Blockupy Frankfurt


Aus aktuellem Anlass: Ich sehe es als Pflicht an, mich zu den aktuellen Ereignissen in Frankfurt zu äußern. Viel lieber hätte ich mich unbelastet an den Protesttagen beteiligt, ein paar Bilder geschossen und mein ganz persönliches Resume über das vergangene Jahr und die politischen aber auch persönlichen Erlebnisse noch einmal an mir vorbeiziehen zu lassen und noch einmal meine Stimme zu erheben angesichts der verfahrenen Situation in dieser Welt.
Doch was da gerade passiert ist zu wichtig, als dass ich schweigen wollte und könnte!
Von gestern an bis zum Samstag war ein reichhaltiges Programm geplant worden. Der Protest und die zeitweilige symbolische Blockade des Bankenbiertels war sicher ein zentraler Bestandteil der Organisatoren und der vielen Aktivisten, die aus ganz persönlichen Motiven nach Frankfurt reisen. Allerdings standen auch Kultur- und Diskussionsveranstaltungen im Programm, die ein vielfältiges, kreatives und buntes Zeichen setzten wollten gegen die völlige Kapitulation vor den Finanzmärkten.
Blockupy Frankfurt - das geplante Programm
Es hat sich faktisch seit den ersten Protesten nichts geändert. Nicht einmal eine Transaktionssteuer konnte verwirklicht werden, ganz zu schweigen von der notwenigen Debatte über ein System, dass mit schöner Regelmäßigkeit zu fundamentalen Krisen führt unter denen die sozial Schwachen am allermeisten leiden.
Die Sparprogramme ohne Wachstumsimpulse für Griechenland haben zu einem sozialen Verfall in der griechischen Bevölkerung geführt und auch Spanien und Italien brauchen dringend neue Impulse angesichts von einer Jugendarbeitsloigkeit, die den jungen Menschen jede Hoffnung auf die Zukunft raubt.
Stattdessen erleben wir eine Kriminalisierung von Protestierenden, die einen mitunter sprachlos macht.
Es gibt also mehr als genug Grund auf deutschem Boden massiv gegen diese Entwicklungten zu protestieren. Gerade weil unsere Regierung diese Politik maßgeblich prägt und wir zugleich sogar Krisengewinner sind. Allerdings zu einem hohen Preis für einen großen Teil der Bevölkerung: Lohndumping. Natürlich ist der richtige Ort für den Protest das Bankenviertel Frankfurts und die EZB!
Occupy war immer ein Symbol und ein Anfang. Ein Mahnmal, dass demokratische Entscheidungen nur im Konsens getroffen werden und eine breite Debatte in der Öffentlichkeit erst dann gelingen kann, wenn sich dmehr Menschen Gedanken machen über die Art und Weise, wie wir miteinander miteinander umgehen und welche Werte zentral für eine Gesellschaft sein sollen. Erst über den Informationensaustausch wird eine differenzierte Meinungsbildung und politische Bildung überhaupt erst möglich.
Wir träumen von einer anderen Welt. Auch, weil es eine Notwendigkeit darstellt, wollen wir eine lebenswerte Zukunft haben. Angesichts von Menschen, der von einer Gier erfasst ist, die uns immer weiter an den Rand des Abgrunds führt. In der multinationale Konzerne die Handlungsspielräume festlegen dürfen.
In jedem Fall sind wir empört und gleichzeitig entschlossen für eine gerechtere Welt einzustehen.
Doch zurück zu den Ereignissen in Frankfurt:
Die Stadt hat kurzfristig ein Total-Verbot für die Aktionstage verfügt. Begründet wurde dies mit einer Gefahrenanalyse der Polizei: bei der letzten großen Anti-Kapitalismus-Demo am 31. März in Frankfurt war ein Polizist und einige Demonstranten verletzt worden. Außerdem kam es zu zerschlagenen Fensterscheiben und anderen Sachbeschädigungen. Von Seiten der Polizei und der Stadt spricht man von 1000 gewaltbereiten Demonstranten am 31. März und vermutet für die Aktionstage eine Verdopplung, unabhängig davon, dass die beiden Demonstrationen von unterschiedlichen Gruppen angemeldet wurden.
