Nun bin ich schon zwei Tage hier und warte darauf, etwas Interessantes zu Berichten zu haben. Fehlanzeige. Ich hatte geringe Erwartungen, habe mir eine Kleinstadt als Hauptstadt vorgestellt und bin sogar noch unterboten worden. Vientiane ist verrußt und vollgestopft mit Computer- und Technikfachgeschäften. Mobiltelefone boomen und es gibt mehr Bankhochhäuser als Wohngebiete. Und das alles macht überhaupt keinen Sinn.
Je mehr ich darüber nachdenke, desto weniger verstehe ich wie die Wirtschaft hier in Südostasien funktioniert. Laos gilt als eines der ärmsten Länder der Welt, aber dennoch fahren hier genauso viele Neuwagen durch die Straßen wie in Deutschland. Sogar eher größere. Wo in Indonesien das Betteln bis zur hohen Kunst als Beruf erhoben wird, habe ich in diesem Land, noch nicht einen einzigen bettelnden Menschen gesehen. Sind die Abstände zwischen reich und arm hier einfach sehr extrem? Sind Laoten zu stolz um zu betteln, oder gehört sich das vielleicht einfach nicht?
In einem Land, in dem Mönche jeden Morgen aufgereiht wie die Orgelpfeifen Almosen von ihren Mitmenschen empfangen, scheint das Verhältnis zur Armut anders zu sein, als man es erwartet oder kennt. Während meiner Fahrt von Luang Prabang nach Vientiane, kamen wir immer wieder an kleinen Siedlungen vorbei, kleine soziale Netze die verstreut in den Bergen liegen, rund um die einzige Straße die hindurch führt. Sie leben ihr Leben, mit Wasserhähnen die aus der Erde herausragen und als allgemeine Dusche und Möglichkeit zum Wäschewaschen dient. Mit Holzhütten und Dächern aus Reisig. Kinder, toben, spielen und lachen, Mütter sitzen daneben und teilen kleine Scherze und Geschichten miteinander, Väter handwerken hier und ruhen dort.
Man kommt sich klein und unbedeutend vor und vor allem die Probleme die einem der Luxus zu Hause bietet. Meine Generation ist reich. Reich an Möglichkeiten, reich an Ausbildung und reich an Gründen zum Beschweren die niemals ausgehen. Nichts ist uns gut genug, zuviel Auswahl zu haben ist uns eine Last und wir danken es der Generation vor uns, die noch mit harter Arbeit für all diese Möglichkeiten bezahlt hat, mit Jammern und langen Gesichtern.
Als ich von Australien aus nach Asien gekommen bin, sagte mir jeder, hier erwartet mich das Lächeln. Überall freundliche Gesichter und zuvorkommende Menschen. Tatsache ist, und das sage ich weder zynisch noch sarkastisch, das dieses Lächeln hauptsächlich in Thailand zu finden ist und vor allem wenn das Geld der Westener es belohnt. Hier in Laos leben die Menschen ihr Leben. Nicht ohne das bisschen Tourismus auch zu nutzen das hindurchfließt (es wäre ja auch dumm es zu lassen), aber eben einfach so, wie Wasser um einen Stein herumfließt. Von den meisten Menschen wird man weitgehend ignoriert, man gehört eben als Tourist einfach zum normalen Bild der Straßen.
Nun fällt mir wieder ein, wie es in Deutschland war, nachdem ich das über der Verzückung der freundlichen Australier völlig vergessen hatte. Dort ist der Mensch der dir auf der Straße begegnet meist kein Lächeln wert und sein Geld in den meisten Fällen schon gar nicht, denn in meiner wohlhabenden Heimat sind sogar Sozialhilfeempfänger um Längen reicher als ein Normalbürger hierzulande.
Das alles lässt mich demütig werden und auch ein bisschen beschämt. Das kann aber auch gar nicht schaden, mal kräftig auf den Boden der Tatsachen geholt zu werden und gezeigt zu bekommen, das Geld weder glücklich noch unglücklich macht. Ich sehe lachende Kinder in den Dörfern Laos und erinnere mich an Kinder an den Kassen der Supermärkte zu Hause, die nörgelnd und schreiend auf dem Boden liegen, weil sie keinen Schokoriegel bekommen.
Das mag jetzt alles pathetisch und hochtrabend klingen, vor allem weil ich weiß, dass auch bei uns nicht alles rosarot ist und es überall Not und Unglück in den verschiedensten Formen gibt, aber vielleicht vermittelt es auch einfach mal gut einen Eindruck davon, wie wenig wir im Alltag unser Glück zu schätzen wissen, auf der Stelle des Erdballs geboren zu sein, dem alle Türen offen stehen…
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