sie so friedlich und entspannt sind und mir Zeit lassen, wenn ihre Bedürfnisse erfüllt sind.
Und diese Sicherheit, dass sie Vertrauen und Zufriedenheit spüren, beginnt meiner Meinung nach nicht erst mit der Geburt, sondern schon viel früher - nämlich im Mutterleib. Trotz dass es mir gerade in den ersten Monaten der Schwangerschaft nicht gut ging, habe ich nie negative Gefühle gehabt und nicht gejammert. Ich war froh, dass ich schwanger war, auch wenn ich nicht wusste, wie es sein wird, wenn mein Kind da ist. Es war für mich total unrealistisch und ich konnte mir gar nicht vorstellen, wie das wird, wenn das Kind da ist, ob ich das kann, ob ich das schaffe, wie das überhaupt ist. Ich war nie euphorisch, weil ich immer auch unsicher war, ob ich das hinbekomme und wie ich meine Muttergefühle zum Ausdruck bringen kann. In meinem Umfeld gab es immer welche, die sagten: Ohhhh - wie schön, Du bist schwanger, das ist ja toll. Freu Dich drauf und genieße die Zeit. Und ich hatte keine Ahnung, was sie meinen. Ich hab mich natürlich auch gefreut, ich wusste aber gar nicht so richtig, worauf, weil ich es mir eben gar nicht vorstellen konnte, wie das ist. Auch wenn ich das Baby auf dem Bildschirm gesehen habe, war ich nie so: Ohhh - guck mal, der Bauch, die Beine, usw. Ich guckte immer auf den Ausdruck und hörte auf die Worte vom Frauenarzt, wie er reagierte und was er sagte: „Alles in Ordnung". Und ich war beruhigt und erleichtert. Je näher der Geburtstermin rückte, hatte ich Angst, weil ich eben nicht wusste, was eine Geburt bedeutet. Ich dachte nur immer: „Waass für Schmerzen das wohl sein müssen, wenn Frauen so schreien - wie ich sie im Kreißsaal hörte, als ich zur Besichtigung da war." Ich hatte Angst, aber es blieb mir ja nichts anderes übrig, es auf mich zukommen zu lassen. Grundsätzlich vertraute ich darauf, dass ich es irgendwie schaffe und dass mein Körper das schon macht und mir zeigt, was das richtige ist. Darauf hab ich auch während der Schwangerschaft vertraut. Wenn mir schlecht war, war mir eben schlecht. Was kann das Kind dafür? Und was will mein Körper mir damit sagen? Wenn ich müde war und es möglich war, dann schlief ich eben. Und wenn es nicht ging, dann eben nicht. Was konnte das Kind dafür? Ich war deswegen nicht sauer oder traurig oder genervt oder sonstwas, sondern ich nahm es als gegeben hin. Ändern konnte ich es ja eh nicht. Egal auf was ich Hunger hatte, ich gab dem nach.
An einem Tag beim Arzt sagte er mir: „Oh, der Gebärmutterhals ist verkürzt und Sie müssen sich jetzt schonen. Vor dem Mutterschutz werden Sie nicht mehr arbeiten. Ich schreibe Sie jetzt krank bis dahin." Ich war überrascht und traurig, weil ich eigentlich bis zum Mutterschutz arbeiten wollte. Schließlich bin ich nur schwanger, nicht krank. Aber ich hörte auf den Arzt und auf meinen Körper und hatte auch Angst, dass dem Kind etwas passieren könnte. Ich vertraute darauf, dass dies ein Zeichen war und dass es alles gut werden wird, wenn ich dieses Zeichen ernst nehme. Ich ruhte mich immer wieder zwischendurch aus, aber trotzdem kümmerte ich mich um Haushalt und Essen und alles, was eben so nötig war. Nur eben alles etwas langsamer und immer auf die Signale des Körpers achtend. Wenn es irgendwo zwickte, machte ich wieder eine Pause. Wenn es mir gut ging, machte ich wieder etwas - in meinem Tempo und so gute es für das Kind war. Denn nur liegen kann ich nicht und so wie ich immer wieder hörte, soll es ja auch gut sein, wenn man sich bewegt, um die Muskulatur für die Geburt zu trainieren und zumindest nicht einrosten zu lassen. Als ich dann im Mutterschutz war, sagte der Arzt, ich kann jetzt wieder alles machen, denn wenn es jetzt auf die Welt kommt, ist es zwar noch klein, aber es wäre dann ok. Ich hörte weiterhin auf meinen Körper und ich ließ mich vom Pfarrer segnen „für eine gute Geburt und ein gesundes Kind". Diese Worte sagte er dabei. Anschließend zündeten wir gemeinsam eine Kerze an. Ich vertraute darauf, dass mit meinem Vertrauen auf mich und meinen Körper und auch mit diesem Segen alles schon irgendwie gut geht. Das wurde uns auch im Geburtsvorbereitungskurs auch immer gesagt, dass wir darauf vertrauen sollen, dass wir das schaffen und gut auf diese Signale vom Körper achten sollen. Das Bauchgefühl ist immer richtig, sagten sie.
