Bloggerprojekt #IchpackemeinenKoffer

Koffer-klein

Einreise nach Deutschland mit der andalusischen Sippe

Meine Schwiegereltern Pedro und María reisen gerne, jedoch nur innerhalb Spaniens. Da sprechen sie die Sprache, kennen sie das Essen, da fühlen sie sich sicher. Vergangenes Jahr mussten sie dann doch einmal die iberische Halbinsel verlassen. Wir wohnten in Budapest und um das Enkelkind zu sehen, stiegen die beiden also doch in den Flieger. Wo sie jedoch noch nie waren und wo sie glaube ich auch nicht hinreisen werden ist Deutschland. Deshalb wird es wohl nie einen echten Reisebericht zur Deutschlandreise meines andalusischen Stammes geben. Also stelle ich mir das Ganze einmal vor. So wäre es, wenn ich meine andalusische Familie auf einen Trip nach Deutschland nehmen würde:

Einreise nach Deutschland, Achtung, die Andalusier kommen. Zuallerst schauen wir uns den Koffer von María an. Um in Deutschland zu überleben packt sie die dicken Dauenjacken ein, Mütze, Schal und Handschuhe und ja, sie packt das auch im Sommer ein, denn in Deutschland ist es ja immer kalt und regnet oder schneit. Das denken jedenfalls in Andalusien viele. Neben der Nordpol-Ausstattung dürfen Schinken, Chorizo und Brot nicht fehlen. Wer weiß, was die einen da im Norden an Essen andrehen wollen. Pedro isst sehr wählerisch und nur das was er kennt. Also muss María ihm jeden Tag seine Speisen kochen. Auch eine riesige Dose mit Tomaten aus dem eigenen Garten und Obst der Saison geht mit auf die Reise, wer weiß, ob es solche Köstlichkeiten überhaupt in Deutschland gibt, sicher ist sicher. Alles ist fertig gepackt und wir treten unsere Reise an. Zwei Stunden vor Flugzeit betreten wir also den Flughafen Málaga, wir, das sind der Mann, der Minimensch, die Schwiegereltern und ich. Gleich am Eingang verlieren wir María, die wild den Minimensch im Kinderwagen schiebt und den Schalter zur Gepäckabgabe sucht. Natürlich hat sie niemanden etwas gesagt, sondern ist gleich hektisch losgerannt, nicht, dass die noch ohne uns fliegen. Wir also erst einmal quer durchs Terminal, María und Kind wieder einfangen. Dann ab zum Schalter, das Gepäck abgeben. María wird nervös, hoffentlich geht alles gut und wir haben nicht zu viel dabei. Aber ja, es geht alles gut und falls wir die Koffer verlieren sollten, haben wir ja immer noch unser Handgepäck mit Unmengen belegter Brote bei uns. Verhungern werden wir nicht. Fürchten Asterix und Obelix, dass ihnen der Himmel auf den Kopf fällt, ist die Angst meiner andalusischen Sippe jene vor dem Hungertod.

Nachdem wir dann also die Zeit im Flughafen totgeschlagen haben, das Kind gefühlte 50 Mal in ein Karussell gesetzt haben geht es endlich los. Bitte anschnallen und die Tische hochklappen sowie die Sitze in ihre ursprüngliche Position bringen. Nach unendlichen 3,5 Flugstunden landen wir in Berlin. Was meiner Schwiegermutter alles im Flugzeug einfällt, um das Kind bei Laune zu halten, würde hier den Rahmen sprengen. Doch alle Mitreisenden sehen jetzt nicht mehr so heiter aus.

Ich habe mir fest vorgenommen, meiner spanischen Familie einige Hauptsehenswüridgkeiten Deutschlands zu zeigen, soweit das in einer Woche geht, denn länger würde es Pedro auf keinen Fall ohne seinen Garten und sein Sofa aushalten.

