Die ganze Welt hat in den letzten Wochen nach Afrika geschaut. Der Grund: die Fußball-Weltmeisterschaft 2010. Diese Aufmerksamkeit machte sich Blitz the Ambassador zu Nutze. Gemeinsam mit seiner Band tourte der gebürtige Ghanaer quer durch Europa. Mit Andreas Margara hat der afrikanische Botschafter in Sachen HipHop gesprochen.
Stell dich doch zunächst mal den Lesern vor!
Hi, ich bin Blitz the Ambassador. Ich wurde in Ghana geboren und bin in Accra aufgewachsen, jetzt lebe ich in Brooklyn, New York und trete mit der Band Embassy Ensemble auf. Mein aktueller Release ist Stereotype.
Dein Name klingt speziell für uns Deutsche sehr interessant. Was ist der Hintergrund?
Mein Style ist eben unberechenbar, von daher nenne ich mich Blitz. Und Ambassador („Botschafter“, Anm.d.Red.) weil ich aus Ghana stamme und mich einfach in der Position sehe, zwischen den Welten zu stehen. Ich repräsentiere HipHop und möchte den Leuten zeigen, dass es sich dabei nicht nur um stumpfsinniges Bling Bling handelt, sondern auch soziale Probleme angesprochen werden können.
Dein Name ist also eine klare Ansage. Lass uns etwas über die HipHop Szene in Ghana sprechen. Was sind dort Einflüsse und Quellen für Rap-Musik und die HipHop-Kultur?
Egal um welche Musik es sich bei uns dreht, zunächst musst du unsere Leute verstehen. Musik ist in Ghana Bestandteil in allen unseren Lebensbereichen. Wir spielen Musik in der Kirche, in den Straßen, wenn jemand geboren wird oder stirbt – es ist einfach in unserer DNA. Als ich aufwuchs, spielte im Hintergrund immer irgendeine Straßenband. Highlife nennt sich der von Gitarren und Bläsern getragene Musikstil, der sich in den 60er und 70er Jahren von Ghana aus zur angesagtesten Musik in Westafrika ausbreitete. Künstler wie Public Enemy und KRS-One brachten dann in den 90er Jahren HipHop zu uns. Es kam zu einer Verschmelzung zwischen dem Sprechgesang, der ein wichtiges Sprachrohr für die Menschen in Ghana ist und den Rhythmen des Highlife: „HipLife“ genannt.
Und gab es auch Jams nach New Yorker Vorbild, mit B-Boys, Graffiti und Freestyle-Sessions?
Das lief dann über die Highschools. Wir hatten die Möglichkeit unsere Skills mit Schülern aus anderen afrikanischen Ländern zu messen. Ich performte sogar im Radio. Dennoch sind Ghana als Entwicklungsland Grenzen gesetzt und die Chancen wegen mangelnder finanzieller Unterstützung eingeschränkt. Viele Künstler haben sich deshalb ins Ausland abgesetzt. Jetzt, da wir Aufmerksamkeit erlangt haben, kommen wir aber zurück!
Sicher bist du auch Fußball-Fan.
Ich bin ein riesiger Fan.
Ghana ist das letzte verbleibende afrikanische Team bei der WM in Südafrika. Sie sind bis ins Viertelfinale vorgedrungen…
Die Weltmeisterschaft ist eine riesen Sache. Seit der WM 1990 in Italien – mit dem sensationellen Auftritt von Roger Milla und seinem Team aus Kamerun – bin ich großer Fußball Fan. Wir haben in der Schule alle mitgetanzt wenn er ein Tor schoss und an der Eckfahne tanzte (lacht). Alle sind so euphorisch, ich hoffe wir schlagen Uruguay und greifen dann weiter an.
Das WM-Titellied („Waving Flag“) wird von K’Naan gesungen, einem Rapper mit somalischen Wurzeln. Auch Stars wie Nas und Damian Marley besinnen sich auf ihrem gemeinsamen neuen Album stärker auf ihre afrikanischen Wurzeln. Denkst du es gibt so etwas wie eine neue Entwicklung in der Rapmusik, bei der Afrika getreu nach dem Motto „back to the roots“ mehr in den Fokus rückt?
Diese Entwicklung ist großartig. Lange Zeit fehlte Afrika eine Stimme in der Popkultur und auch im Sport. Ich weiß nicht ob man von einem Erwachen oder einer Renaissance sprechen kann. Aber die afrikanische Kunst und Kultur ist definitiv am Aufsteigen. Es kann uns nur dabei helfen, globale Kluften zu überbrücken und mit vielerlei Missverständnissen und der Ignoranz aufzuräumen. Es ist wichtig sich fremden Kulturen zu öffnen und sie zu verstehen. Dann wirst du sie auch nicht gleich mit Bomben beschmeißen. K’Naan ist einer dieser Vorreiter. Aber es gibt noch viele andere neue Gesichter aus Afrika die bereits Wellen schlagen, wie z.B. Nneka aus Nigeria.
Schaut man sich die Entwicklung der Rapmusik in Amerika an, wo es viel Einheitsbrei und cluborientierte Musik gibt, dann ist es schön zu sehen, dass viele der afrikanischen Künstler tatsächlich eine Aussage haben.
Aber man denke an die Anfänge von HipHop in den 80ern in der Bronx. Das war vom Konzept her ähnlich: die Menschen hatten kein Sprachrohr. Heute ist ihre Musik kommerziell erfolgreich und so müssen die Künstler sich anhören was die Ziele der Labels und Unternehmen sind. Afrikanische Artists geben hingegen einen Scheiß drauf. Wir haben eine Mission. So wie Rakim, Chuck D oder KRS alle eine Vision hatten. Alles was sie wollten war dass man ihren Problemen Gehör schenkt. Jetzt hat sich das erübrigt. Das macht den Charme afrikanischer Künstler aus. Sie sind jung und tragen noch ein Feuer in sich. Sie reimen über ihren Überlebenskampf, denn es ist nicht alles gut auf der Welt. Es dreht sich eben nicht alles nur um Cash und Hoes.
Bei dem Independent Label Jakarta Records hast du also ausreichende Freiheiten um deine Musik so zu gestalten wie sie dir beliebt?
Ja, so schaffe ich mir meine eigenen Strukturen. Zwar haben wir kein Millionen Budget, sind aber nicht von großen Profiten abhängig. Es kommt einfach von Herzen. Und wie sich auf unserer Europa-Tour bisher gezeigt hat wissen die Fans das zu schätzen.
Heute trittst du in Heidelberg auf.
Ja, meine erste Show in Deutschland überhaupt. Ich bin sehr gespannt und freue mich mit den Deutschen zu rocken. Unser Hiplife Programm ist eine einzigartige Fusion, begleitet werde ich bei Live-Gigs von meiner Band bei der die Brass Section eine wichtige Rolle spielt.
Das klingt sehr interessant und lassen wir uns nicht entgehen. Das letzte Wort gehört dir.
Checkt mich auf der Europa-Tour aus oder besucht mich im www:
Viva la Ghana!
Danke für das Interview.
Andreas Margara (1. Juli 2010)
Blitz the Ambassador ft. Rob Murat – Breathe