Bis zum 28.05.2012 läuft die spannende Ausstellung in der Berlinischen Galerie, die Kunst aus der Weimarer Republik zeigt und einen einmaligen Einblick in die Seele und den Zeitgeist dieser Epoche eröffnet.
Auf das Ende des Ersten Weltkriegs und die Kämpfe der Novemberrevolution 1918/19 folgen Inflation und Arbeitslosigkeit. Berlin ist in Aufruhr, und die Künstler sind es auch: George Grosz seziert die Welt der Ganoven und Huren, Erich Godal dämonisiert in seinem Zyklus „Revolution“ die Fabriken, Otto Möller und Heinrich Vogeler zeichnen Volksredner und Menschenmenge, auch der junge Werner Heldt träumt vom Aufstand. So unterschiedlich die künstlerischen Mittel auch sind, kaum einer kann sich der Stellungnahme entziehen. Künstler stürzen sich in das Straßenleben des mondänen, proletarischen oder „lasterhaften“ Berlins und finden dort ihre Modelle. Auf dem Großstadtboulevard, an der Bar, hinter den Kulissen einer Revue oder im schummrigen Tanzsaal einer Arbeiterkneipe, an all diesen spezifischen Orten der Großstadt Berlin finden die Zeichner die Gesichter der Straße und damit das Typenreservoir jener Zeit: Revolutionär, Proletarier, Hure, Girl, Garçonne, Strichjunge, Zuhälter, Lustmörder, Kriegsgewinnler, Parvenue, Angestellte.
„Die halbe Traurigkeit Berlins und seine doppelte Lustigkeit, diese Mixtur aus Elend, Sklaverei und höchster Freiheit, die das Elixier einer Metropole bildet.“ Von diesem Elixier haben alle hier gezeigten Künstler gekostet: Was sie mit Stift und Pinsel schilderten, prägt bis heute unser Bild dieser Epoche zwischen expressionistischer Großstadtdämonie und sachlichem Tempo, zwischen Bejahung der Moderne und dem Schatten der Diktatur.
Mit Arbeiten von: Karl Arnold, Hans Baluschek, Max Beckmann, Paul Busch, Chas-Laborde, Otto Dix, Dolbin, Heinrich Ehmsen, Michel Fingesten, Lilo Friedländer, Robert Genin, Erich Godal, Rudolf Grossmann, George Grosz, Werner Heldt, Karl Holtz, Karl Hubbuch, Jeanne Mammen, Otto Möller, Gertrude Sandmann, Rudolf Schlichter, Ines Wetzel, Heinrich Vogeler, Gert H. Wollheim, Richard Ziegler
Berlinische Galerie, Alte Jakobsstr. 124-128 , U6 Hallesches Tor, Öffnungszeiten: Mi-Mo 10h-18h
Karl Arnold, Nuttchens Abendlied, 1927 © VG Bild-Kunst, Bonn Foto: Kai-Annett Becker
Jeanne Mammen, Die Rothaarige, um 1928 © VG Bild-Kunst, Bonn 2012 Foto: Kai-Annett Becker
Richard Ziegler, Berliner Tageblatt, 1927-28 © nicht ermittelbar Foto: Kai-Annett Becker
Gert H. Wollheim, Selbstbildnis, 1931 © Mona Wollheim, New York, USA Foto: Kai-Annett Becker
Hans Baluschek, Fabrikschluss, 1926, Berlinische Galerie, © nicht ermittelbar Foto: Kai-Annett Becker
Karl Holtz, Yorkstraße, 1920 © Wolfgang U. Schütte Foto: Kai-Annett Becker