Im übrigen kann die Teilnahme von gewaltbereiten Demonstrationen nicht als Grund gelten, um eine angemeldete Demonstration zu verbieten. Dann müssten schließlich alle Demonstrationen generell verboten werden - kein Veranstalter kann ausschließen dass sich an einer Demonstration auch gewaltbereite Personen teilnehmen. Aufgabe es ist von Veranstaler aber auch von Stadtseite für eine deeskalierende Athmosphäre zu sorgen. Doch das Gegenteil ist passiert. Die Gefahrenanalyse für die Aktionstage kann man nur als Horrorszenario bezeichnen. Man malt den Teufel an die Wand: man könne die Sicherheit der Bürger nicht mehr gewährleisteten und man gehe davon aus, dass die Stadt großflächig von Gewalttätern verwüstet wird...
Erst dieses Szenario erzeugen schließlich eine aufgeheizte Stimmung. Sie werden mit Sicherheit einige friedliche Demonstranten abschrecken und gerade gewaltbereite Aktivisten anlocken.
Das Camp wurde in der Zwischenzeit geräumt, um einen Sicherheitskorrodor zu errichten. Die Räumung verlief friedlich.
Die Gerichte sind dieser Auffassung weitesgehend gefolgt: zunächst wurden der Rave am gestrigen Tag und die Großdemonstration am Samstag erlaubt; in zweiter Instanz wurde dann auch der Rave verboten.
Das Bundesverfassungsgericht hat die Eilanträge gegen das Verbot inzwischen abgelehnt.
Eine Entscheidung über die Rechtmäßigkeit des Verbots ist damit aber noch nicht gefallen. Das Hauptsacheverfahren ist noch abzuwarten. Würde das Bundesverfassungsgericht den verfügten Verboten folgen, wäre das ein Skandal und ein Schlag ins Gesicht eines Jeden, der die Versammlungs- und Demonstrationsfreiheit als wichtigen Bestandteil der Demokratie hochhält!
Schon seit langem ist es nicht mehr zu solch einer massiven Beschränkung der Grundrechte gekommen!
Es bleibt festzuhalten: In Frankfurt wurden ussprünglich 30.000 Menschen im Rahmen der Protesttage erwartet. Das komplette Programm zu streichen ist für mich unverantwortlich. Vor Ort kann nur ein riesiges Vakuum entstehen. Schon jetzt hört man sehr bedenkliche Nachrichten:
mehrere Busse auf dem Weg nach Frankfurt wurden gestoppt, die Insassen und ihr Gepäck durchsucht und Aufenthaltsverbote in der Stadt Frankfurt ausgestellt. Gleichzeitig werden Demonstranten in der Innenstadt eingekesselt. Ich finde dieses Verhalten absolut skandalös und mit einer demokratischen Grundordnung absolut unvereinbar! Über das Verbot der kulturellen Veranstaltungen (z.B. einem Konzert von Konstantin Wecker) kann man ohnehin nur den Kopf schütteln.
Ich kann nur hoffen, dass bei aller berechtigten Wut der friedvolle Protest im Vordergrund bleibt. Das sieht im Moment sehr gut aus. Das Recht auf Versammlung darf man sich auf keinen Fall nehmen lassen!
Es wird sicher noch ein langer und zäher Kampf, um einer Veränderung hin zu einer humaneren Gesellschaft anzustoßen, doch von diesen Tagen in Frankfurt kann eine große Signalwirkung ausgehen!
Solidarische Grüsse!!!
hilfreiche Links und zusätzliche Informationen:
Livestream von Cams 21
Blockupy auf Twitter
Konstantin Wecker über die Proteste
Deutschland-Radio: Verbot trifft alle Demonstranten

taz-Kommentar: Die Gfahr kommt nicht von links
welt-online: Blockupy-Aktionstage bleiben bisher friedlich

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