Dann kam es zur Geburt, die eingeleitet werden musste, weil die Fruchtblase bereits seit 2 Tagen geöffnet war, ich dies aber nicht richtig interpretierte. Der Arzt stellte es dann fest und sagte mir, ich solle in die Klinik zur Einleitung. Ein kurzer Kloß im Hals, als er sagte, dass ich das Krankenhaus dann nicht mehr ohne Kind im Arm verlasse. Puh - ich hatte Angst, weil ich ja nicht wusste, was auf mich zukommt. Jetzt wird es ernst, dachte ich. Aber nützt ja nichts, ich begab mich voller Vertrauen ins Krankenhaus, denn die wissen ja, was sie tun und machen das öfter. Als ich dann die erste Test-Dosis bekam, wollten sie über Nacht Pause machen und mich schlafen lassen. Hä? Schlafen lassen? Wie sollte ich schlafen mit diesem riesengroßen Bauch und voller Aufregung, was da auf mich zukommt. Ich sagte, dass ich vor Aufregung bestimmt sowieso nicht schlafen kann und dass sie ruhig weitermachen können. Sie waren überrascht und sagten, wenn ich das befürworte, dann ist das ok und es ging weiter mit der ersten Einleitungstablette, die dann schon kurze Zeit später für Wehen sorgte. Ich wollte nicht warten und stellte meinen Schlaf hintenan - ich wollte mein Kind dann auch „endlich" bei mir haben, wenn mein Körper dann schon Signale sendet (Fruchtblase offen), dass es zu mir will. Also auf's Bedürfnis eingegangen und angenommen, auch wenn ich dadurch nicht zum Schlafen kam. Das war mir ehrlich gesagt in dem Moment egal. Die Nacht durch habe ich kaum geschlafen wegen Wehen, aber da ich sehr sehr starke Schmerzen erwartet habe, weil ich ja immer dieses Schreien im Kreißsaal gehört habe und mir vor Augen führte, wie stark sie sein müssen, damit ich so schreie, war ich „positiv überrascht". Die Hebamme wollte mir ein Zäpfchen gegen Schmerzen geben. Das brauchte ich nicht, weil ich es auch so ganz gut aushalten konnte, obwohl an Schlaf nicht zu denken war. Aber das war doch gerade nebensächlich. Ich atmete Wehe für Wehe und war ganz bei mir und dem Kind, voller Erwartung, was noch kommt. Ich ließ mich davon leiten ohne irgendwelche negativen Gedanken, wie weh das vielleicht tat oder dass ich nun deswegen nicht schlafen kann. Morgens ging es dann zum Kreißsaal runter, wo ich bleiben sollte. Ich vertraute auf die Aussagen der Hebamme (frühstücken wäre in dem Zustand nicht mehr sinnvoll, richtiger Zeitpunkt für PDA, wegen der PDA lieber liegen bleiben statt spazieren, usw.). Trotzdem hörte ich auf die Signale meines Körpers: ich hatte Hunger und aß etwas, mein Mann gab mir was zu trinken, ich atmete und atmete und machte das, was mein Körper und die Hebamme mir sagte. Als die Große dann auf der Welt war, legte ich sie einfach auf meinen Bauch und als sie zu suchen begann, legte ich sie einfach an die Brust, obwohl ich keine Ahnung hatte, wie das geht. Ich tat es einfach, wird schon richtig sein und wir haben das gut hinbekommen. Ich war müde, aber glücklich aber an Schlafen war trotzdem nicht zu denken. Es war schön, sie bei mir zu haben und ich wollte sie einfach bei mir haben, ihr beim Schlafen zusehen und sie auf meinem Bauch liegen haben. Schon da waren also ihre Bedürfnisse nach Nähe über meinen nach Schlaf. Bei mir fühlte sie sich sicher und geborgen und weil ich das spürte, ging es mir auch gut. So war der Kreislauf entstanden, dass zuerst ihre Bedürfnisse erfüllt werden und wenn sie zufrieden ist, kann ich mich um meine kümmern. Dadurch konnte sie darauf vertrauen, dass ihre Bedürfnisse erfüllt werden und an erster Stelle stehen, und zwar ohne dass sie erst weinen musste. Ich spürte jedes Zucken, jedes Schmatzen, bevor sie mir ihren Hunger lauthals mitteilen musste. Schon als sie