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Also ab zum Fernsehturm, Brandenburger Tor, Checkpoint Charlie und Co. Während Pedro schon nach einer Stunde mault, dass ihm die Füße weh tun, es María nicht schnell genug gehen kann und sie alles lautstark kommentiert, fangen die ersten Passanten an, uns nachzuschauen. Ja, wir sind nicht leise. Das Kind plappert unaufhörlich im Kinderwagen, María fängt an lauthals zu singen. Dem Mann wird es zu peinlich und er läuft vorneweg. Nur ich gehe mit gesenktem Kopf an Marías Seite, so ganz will ich ihr mein Kind nicht überlassen. Wer weiß, wo sie sonst wieder hinläuft. Mittags gibt es natürlich lecker Currywurst, die wir alle mit großem Appetit verschlingen, außer Pedro, der seinen Pappteller misstrauisch anschaut und dem Kind die Hälfte abtritt. Das Bier ist für seinen Geschmack natürlich viel zu warm, nicht mal Bier können diese Deutschen! Nachmittags setzt sich Pedro im Hotel ab, seine Siesta lässt er sich auch von einem Deutschlandurlaub nicht nehmen. Wir bummeln weiter durch die Stadt. Der Mann ist ganz fasziniert von dem vielen Grün und so vielen Fahrrädern. Bei María muss man mal wieder aufpassen, dass sie nicht gleich mit einem Zweirad zusammenprallt, mit offenem Mund guckt sie durch die Gegend und kriegt nichts mit vom ökologischen Verkehr, der ihr so gänzlich fremd ist. Auf dem Dorf kenne ich niemanden, der ein Fahrrad besitzt…

Und so geht ein ereignisreicher Tag zu Ende. Abends sitzen wir in einem Restaurant bei Eisbein und Sauerkraut. Meine andalusische Familie ist ganz verwirrt über die Ruhe die herrscht. Man sieht, wie Menschen miteinander sprechen, doch man hört sie nicht. Das sind sie nicht gewohnt und finden es fast etwas unheimlich.

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Auf dem zweiten Programmpunkt steht ein Abstecher an die Ostsee. Ich bin in der DDR groß geworden, war jeden Sommer an der Ostsee und will diese tolle Landschaft auch meiner spanischen Familie nicht vorenthalten. Zuerst sind alle erst einmal erstaunt, dass wir überhaupt ein Meer haben in Deutschland. Und dann auch noch so schön! Nein, das hatte niemand erwartet. Kleine Wäldchen, Dünen, feiner Sandstrand und Meer. Mein Kind ist im Paradies, María geht spazieren, der Mann und ich faulenzen und Pedro nörgelt mal wieder über das Wetter. Viel zu windig. Klar!.Ich hole Fischbrötchen für alle… und esse alle alleine. Die kommen bei keinem Andalusier gut an scheint mir. Hering, Matjes oder Backfisch…finden sie alle irgendwie komisch und gewöhnungsbedüftig und was würden sie jetzt für eine gute Paella geben. Gut, dass María in ihrem Koffer auch dafür die nötigen Zutaten verstaut hat. Also ab in die Ferienwohnung und kochen. Ja, wer will schon lecker Rollmops, wenn er ein spanisches Reisgericht haben kann? Ich, weil ich bin im Deutschlandurlaub und will auch deutsche Spezialitäten genießen! Nicht immer einfach mit diesen Spaniern. Was der Bauer nicht kennt isst er nicht, treffender kann man meine andalusische Sippe wohl kaum beschreiben.

