Black Sabbath in Essen oder: der etwas andere Familienausflug

Erstellt am 29. Juni 2014 von Cornelia Wilhelm @NiveauKlatsch

(c) "Black Rain" (2007)
Foto: Joseph Cultice

Wir schreiben das Jahr 2014, den 26. Juni. Wir befinden uns im tiefsten Inneren des Ruhrpotts. Im Essener Stadion wird an diesem Tage Geschichte geschrieben. Zumindest dürften viele es so empfunden haben. Denn die Erfinder des Heavy Metal geben sich die Ehre: Black Sabbath.
In der (fast) Ur-Konstellation und wahrscheinlich zum letzten Mal betreten sie deutschen Boden für ein Konzert. Grund genug, einen Familienausfug dorthin zu machen. Zusammen mit Vater und Schwester ging es von Remscheid nach Essen. Zuvor wurde eine kleine Runde um das Stadion gedreht, reichlich Erinnerungstextilien gekauft und schon ab auf die Tribüne.
„Vor zehn Jahren dachte ich ich wäre der einzige Black Sabbath Fan.“ hörte ich meinen Vater sagen und nach kurzem Umschauen wurde klar, wie Unrecht er doch hatte. Es waren reichlich Metalheads anwesend. Ob es nun Herren und Damen waren, die von der ersten Stunde mit dabei waren oder diejenigen, welche das musikalische Erbe weitergereicht bekommen haben: Jung und Alt vereinten sich zu einer großen Masse, um die Metal Urgesteine live zu sehen. Auf der Tribüne konnten wir gemütlich und trocken die Vorbands genießen. Als erstes traten Black Label Society auf und rockten die Bude vor. Die Regentropfen wurden von den Haaren geschüttelt und mit dem ein oder anderen Bier schön getrunken. Eine Vorwarnung wegen Gewitters gab es schon vor der zweiten Vorband Alice In Chains. Es könnte dazu kommen, dass der Innenraum kurzzeitig geräumt werden müsse, ... aufgrund der Wetterlage.
Die Metalheads ließen sich nicht abschrecken und rockten den Innenraum zusammen mit Alice In Chains. Immerhin gab es von der Natur eine kostenlose Lichtshow. Ich muss gestehen auf die Vorbands konnte ich mich nicht wirklich konzentrieren, weil ich einfach zu versessen darauf war, die Helden schlechthin zu sehen. Doch während der Umbaupause wurde der Innenraum tatsächlich geräumt und wir mussten warten bis das Gewitter vorüberzog. Eiserne Fans, die sich einen Platz in der ersten Reihe ergattert haben, blieben wie angewurzelt stehen. Niemand wollte so leicht seinen Platz aufgeben. Selbst die Security blieb machtlos. Nach der Entwarnung stürmten die Fans erneut den Innenraum. Der Vorhang fiel und tosender Jubel durchdrang die Menge.
Es war soweit. In ordentlicher Fussballmanier und hinter dem Vorhang versteckt animierte Ozzy Osbourne zum Fussballjodeln. Niemand ließ es sich zweimal sagen. Voller Elan sang die Menge alles nach was der „prince of darkness“ ihnen vorsang. Mit Warnsirenen wurde das Konzert eingeläutet. Der Innenraum bebte und ich ließ mich von der Atmosphäre mitreißen. Ich stand auf und wollte mitfeiern. Dies wurde jäh unterbrochen als der Herr hinter mir mit einem weniger freundlichen „Man kann sich setzen, sind ja schließlich Sitzplätze hier!“ die Stimmung ein wenig in den Keller redete. Ich beschloss, mich einfach nach unten zu begeben ... zu dem feierwütigen Volk. Eine der besten Entscheidungen dieses Abends! Während die Tribüne in aller elternabendlichen Atmosphäre das Konzert im Sitzen lauschte, wurde im Innenraum gefeiert, als würde es kein Morgen mehr geben. Der Regen war wirklich vollkommen egal. Nachdem alle nass bis auf die Knochen waren entschied sich Ozzy es ihnen gleich zu tun: „You are wet. Now I am wet, too.“, und schon kippte er sich einen ganzen Eimer Wasser über seinen Kopf. Solidarität der etwas anderen Art.