schmatzte, legte ich sie an die Brust. Sie weinte wenig bzw. ich wusste am Anfang gar nicht, wie sich ihr Weinen anhörte, weil sie es nicht tat. Wir waren ein gutes Team, ich erkannte ihre Bedürfnisse, bevor sie sie mir richtig mitteilen musste und erfüllte sie. Sie spürte und vertraute darauf, dass es immer so sein wird. So konnte sie, wenn ihre Bedürfnisse nach Nähe, frischer Windel und Milch erfüllt waren, ruhig schlafen, sodass ich Zeit für mich hatte - zum Schlafen, zum Putzen, zum Duschen, usw. Ich hatte vor der Geburt überhaupt keine Ahnung, was ich danach mit Baby noch schaffen würde: Einkaufen, Duschen, Putzen, bloggen, usw. Und ich schaffte es doch irgendwie und alle sagten: Wow, wie schaffst Du das? Du hast aber Glück.
Und ich dachte erst auch, dass ich Glück habe. Aber heute rückblickend und auch weil ich nun eine zweite Tochter habe, bei der ich genauso auf meinen Körper vertraut habe, auf mein Gefühl gehört habe und zuerst ihre Bedürfnisse erfülle und die der Großen natürlich auch weiterhin, bin ich davon überzeugt, dass es mein Verdienst ist, dass sie so sind, wie sie sind und dass ich Zeit für das habe, was mir wichtig ist - nämlich dann, wenn die Kinder zufrieden sind und deren Bedürfnisse erfüllt sind. Es ist ein bisschen schwieriger geworden, beide Bedürfnisse zu erfüllen und auch zu priorisieren, was jetzt am wichtigsten ist. Meistens ist es die Kleine, weil sie eben noch nicht warten kann bzw. das noch nicht richtig versteht. Und doch versteht sie schon mehr als ich dachte, denn sie hört und sieht ja, dass da noch ein Kind ist, die lacht, weint, stampft, trotzt, singt, laut ist, spielt, usw. Ich habe jetzt weniger Zeit für mich, aber ich habe sie auch jetzt noch. Was ich selber nicht gedacht hätte. Ich war also auf das Schlimmste gefasst, nämlich zu gar nix mehr zu kommen und ich richte mich nach den Bedürfnissen der Kinder. Nicht sie müssen sich an meinen Tagesablauf anpassen, sondern ich an ihren, wenn ich es irgendwie ermöglichen kann. Unternehmungen und Termine habe ich so gelegt, wie es zum Rhythmus der Kinder passt. Dadurch haben sie bei dem Termin gut kooperiert und sich von ihrer besten Seite gezeigt. Warum sollten sie auch quer ziehen? Es war eben die richtige Zeit, sie waren satt, gewickelt und gut drauf. Damit fahre ich ganz gut und es wird sicherlich auch so weitergehen. Natürlich war es auch mal anstrengend, dauerte ewig, bis sie einschliefen, sie waren schlecht gelaunt, weil Zähne kamen oder zu viele Reize auf sie einströmten oder in Wachstumsphasen oder was auch immer. Ich habe mich nicht an diesen anstrengenden Zeiten festgehalten, sondern über die unkomplizierten und schönen gefreut und mich daran festgehalten und erfreut. Die anstrengenden hab ich schnell wieder vergessen und manchmal im Nachhinein auch darüber geschmunzelt, wie sehr mich ein anstrengender Abend ins Schwitzen gebracht hat. Ich war immer da und das, was ich tun wollte für mich, das musste dann halt warten, denn die Bedürfnisse der Kinder sind mir immer wichtiger als meine eigenen. Irgendwann - viel schneller als mir lieb ist - werden sie mir sagen, dass sie mich weniger brauchen und selbst entscheiden, was sie tun wollen. Und dann habe ich Zeit für mich und meine Bedürfnisse, vielleicht viel mehr als ich mir jemals gewünscht habe. Vielleicht werde ich mich dann langweilen oder sie vermissen oder gar nicht wissen, was ich jetzt tun soll. Auch dann werde ich mich aber danach richten. Wenn die Kinder dann zum Beispiel bei Freunden spielen, dann tue ich das, was ich tun möchte. Und wenn sie zurück kommen, bin ich für sie da. So funktioniert es bei uns und zwar sehr gut.