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Wir fahren weiter quer durch Deutschland Richtung Süden. Was wäre ein Deutschlandaufenthalt ohne Bayern? Das geht gar nicht. Zuerst möchte ich meiner Familie das kleine Städtchen Passau zeigen, dort habe ich studiert und ich finde, es ist ein sehr hübsches kleines Städtchen, das drei Flüsse vereint und Bayern in Reinkultur bietet. Schöne Biergärten, gutes Essen, eine historische Fußgängerzone mit mittelalterlichen Häusern…das ist Passau für mich. Auch die iberische Sippe findet es toll, besonders, dass man Ein-Liter-Bierkrüge bestellten kann. Unter Kastanienbäumen sitzen wir am Fluss, am Inn um genau zu sein, und bewundern die Landschaft. Die kann was, das meinen auch die Andalusier. Pedro denkt daran, was man mit dem vielen Wasser in Andalusien anfangen könnte. Das würde ein ganzes Jahrhundert reichen, um seine Felder und den Garten zu bewässern. María schreit dem Kind städing hinterher, nicht so nah an den Fluss zu laufen. In Deutschland gibt es vielleicht Helikopter-Parenting, in Spanien heißt das Helikopter-Grandparenting, denn dort sind es eher noch die Großeltern, die stets und ständig die Kinder darauf hinweisen, dass sie fallen, stürzen oder sich sonst wie Schaden zufügen könnten, und es am besten wäre, man bewege sich gleich gar nicht.

Doch zurück zu unserer Reise, weiter geht es nach München. Die bayerische Hauptstadt ist DER Inbegriff Deutschlands für glaube ich alle Spanier. Viel Bier, Würste, Blasmusik und Trachten, viele Spanier meinen, dass es in ganz Deutschland so aussieht. Natürlich sind auch alle Einwohner Deutschlands groß, blauäugig und blond. Ich selber tanze zwar schon aus der Reihe mit meinen braunen Augen und dunklen Haaren und groß bin ich auch nicht, aber Ausnahmen muss es ja auch geben…Wohin nehme ich die Familie also? Richtig, ins Hofbräuhaus. Sollen sie sich doch mal so richtig an ihren Klischees sattsehen.Während das Kind sich rhythmisch zu den Klängen der Musikkappelle bewegt, stemmen der Mann und sein Vater die Bierkrüge und philosophieren über die Superkräfte der Bedienungen, die gleich mehrere Krüge auf einmal an die Tische bringen können. María nippt an einer Cola und freut sich über die kleinen Würstchen, die ich ihr bestellt habe, während der Rest der Familie an knusprigen Schweinshaxn nagt. Alle sind zufrieden und fröhlich…ist doch schön, wenn wenigstens ein paar Stereotypen bestätigt werden können, und sei es auch nur in den Hallen dieses touristischen Gasthauses.

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Und so wird mein andalusischer Stamm mit einer positiven Meinung über Deutschland zurückreisen. Die Deutschen sind ja doch gar nicht alle so leise und zurückhaltend und immer auf Sparpolitik aus…jedenfalls nicht im Hofbräuhaus.

Das Projekt Ich packe meinen Koffer:

Wer kennt dieses Spiel nicht? Ich packe meinen Koffer und nehme mit…

Wir, das sind 12 Mamis & Bloggerinnen mit Herz, die sich gefunden und entschieden haben, gemeinsam auf Reisen zu gehen. Und das Schönste daran: wir nehmen euch alle mit.

Wohin es geht?
Vielleicht nach Bayern, die Ostsee, Australien oder Spanien. Vielleicht aber auch in die Zukunft, ins Wohnzimmer oder ins Fischrestaurant. Reisen kann man überall hin.

Wir werden jetzt immer an einem Freitag unseren Koffer packen und Euch mitnehmen – und vielleicht inspirieren.

Wir haben dieses große Blogger-Gemeinschaftsprojekt ins Leben gerufen, um die Vielfältigkeit und das Zusammengehörigkeitsgefühl der Elternblogger-Welt zu zeigen und zu stärken

In der Reihe „Ich packe meinen Koffer…“ sind bisher folgende Beiträge erschienen:

Vorstellung des Blogger-Gemeinschaftsprojekts auf dem Blog „Glucke und so“

„Der Mehrgenerationenurlaub – Reise an die polnische Ostsee“ auf dem Blog „Terrorpüppi“

Reise ins Licht“ auf dem Blog „Limalisoy“

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