Der Menge gefiel es. Noch mehr gefiel es ihnen jedoch, ihre Helden in einer sehr guten Stimmung zu sehen. Mit alten Klassikern und neuen Songs eroberten sie die Menge im Sturm. Mit „War Pigs“ wurde das Konzert eröffnet. Tony Iommy zeigte seine Kunst an der Gitarre und ebenso Bass und Schlagzeug wurden ordentlich malträtiert. Klassisch ging es weiter mit „Into The Void“ aus dem Album Master Of Reality. Sehr zu Freuden meines Vaters und etlichen weiteren Fans. Mit dem Blick auf die Bühne geheftet und in Feierlaune spielten sie einen Klassiker nach dem anderen. Immer wieder gab Ozzy Instruktionen, was das Publikum nun machen sollte. Stets dabei das Mano cornuta, oder besser bekannt unter dem Namen "Pommesgabel". Stets in der Luft gehoben, brachten die harten Fans selbst den Prinzen der Dunkelheit zum Lächeln. Mit einem „You are fucking amazing!“ zollte er seinen Fans Tribut. Mit insgesamt drei neuen Songs aus dem aktuellen Album „13“ war dies ein Konzert der älteren Schule, was vielen Fans auch richtig gut gefiel. Bei „Black Sabbath“, „Behind The Wall Of Sleep“, „Fairies Wear Boots“ und „Rat Salad“ waren es vor allem die älteren Besucher, die außer Rand und Band waren. Selbstverständlich wurde das jüngere Publikum fachgerecht erzogen, um jedes einzelne Stück mitsingen zu können. Während der fetten Gitarrensoli wurden etliche Haupthaare geschüttelt und es wurde gebrüllt, was die Stimmbänder hergaben. Nach „Rat Salad“ verschnaufte die Band kurz und Tommy Clufetos zeigte sein Können am Schlagzeug. Das Solo war beeindruckend und verschlug manchen den Atem. Gebannt und fasziniert starrten alle Richtung Bühne. Nach Beendigung des Solos wurde dementsprechend Anerkennung gezollt. „Iron Man“ stand nun auf dem Programm und wie es so üblich ist, wurde die Melodie kurzerhand von der gesamten Menge mitgesungen. Verfallen in diesem Gesang wurde „Iron Man“ zu einem der großartigen Höhepunkte dieses Abends. „God Is Dead?“ folgte darauf und bei „Children Of The Grave“ fiel mein Headbangnachbar in eine Beinaheohnmacht vor lauter Freude. Black Sabbath verließen die Bühne. Was sie spielen nicht „Paranoid“? Weit gefehlt! Wie es sich für jedes Konzert gehört, gab es auch hier eine Zugabe und selbstverständlich war es „Paranoid“. Nun war der absolute Höhepunkt erreicht und die Stimme wurde auf das Äußerste benutzt. Leider war es danach wirklich endgültig vorbei. Zufrieden, voller Erinnerungen und auch stolz über diesen Konzertbesuch löste sich die Traube auf. So machte sich auch die Euler Familie auf den Heimweg und die Kinder danken ihrem Papa für dieses einmalige Erlebnis.
Fazit: Trotz wetterbedingter Verzögerung und einer lehrerhaften Tribünenatmosphäre war dieses Konzert eines der besten Konzerte, die ich jemals besucht habe. Mit sagenhaft guter Laune gaben Black Sabbath ein meisterhaftes Konzert, bei dem man voller Stolz sagen kann: "Ich war dabei." Im Innenraum war die Stimmung wie es sich für ein Metalkonzert gehört. Mit ordentlichen Nackenschmerzen und zerzaustem Haar wusste ich, dass es gut war.
Tracklist:
1. War Pigs 2. Into The Void 3. Snowblind 4. Age Of Reason 5. Black Sabbath 6. Behind The Wall Of leep 7. N.I.B. 8. End Of The Beginning 9. Fairies Wear Boots 10. Rat Salad 11. Iron Man 12. God Is Dead? 13. Children Of The Grave 14. Paranoid
Julia Euler