Meine Meinung mag sehr speziell sein und Ihr könnte es als aufopfern bezeichnen. Ich finde es ok, dass wir unterschiedlicher Meinung sind. Mit keinem Wort in diesem Text und auch in meinen Tweets habe ich gesagt, dass Eltern, die anstrengendere oder fordernde Kinder haben, daran selbst Schuld sind. Denn das wurde mir unterstellt, was ich sehr unfair finde. Jeder versteht das aus einer Aussage, was er verstehen möchte egal, wie es gemeint war. Das ist eben das Problem an schriftlicher Kommunikation - viel Platz für Interpretationen. Eure Gedanken und wie Ihr es versteht, kann ich nicht beeinflussen. Und ich kann es auch nicht korrigieren, wenn Ihr etwas in den falschen Hals bekommen habt, weil ich den Eindruck habe, dass Ihr Euch darein verrannt habt und Eure Meinung steht, ohne überhaupt noch zuzuhören, was Desiree oder ich schreiben. Im Gegenteil - es wird teilweise ins Lächerliche gezogen und darauf herumgehackt. Das hat nichts mehr mit fairem Erfahrungsaustausch zu tun. Ich habe Mitgefühl mit allen, die durch die Kinder an ihre Grenzen und darüber hinaus gegangen sind, um die Bedürfnisse zu erfüllen. Besonders wenn die Kinder aufgrund Krankheiten oder Schmerzen besonders fordernd waren, habe ich großen Respekt - wie zum Bespiel bei Mo. Hierüber kann und möchte ich mir kein Urteil erlauben und habe stattdessen Mitgefühl ohne Ende. Alle anderen können aus diesem Artikel verstehen was sie sollen, noch einmal über Gedanken, Gefühle und Bedürfnisse von Anfang an nachdenken, dazu schreiben oder einfach die Klappe halten. Ist mir ehrlich gesagt egal. Das ist meine Meinung und ich bin dankbar, froh und glücklich über zwei tolle unkomplizierte Kinder, die zu dem geworden sind, was sie sind, weil ich das tat, was ich tat. Total naiv, stimmt´s? Ne - gar nicht, es ist meine Erfahrung und meine Meinung. Was hat das mit naiv zu tun? Obwohl ich auch ein bisschen traurig bin, wie die ganze Kommunikation dazu abgelaufen ist, freue ich mich auch, dass ich mit dieser Aussage, die ganz am Anfang der ganzen Diskussion stand, offensichtlich einen Nerv der Elternblogger getroffen habe: ein Thema, zu dem offensichtlich jeder was zu sagen hat, jeder eine Meinung hat, seit mehreren Tagen. Egal, ob sich darüber aufgeregt wird, oder zugestimmt wird, in der Mitte gibt es wenig. Für meinen Blog ist es jedenfalls richtig gut. Darüber freue ich mich und auch über Eurer reges Interesse daran. Gleichzeitig bin ich auch überrascht, wie viel Zeit Ihr darein investiert, um Eurem Unmut, Eurer Wut, Eurem Ärger Luft zu machen, weil ihr etwas verstanden habt, was niemals so gemeint war. Ich lehne mich jetzt einfach zurück und gucke, was noch so alles dazu kommt. Jetzt weiß ich jedenfalls, was Frida damit meinte, wenn sie mir mal mit anderen Worten mitteilte: Als Blogger braucht man ein dickes Fell und der erste Shitstorm kommt bestimmt irgendwann. Dadurch war ich nicht mehr ganz so unvorbereitet, wenn es irgendwann passiert, wobei das, was sie erlebte mit ihrem ehemaligen Herzmutter-Blog wohl teilweise um ein Vielfaches extremer war als das, was hier los war und mich schon teilweise ein bisschen mitgenommen hat.
Möchtet Ihr auch Eure Erfahrung dazu schreiben? Dann gelangt Ihr hier zur Blogparade von Frau Chamailion. Bis Ende Januar könnt Ihr noch mitmachen.
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