Bloggerbattle: Melancholie
Bloggerbattle: Melancholie
Ich liege in der Badewanne und versuche nicht auf meinen Kopf zu hören, sondern die Wärme und den Schaum zu genießen. Eigentlich bade ich nicht gerne. Es verbraucht viel Wasser und irgendwie schwimmt man immer in seinem eigenen Dreck – darum war ich vorher auch duschen, was natürlich noch mehr Wasser verbraucht hat. Trotzdem liege ich nun hier im Schaum. Da ich nicht weiß ob ich in der nächsten Wohnung den Luxus einer Badewanne habe, dachte ich es würde mir gut tun. Doch stattdessen scheint es mich nur noch mehr zum Nachdenken anzuregen und das kann ich eigentlich gar nicht gebrauchen. Im Gegenteil, es wäre gut wenn ich mal etwas weniger nachdenken würde. Durch das ewige Argumentieren in meinem Kopf scheine ich kaum noch etwas anderes zu tun. Ich suche neue Wohnungen, organisiere Kartons, Besichtigungen und überlege von welchen Dingen ich mich trenne um sie nicht unnötig mitzuschleppen. In dieser Wohnung hatte ich viele schöne Momente – und noch mehr beschissene. Es tut weh sie nun aufzugeben und gleichzeitig fühle ich mich erleichtert. Ich tauche in das Wasser ein, den Atem anzuhalten erscheint mir die einzige Möglichkeit mein Hirn für einen Moment auszuschalten.
Leider war ich noch nie besonders gut darin die Luft anzuhalten und meine Angst vor dem Ertrinken in der Badewanne ist zwar wenig realistisch, sorgt aber dennoch dafür das ich es nicht lange aushalte. Also tauche ich wieder auf und stöhne. Ich sehe mich in meinem Badezimmer um und versuche mir vorzustellen, wie es sein wird, wo anders zu sein. Wochenlang habe ich mich in dieser Wohnung versteckt gehalten, als wäre sie ein Schutzbunker. Zu einer andere Zeit konnte ich sie kaum betreten ohne in Tränen auszubrechen – und jetzt?Ich bin mir nicht sicher. Bei einigen Erinnerungen muss ich lächeln. Die unbequemen Nächte auf einem Schlafsofa, das sich nicht mehr ausklappen ließ. Die Streitereien mit meiner kleinen Schwester. Das erste Mal kochen mit meinem Freund. Alle Erinnerungen sind irgendwie schön, manche mehr als andere, auf jeden Fall sind sie sehr präsent. Irgendwie habe ich Angst davor, dass sich das ändert, wenn ich nicht mehr hier bin. Auch wenn viele Erinnerungen mehr schmerzen, als dass sie mich zum Lächeln bringen, macht es mir doch Angst, sie zu verlieren. Natürlich ist mir bewusst, dass ich nichts verliere – Erinnerungen sind in meinem Gehirn gespeichert, nicht in meiner Wohnung. Trotzdem hätten die Wände eine ganze Menge zu erzählen. Es klopft zögerlich an der Tür und mein Freund fragt kleinlaut ob alles in Ordnung ist. Eine gute Frage, das habe ich mich auch schon gefragt. „Ich bin gleich fertig, gib mir ein paar Minuten“, antworte ich und warte bis sich seine Schritte entfernt haben. Er macht sich Sorgen um mich und das ist süß, doch ich kämpfe mal wieder nur mit meinen Inneren Dämonen und nicht gegen ihn. Vor ziemlich genau einem Jahr, lag ich schon einmal in dieser Wanne und wusste nicht wie zur Hölle mein Leben so beschissen werden konnte. Inzwischen habe ich daraus gelernt. Ich nähere mich Schritt für Schritt etwas das keine Heilung ist, aber eine Besserung. Meine Therapie hilft, wieder zur Schule zu gehen hilft auch. Vielleicht ist ein Umzug nur ein weiterer Schritt auf dieser Leiter. Wenn ich ehrlich zu mir selbst bin, ist es wahrscheinlich sogar der letzte fehlende Schritt den ich bisher aufgeschoben habe. Mit Dingen abzuschließen viel mir noch nie sonderlich leicht. Meine Therapeutin wird immer leicht gereizt wenn ich Dinge aufgreife die ich bereits vor fünf Sitzungen durchgesprochen habe. Wieder seufze ich leise und schließe die Augen. Abschlüsse sind gut, sie machen Platz für etwas Neues. Ein Neuanfang, darauf stehe ich doch eigentlich. Ich lasse das Wasser ab und nicke, als müsste ich mir selbst zustimmen. Es ist vielleicht gar nicht so schlimm, dass ich dieser Wohnung und diesem Leben ein bisschen hinterher trauere. Es wäre nur schlimm, wenn es mich davon abhalten würde etwas Neues zu beginnen.
Mit einem schiefen Grinsen stehe ich auf und wickle ein Handtuch um meinen nackten Körper. Mir wird bewusst, dass mein Kopf gerade den Post für das anstehende Bloggerbattle geschrieben hat. Dabei hatte ich eigentlich gehofft, eine neue blutrünstige Geschichte verfassen zu können. Doch so ist das eben mit meinem Kopf, er macht was er will.
Mitstreiter:
-Schakals Gedankenwelten
-The music box of a morbid Wonderland
-Wetterschaf
-dycherFyrst SETZT AUS
-PAL
-Mary
-Chelsea
-und natürlich der Lordn
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